Thema:
Re:Ich Spoiler euch mal Ep. 4-6 flat
Autor: token
Datum:31.12.19 13:00
Antwort auf:Re:Ich Spoiler euch mal Ep. 4-6 von Pezking

>>Das hast du wirklich schön kompakt und unaufgeregt auf den Punkt gebracht. Genau da hab ich auch meine Probleme. Ich erwarte keine tiefsinnigen und geil verschachtelten und erwachsenen Geschichten. Und ich kann so manchen Quatschug auch lächelnd mit einem "Schwamm drüber" wegblinzeln.
>>Aber ich muss der Geschichte glauben damit ich quasi in der Geschichte bin. Und da müssen einfach bestimmte Basics einer Geschichtenerzählung gegeben sein.
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>Yep. Und das ist übrigens etwas, worauf man sich bei allen MCU-Filmen verlassen kann. Nicht jeder Vertreter davon kommt besonders inspiriert daher. Aber die Filme wirken allesamt in sich schlüssig und überzeugend und die Charaktere handeln in ihrer Rolle plausibel.
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>Und das ist keine Selbstverständlichkeit. Gerade bei Comicverfilmungen.
>

Ja, das passt. Marvel passt sogar in anderen Aspekten finde ich.
Die Skizze der Heldenreise nach Art von Empire Strikes Back scheint mir generell ab Guardians eine zu sein von der man sich ziemlich inspieren ließ. Die Filme entwickeln für mich irgendwann eine ganz ähnliche Aura.
Und ganz speziell Endgame.

Und Endgame ist insofern interessant als das man von der Ausgangslage ein ähnliches Problem hatte. Die fragmentierte Erzählweise hat dazu geführt dass man viele Charaktere hatte, ein recht großes Universum hatte, aber keinen ECHTEN Ausgangspunkt für einen final wirkenden Abschluss.

Endgame hat also einen Zweiteiler draus gemacht, und wenn man vorher gedacht hat, ah, da wird also nochmal gemolken was zu melken ist, musste man sich schnell eines besseren belehren lassen. Denn Endgame 1 ist ein vollwertiger Film der das Setting und alle Charaktere auf die Schanze bringt, und Endgame 2 ist ein vollwertiger Film der diesen Aufsatzpunkt her nimmt um dann von der Schanze abzuspringen.

Was Endgame 1 gemacht hat, war eigentlich die Aufgabe von EP8. Und im Grunde ist Johnson mit dem was er in EP8 gemacht hat, schon eine Drecksau gewesen, weil er ja alle Zöpfe abschneidet, demontiert und abwickelt. Die Ausgangslage für ein Finale ist zwar da, aber alles woraus sich ein Plot mit Reveals stricken ließe, ist weg.
Wobei dies ja nicht die Schuld von Johnson ist, sondern generell etwas was gerade Abrams nach Lost gelernt haben sollte. Mach keine Serie ohne fucking Planung. Sonst stehst du am Ende ziemlich blöd da.

Whatever, wenn man merkt dass man mit dem Ausgangspunkt nicht arbeiten kann oder arbeiten will, dann sollte man halt auch die Konsequenzen daraus ziehen, und es einfach so machen wie Endgame. Zwei Teile, erstmal alles in Stellung bringen und im Anschluss abgleiten.

Stattdessen bringen wir mit Crawls und 180 Sekunden Spielzeit in Stellung, und dann wird das ganze mit bullshit überfrachtet. In Endgame gibt es wie bei Empire bilaterale Plots an mehreren Ortschaften. Das wirkt überfrachtet, aber da alle was zu tun haben und ein Ziel haben und eine Funktion erfüllen kann man dem folgen und es ist interessant und spannend. In EP9 wird auch komplett überfrachtet, nur das kein einziger Arc eines Sidekicks den Raum zum Atmen bekommt und alles irgendwie nur Rey ist und ihre Entourage ist Deko, die in kurzen Sequenzen irgendein Profil bekommen soll. Poe und Finn haben Ehestreit und raffen sich am Ende doch noch mal zusammen, Poe hat eine Vergangenheit als Schmuggler, trifft sein Loveinterest aber es hat dann mit ihr auch nicht sollen sein, Leia macht die Ausbildung von Rey, Rey macht eine Ausbildung, Leia opfert sich für Kylo, Chewie wird entführt und befreit, C3PO hat eine wichtige Funktion und Schlüsselinformationen, opfert sich, und kriegt sein Backup, Finn spielt den Sportkommentator für Reys Aktionen, entdeckt dass er die Macht spürt, trifft eine Seelenverwandte mit ähnlichem background usw. usw.

