Thema:
Re:Mögliche Spoiler unmarkiert flat
Autor: suicuique
Datum:03.09.20 14:53
Antwort auf:Re:Mögliche Spoiler unmarkiert von token

>>Oben beklagst Du Dich noch, Du hättest nichts verstanden :P
>>
>Dem ist auch so.
>Ich gehe davon aus dass Nolan dieses Gedankenexperiment nicht selbst ausklabüstert hat, sondern es aus der Physik kennt.
>Denn da ist es im Kontext der Fragestellung "was ist eigentlich Zeit" auch am Start. Verkürzt geht es darum dass es keinen zwingenden physikalischen Hintergrund dafür gibt dass Zeit so läuft wie sie wahrnehmen, sondern alle Gesetze auch problemlos in die andere Richtung funktionieren. Du kannst also einen Zustand in beide Richtungen extrapolieren, sowohl in Richtung von Ursache als auch in Richtung von Wirkung.
>Hierbei verhält sich Gravitation in der invertierung nicht anders, sie fängt nicht an zu pushen, sprich, in einer invertierten Zeitlinie würden wir nicht alle anfangen zu schweben.
>
>Eine Wissenschaftsdoku wo diese Fragestellung explizit beleuchtet wird hab ich hier auch schon mehrfach beworben:
>[https://www.arte.tv/de/videos/038827-001-A/der-stoff-aus-dem-der-kosmos-ist-1-4/]


Weiss nicht ob ich diese spezielle Doku kenne, aber die Kapitel zu dieser Frage haben mich seinerzeit in Stephen Hawkings eine kurze Geschichte der Zeit am meisten fasziniert. Von daher bin ich mir der Fragestellung zumindest vertraut. Es ist in jedem Falle sehr spannend :)

>Nur ist das Anschaubeispiel einfach nur eines von vielen Indizien einer Veranschaulichung die darlegt warum unser Verständnis von Zeit eine Illusion sein könnte (stärkstes Indiz ist hierfür dass es kein universelles "Jetzt" geben kann), die Schlussfolgerung geht dahin dass sowohl unsere Vergangenheit als auch unsere Zukunft als auch der Moment in dem wir verweilen dauerhaft existieren.
>
>Allerdings spielt ein invertierter Zeitfluss in der Physik immer noch in einem geschlossenen System, was Nolan macht ist jedoch beide Varianten zu mischen...


Dass es spätestens an dieser Stelle zu einem kompletten Bruch mit einer fundierten Theoriebasis kommen muss ist offensichtlich.
Yep, sehe ich genauso.

>Das Modell in Tenet ist hierbei auch das sportlichste was ich bislang im Genre gesehen habe. Auch generell kann ich mich nicht erinnern von einem Film derart abgehängt worden zu sein wie hier.

Du, war bei mir nicht viel anders.
Ich habe den Film durchaus genossen. So ist es nicht.
Aber dabei handelte es sich in erster Linie um den Genuss der Inszenierung und einem spitzbübischem Genuss den Hauch von der Spur einer Ahnung erhaschen zu können was jetzt wie zusammenhängt und wo jetzt die Ursache und wo die Wirkung welcher Handlung liegt. Das Zuschauen fühlte sich zuweilen wie ein Suchbild an. (Wobei ich den Twist - so er denn einer sein sollte -  nur leidlich überraschend fand)

Anyway, weil ich gerade den Gedanken spinne: die "Austauschbarkeit" von Ursache und Wirkung (explizit am Schießtstand durchexerziert) ist ein zentrales Motiv bei Nolan und schon bei Memento die eigentliche Triebfeder des Films: statt zu fragen "wo führt die Geschichte hin?" (=Frage nach der Wirkung) hat er auch da schon einen Film erzählt bei dem es um die Frage geht "wie konnte es dazu kommen?" (Frage nach der Ursache). Der eigentliche Clou war dabei natürlich der Kniff das auch in die passenden Form zu packen (Erzählabschnitte in umgekehrter chronologischer Abfolge).

gruß


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