Thema:
Re:Low IQ Doku flat
Autor: heffer
Datum:11.04.20 01:06
Antwort auf:Re:Low IQ Doku von token

>Der Ehemann ist paar Wochen vor dem Verschwinden zu den Cops und hat erzählt dass er aufrichtig Schiss hat dass seine Frau ihn abmurksen möchte.

Cops? Afair hat er mit der Begründung, sie wolle ihn töten, eine einstweilige Verfügung beantragt. Die macht aber eher in Stalking-Fällen Sinn, weniger bei Mordabsicht ("guck dir meine einstweilige Verfügung an, du darfst mich nicht töten, ätsch"), womit die Aktion schon per se suspekt ist.

Selbst wenn ich die Szene mit den Cops jetzt nicht mitbekommen habe und selbst wenn man aus ihr schließen könnte, dass sie Tötungsvorsatz hatte (schwer vorstellbar, und btw. wenn er ernsthaft überzeugt ist, sie wolle ihn töten, warum bleibt er im gleichen Haus wohnen?), ist das kein Beweis dafür, dass sie es auch tut. Vom Tatentschluss zur Tatvollendung ist der Weg lang. Das kennt eigentlich jeder, der mal eine Frau ansprechen wollte und sich dann am Ende doch nicht getraut hat. Man kann sich am Ende nicht erklären, warum man es nicht gemacht hat. Hintergrund sind instinktive Hemmungen in uns, die sich mit Logik nicht erklären lassen, aber umso schwerer zu überwinden sind. Bei deliktischen Handlungen ist die Schwelle teils noch erheblich höher, und bei mit Abstand keiner ist sie so hoch wie bei Mord. Es gibt keine Tat, die so oft im Vorbereitungsstadium stecken bleibt, einfach weil die Ausführenden, obwohl zuvor noch fest überzeugt, es am Ende doch nicht fertig bringen. Vor dem Hintergrund: SELBST WENN du ihr zu einem vorherigen Zeitpunkt Tötungsvorsatz unterstellen kannst und selbst wenn ein konkreter Tötungsverlauf feststehen würde (tut er nicht, dazu gleich) wäre das noch kein Beweis für ihre Tat, sondern schlicht ein Indiz im Rahmen einer zu treffenden Gesamtabwägung.

Genau diese Gesamtabwägung kannst du anhand der Doku aber nicht vornehmen. Dazu müsste die Doku darum bemüht sein, be- und entlastende Indizien gegenüberzustellen und auch das Für und Wider von Alternativen (Flucht, Unfall, Selbstmord, andere Täter) darzustellen. Dass das nicht ihr Ziel ist, siehst du glaube ich nicht viel anders als ich. Dass du weiter unten dann trotzdem von einem

>erdrückenden Gesamtbild

sprichst, leuchtet mir nicht ein.
>
>Differenzieren würde ich nur beim Thema Gerichtsskandal. Mord ohne Leiche ist per se eine enorm schwierige Konstellation, selbst vor dieser erdrückenden Last an Motiven gekoppelt mit den offiziell angezeigten Ängsten des Ehemannes.


Mord ohne Leiche, danke für das Stichwort. In der Doku wird afair mehrmals von irgendwem kommentiert, man könne ohne Leiche nicht verurteilen. Ich sehe jetzt keinen Grund, warum jemand nicht verurteilt werden könnte, wenn es Videoaufnahmen davon gibt, wie er das Opfer in Säure aufgelöst hat oder Zeugen glaubhaft aussagen, der Angeklagte hätte die Leiche im Ozean entsorgt.

Hier ist der Punkt aber noch etwas anders: Die "Verdachtsmomente" verdichten sich nicht einmal auf eine konkrete Begehungsweise. Es steht nicht annähernd fest, wie der Ehemann gestorben ist bzw. sein könnte. Du hast nicht nur keine Leiche. Du hast noch nicht einmal eine konkrete Tathandlung, die ihr vorgeworfen wird. Vor dem Hintergrund sind alle Spekulationen darüber, wie der Mann gestorben sein konnte, genau das: reine Spekulationen. Es kann schlichtweg alles passiert sein. Alles, nichts seit dem Zeitpunkt des Verschwindens ist ausgeschlossen. Ich kann dir noch nicht einmal Alternativen dafür aufzählen, warum sich der Tatverlauf evtl. anders abgespielt hat als behauptet, weil ja eben überhaupt kein Tatverlauf behauptet wird. Der Witz an der Sache ist, dass die Frau sich dadurch noch nicht einmal entlasten kann. Wie soll sie ein Alibi liefern, wenn ihr keiner sagt, wo, wann, wie, sie was genau getan haben soll. Und tatsächlich: Ohne Bezeichnung einer konkreten Tathandlung kann auch nicht verurteilt werden, hierzulande kann noch nichtmal angeklagt werden, völlig zu Recht, und mich würde wundern, wenn das in deren Rechtssystem anders ist. Eben weil man ohne diese Grundlage nur spekulieren kann.

>Jetzt fantasierst du aber rum, oder nicht. Das Schriftstück ist in der Doku illustriert, die Erbsituation bekannt und im Kontext der offiziellen Anzeige ist doch klar wie Kloßbrühe dass sie niemals nicht mit so einem Erbe bedacht worden wäre.

Ich bezweifle, dass da irgendwas klar war und es überhaupt irgendeine Situation geben konnte, in welcher der Nachlass nicht Gegenstand langer Rechtsstreitigkeiten mit ungewissem Ausgang gewesen wäre. Aber selbst wenn, s. o.


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