Thema:
Urks - Naziverniedlichung, the Movie flat
Autor: tralalu
Datum:11.02.20 23:21
Antwort auf:Jojo Rabbit - Taika Waititi 2. WK Satire von sad

Fand den, überraschenderweise, komplett furchtbar. Bin allgemein kein großer Waititi Fan, halte ihn für einen guten Regisseur mit hochindividuellem Werk, hätte mir aber einfach bedeutend mehr erwartet.

Das große Problem und der unverzeihliche Fehler von Jojo Rabbit ist nicht, dass der Film versucht, gleichzeitig eine Satire UND ein Drama aus der Geschichte eines kleinen Hitlerjungen im Nazideutschland 1945 zu schaffen - sondern dass er auf so klägliche Weise an beidem scheitert, dass am Ende eine lauwarme braune Suppe voller extrem zweifelhafter Aussagen über beibt.

Die satirischen Elemente sind so dermaßen weichgespült, ver-disneyfiziert und verniedlicht dass der Film den Begriff "Satire" einfach nicht verdient. Mit Wohlwollen kann ich ihm vielleicht etwas ironische Entrückung attestieren, in seiner quirligen Wes Anderson Art. ihr wisst schon, puppenhafte Kamera, pointiertes Timing und das ganze. Das reicht aber nicht aus. Wenn Jojo Rabbit eine Satire wäre, dann müsste er doch entweder witzig, oder (viel wichtiger) bissig, kritisch, intelligent, übertrieben, IRGENDWAS sein. Wie sonst lassen sich die hanebüchenen Prämissen und Storymotive des Films verarbeiten? (dazu in der Spoilersektion mehr)
Ich raufe mir beim Schauen die Haare und frage mich: Wo ist hier die Satire??? Das ist doch Etikettenschwindel.

Gleichzeitig aber, wenn man den Film als Drama sieht und auch ernst nimmt (und es ist offensichtlich nach halber Laufzeit dass der Film das will), fällt er auch  hier total zusammen, bzw. kriegt eh nie wirklich Schwung: Um als solches zu funktionieren dürfte der Film nicht so viele Aspekte Nezideutschlands verniedlichen, weglassen, verdummen und unter den Teppich kehren. Müsste seine Charaktere, ihre Emotionen und vor allem ihre Situation ehrlicher und gefühlvoller angehen statt planlos zwischen versuchten "witzigen" und versuchten "anrührigen" Szenen zu hüpfen. Als echte Satire würden die funktionieren - aber als schlechter Witz mit schlechtem angehängten Drama ist das nur halbherziges Stückwerk.

Taika, du musst dich da etwas mehr entscheiden, anstatt faule und feige Kompromisse einzugehen.
Man merkt nämlich dass Waititi u.a. was großes, echtes, ehrliches fürs Herz schaffen wollte. Ich bin mir aber 100% sicher: mit einer richtigen Satire wäre ihm dieser Spagat besser gelungen. Eine beissende Satire wäre das bessere Gefährt gewesen um diese absurde Geschichte mit echtem Herzgefühl aufzuladen, so komisch sich das anhören mag. Und er hätte gleichzeitig was bissiges, gehaltvolles über Nazis sagen können.

Der Film fühlt sich da einfach an wie der Esel der sich nicht entscheiden kann und dann nicht vom Fleck kommt.

Was übrig bleibt ist ländlich-konservative Heimatromantik wie man sie kaum besser auf Propagandaposter malen könnte: blaue Himmel, grüne Wiesen, saftige Wälder, quirlige Landbewohner und adrette Städtchen, possierliche Kostüme und traditionelle Märchengemäuer in pastelligen Farben. Anzeichen dass hier mal Juden gelebt haben bis sie beraubt, erniedrigt, ermordet und deportiert wurden? Fehlanzeige.
Anzeichen dass die Bevölkerung an der Denunziation teilgenommen hat? Fehlanzeige. Die Gestapo als lustige Männer in dunklen Mänteln, die drollig grüßen? Check. Hitler als bester Kumpel der zwar aus unerklärten Gründen Juden nicht mag, aber als total niedlicher Character dargestellt wird? Check.
Es fehlt einfach der satirische Biss der diese ganze Naziverniedlichung in einen Kontext stellt. Der leicht ironische, aber letzlich harmlose Unterton machts, im Gegenteil, nur schlimmer.

Wenns wenigstens lustig wäre.

Das wirklich schlimme ist, dass die Lesart, und die Aussagen des Filmes ne ganz andere Bedeutung bekommen wenn man den Film eben nicht mehr als Satire liest. Ich glaub nicht dass Waititi so weit gedacht hat beim schreiben, denn da wird's dann so richtig duster:



Ich fühle mich idR von schlechten Filmen nicht beleidigt, aber Jojo Rabbit gelingt dies mit seiner verantwortungslosen Gedankenlosigkeit.
Dass er einen Oscar für das adaptierte Drehbuch bekommen hat deprimiert mich zutiefst.

Ich weiß nicht ob ich dem Film unrecht tue und kann mir die guten Kritiken nicht erklären (nur weil die Schauspieler gut sind?) Falls ich etwas übersehe, BITTE SAGTS MIR! Ich habe keinen bock darauf mir dieses Machwerk auf Verdacht noch ein zweites Mal anzugucken. Und für alle die den Film verstehen, bitte seid so gut und erklärt mir folgende zwei Fragen:
Was ist an dem Film satirisch?
Und was zur Hölle soll die Aussage von "Jojo Rabbit" sein?

Man verzeihe mir die unübliche Giftigkeit, aber: Was für ein Scheißfilm.

tralalu


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