Am Ende ist das aber nur ein großer Clusterfuck, alle Seitenarcs sind Nebelkerzen und nicht einer davon bekommt einen Aufbau und Zeit zu atmen, einfache Dinge werden mit asspulls unnötig verschwurbelt, komplizierte Dinge hanebüchen trivialisiert weil die Spielzeit fehlt, so dass auch versuchte Konklusionen dieser kleinen Geschichten in diesem wilden Stakkato ertrinken ohne dass einen irgendwas davon auch nur ansatzweise berühren kann.

Endgame 1+2 ist im Grunde perfekt ausgeführtes SW-Feeling in anderem Kostüm. Etwas auf dem Niveau, und sehr gerne auch als Zweiteiler, wäre ein einziges Fest gewesen und hätte zur Trademark gepasst wie Arsch auf Eimer, speziell weil wie erwähnt Marvel sich genau von dieser Heldenreise nach SW-Manier einiges abgeschaut hat.
EP9 ist hingegen sehr nah dran an den Problemen der Transformers-Saga. So leid es mir tut. Und ein ziemlich unwürdiger Abschluss. Dabei ist da so viel Gold drin, die Charaktere und die Chemie von untereinander, da folgt ein Glücksgriff auf den nächsten und auch so Dinge wo es hätte Gefahr laufen können fremdschämig zu werden, etwa der Einsatz von Hamilton, selbst der liefert komplett ab. Und Abrams hat total verstanden wie er das Look&Feel von der Urtrilogie eingefangen und inszeniert bekommt. Erstmal die Demut vor den alten Designs, aber auch mit welcher Imposanz man die gefeiert bekommt. So viele fantastische Bilder, wie Rey den Sandhügel runterrutscht und du siehst langsam das Wrack des Sternenzerstörers im Hintergrund, unfassbar geil. Oder wie schmissig die Actionsequenzen waren, die Flucht von Finn und Poe und wie das direkt mit denen funkt, atemberaubend, lustig, spannend, dramatisch, drückt dich in den Sessel. Die ganze Finn-Rey-Sequenz mit dem Falcon als Abschluss, für mich einer der besten Filmverfolgungsjagden der Popcorngeschichte, hat mich komplett gefetzt, ich kann mich auch da erinnern wie der ganze Saal gejohlt hat vor Extase, und das mehrmals in dieser Sequenz.

Alles war da, der Cast ist echt sensationell und liefert ab, abgesehen von Ausfällen wie Hux. Da wäre dieser Typ der jetzt in EP9 Hux ersetzt hat vom Start weg viel geiler gewesen als diese misslungene Hitlerparodie. Der Typ war so einer der Lichtblicke des Films, extrem geile Sau dem man genau diese Rolle bis auf‘s letzte abkauft. Im Grunde war so viel angerichtet, so viele Dinge die nicht selbstverständlich sind waren am Start. Das Herz jedes Films, sympathische Helden mit denen man mitfiebert. Da. Ein Kerl der die Trademark versteht und mit dem richtigen Fingerspitzengefühl zu inszenieren weiß. Ausgestattet mit einem formidablen Verständnis für Entertainment wenn es um Humor oder die Inszenierung von Action geht.
Im Grunde wäre eine Geschichte die reines Zweckvehikel ist aber halt irgendwas das auf einen Dreiteiler ausgelegt ist zu erzählen weiß, noch die einfachste Übung gewesen bei der viel weniger schief gehen kann als bei den anderen Punkten. Und gerade Disney produziert ja mit Marvel genau diese einfachen aber funktionalen Zweckvehikel am Fließband.
Einfach schade, da war so viel mehr drin.


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