Thema:
Sehr, sehr geil... (Spoiler!) flat
Autor: Pezking
Datum:22.10.19 18:37
Antwort auf:Watchmen (HBO-Serie, von Damon Lindelof, 2019) von Pezking

Wowza! Die Pilotfolge hat mich schon mal komplett abgeholt.

Allein schon der hervorragend inszenierte Start mit den Tulsa Race Riots!

[https://de.wikipedia.org/wiki/Rassenunruhen_in_Tulsa]

Was dann folgte, war sehr eindeutig ein Sequel zu den Comics und nicht zum Kinofilm. Und das ist auch gut so!

Nicht falsch verstehen: Ich mag den Film. Weil hier mal der Stoff zur Ästhetik von Snyder passt. Der Streifen ist einfach sexy. Aber im Vergleich zum Comic halt auch arg oberflächlich. Und zuweilen fragt man sich, ob Snyder die Vorlage überhaupt kapiert hat. Fucking Rorschach kommt im Film ja fast wie ein Held rüber, als wäre der ein integerer Arschtreter.

Im Comic ist Rorschach der letzte Lallo, der sich vor allem wunderbar selbst in die Tasche lügen kann.

Ich kann jedem nur dringend empfehlen, sich mit dem neuen AltShiftX-Video zum Comic auf die HBO-Serie einzustimmen. Ich poste den Link gleich in einem gesonderten, spoilerfreien Beitrag hier im Thread.

Watchmen war seinerzeit ein stark vom Zeitgeist geprägter politischer Comic, und das ist die HBO-Serie offenbar auch. Der Kalte Krieg ist vorbei. Rassismus ist das größte Pulverfass, und darauf stürzt man sich. Und das erfreulich frisch und nicht irgendwie klischeebeladen. Finde den bisherigen Blickwinkel der Serie hochspannend, und das ist sicher nur ein kleiner Einblick in den ganzen Schlamassel.

Apropos Schlamassel: Lindelof kriegt es seit der zweiten Leftovers-Staffel wunderbar hin, eine halbwegs intakte Fassade zu zeigen, die augenscheinlich funktioniert - bei der man aber pausenlos ein mulmiges Gefühl in der Magengrube hat, weil irgendwas gefühlt so überhaupt nicht stimmt und alles auf irgendeine Katastrophe zuzusteuern scheint.

Die Fassade muss dabei nicht unbedingt sympathisch sein - das ist sie hier definitiv nicht. Zu viele Dinge sorgen für Stirnrunzeln, insbesondere aus dem Blickwinkel unserer eigenen, heutigen Realität. Die Anonymität der Polizei. Die gleichzeitige Selbstverleugnung der Polizisten. Die Furcht vor Technologie (kein Internet, keine Smartphones, alle haben nur Beeper). Alles wirkt irgendwie latent faschistoid, aber die Seventh Cavalry ist offenbar noch viel abstoßender.

Die ganze Welt wirkt wie ein einziges Pulverfass. Und das nach dem "Erfolg" von Veidt im Comic. Nach dem Ende des Kalten Krieges. Die Serie zeichnet eine Welt, die zu Watchmen passt. Die Watchmen braucht. Die sich aber dennoch nicht wie eine Wiederholung anfühlt.

Und das alles ist in Summe fast schon mehr, als ich mir je erhofft hätte.

Abschließend beurteilen wird man die Serie erst am Ende können. Meine Neugier ist jedoch definitiv geweckt. Bin sehr gespannt darauf, wie das alles weitergeht! :-)


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