Thema:
The Two Popes flat
Autor: tralalu
Datum:16.12.19 23:20

The Two Popes
R: Fernando Meirelles ("City of God")
D: Anthony McCarten ("Darkest Hour")

[https://www.youtube.com/watch?v=T5OhkFY1PQE]

Momentan im Kino, ab 20.Dez auf Netflix.

Ich selbst stehe der katholischen Kirche, vorsichtig ausgedrückt, ja eher kritisch gegenüber. Gerade deswegen aber ist die Idee eines Filmes über den Übergang zwischen Papst Benedikt und Papst Franziskus für mich außerordentlich spannend, als intime Beobachtung eines seltenen Thronwechsels an der Spitze einer milliardenschweren und jahrtausendealten Organisation, die zu jenem Zeitpunkt durch die fortschreitenden Enthüllungen über sexuellen Missbrauch an Kindern (mehr oder weniger) tief erschüttert war.

Ich fand "The Two Popes" komplett, durchgehend spannend und zu jeder Sekunde faszinierend, mühelos hat er mich in den Bann gezogen, Hopkins und Pryce sind fantastisch und strahlen eine mächtige, tonnenschwere aber zurückhaltende Leinwandpräsenz aus und das IMO Beste: im Kern unterhalten sich hier zwei sehr grundverschiedene, aber interessante Männer auch über wirklich interessante Dinge.
Es treffen zwei Weltansichten aufeinander, es ist viel Kircheninternes, einiges Biblisches dabei, aber natürlich auch viel grundsätzlich Philosophisches: über Verzicht, über die Nähe zum Volk, und natürlich (so muss es bei den Katholiken natürlich sein) viel über Buße, Reue und Vergebung.
"The Two Popes" ist mal wieder ein Film wo ich was über ein Thema (hier: Kirche) gelernt habe, und das fand ich toll (zugegeben, soviel wusste ich vorher auch nicht... :)

Eingestreut werden in diese teilweise mäandernden, aber stets unterhaltsamen Gespräche viel menschelnde Komik (wie es sich bei so überdimensionalen Figuren wie zwei Päpsten eben anbietet), einiges an Flashbacks in die Geschichte Franziskus', und die ein oder andere überraschend-unerwartetete Musiknummer.

Pryce und Hopkins alleine sind den Eintritt wert.
Toller Film. Große Empfehlung.



Das einzige was mich am Ende etwas ratlos zurücklässt ist, was ich nun persönlich von der Darstellung der Kirche und ihrer zwei Oberhäupter halten soll, wie ich die Haltung des Films beurteilen soll. Der Skeptiker in mir, der bei der Kirche an Korruption, Vertuschung und Mauscheleien in institutioneller Form schlechthin denkt, schreit dass der Film trotz der vielen kritischen Töne die Kirche doch vielleicht einen Ticken zu positiv dastehen lässt.

Der unbelehrbare Optimist in mir, der auch an Jean-Luc Picard glaubt, will aber dem Film diesen Raum eingestehen, will glauben dass Ratzinger und Bergoglio so interessante, intelligente, reflektierte und auch charismatische Führungspersönlichkeiten sind/waren.

Der Film ist glaube ich letztendlich ein Märchen, eine Fiktion, eine Wunschidee wie der Regisseur und der Autor sich die Begegnungen zwischen Benedikt und Franziskus und ihre Motivation gewünscht haben. Wenn ich es wohlwollend sehe (und das tue ich), dann ist dieses Märchen aber vielleicht keine Augenwischerei, sondern Hoffnung und vor allem eine Forderung an den echten Papst.
Hmmm....

tralalu


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