Mein Ersteindruck, als ich aus dem Kino kam: etwas zu überästhetisiert. Eigentlich mag ich diese Momente in Filmen sehr, wenn nicht erzählt wird, sondern einfach nur gezeigt, wenn die Bilder einen Moment lang ganz für sich stehen, sich von der Geschichte loslösen und nur noch einer Stimmung verpflichtet sind.
Phoenix mit seinem perfekten Schauspiel im perfekt abgeranzten Kostüm im perfekten Setdesign, einfach nur in Zeitlupe zu hypnotischer Musik herumtänzelnd seine Zigarette genießend... Das hat "Joker" perfekt drauf. Aber er verlässt sich doch etwas zu sehr auf diese Momente, schwelgt geradezu in ihnen und starrt seinen Star (und damit sich selbst) bis zum Ende einfach nur verliebt an.
Ab hier muss ich mich ins Spoiler-Territorium begeben...
Diese Selbstverliebtheit unterstützt natürlich die Deutung, dass der ganze Film nur die Erzählung eines Irren ist. Der größte Hinweis darauf (der mir aufgefallen wäre) ist IMO, dass alle weiblichen Bezugspersonen (außer seiner Mutter) schwarze Frauen sind (also die beiden Psychologinnen und die Nachbarin), er sich diese also vielleicht als Vorbild seiner Hirngespinste nimmt und doppelt in die Geschichte einbaut.
Wohlwollend kann man jetzt dazu passend auch die allzu Mitleid heischende Geschichte mit allzu bekannten tragischen Versatzstücken im zuverlässigen Rhythmus der aufkeimenden und zerstörten Hoffnungen als mangelnde Phantasie des Clowns, oder aber als absichtlich zu den Erwartungen der Psychologin passende Erzählung erklären.
Allerdings setzt das natürlich die gesellschaftliche Relevanz etwas infrage. Was eben noch eine Studie über Klassenunterschiede, den Umgang mit psychisch Kranken und die Absurdität des menschlichen Daseins war, ist plötzlich nur noch die Gewalt- und Rachefantasie eines einzelnen, mehr Kuriosum als Kunstwerk. Letztlich... ein Witz.
Ob man das jetzt als genialen Winkelzug und optimale Umsetzung des Charakters versteht oder als bequemen Ausweg und billigen Trick, liegt im Auge des Betrachters. Ich bin mir in meinem Urteil jedenfalls noch nicht sicher.
