Thema:
Murer - Anatomie eines Prozesses flat
Autor: peppi
Datum:28.05.19 10:51

[https://www.youtube.com/watch?v=M_KyYWphIXw]

Gestern in der Pupille gesehen (selbstorganisiertes Kino der Studis in Frankfurt/Main, zeigen tolle Filme!).

Sehr beeindruckender Film, der den Prozess Franz Murers zeigt. "Der Schlächter von Wilna", einer der Hauptverantwortlichen der Judenvernichtung in Vilnius, steht wegen schwerer Kriegsverbrechen vor Gericht, die Beweislage ist erdrückend, sein Fall scheint aussichtslos, doch die Gerichtsverhandlung wandelt sich zu einer Anklage gegen die Opfer selbst und er wird freigesprochen.

[https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Murer]

[http://www.diagonale.at/eroeffnungsfilm18-murer-anatomie-eines-prozesses/]

„Österreich hat keine Seele und keinen Charakter. Österreich besteht aus Tätern, Zuschauern und Opfern“, zieht Regisseur Christian Frosch ein düsteres Resümee aus der Arbeit an seinem Spielfilm Murer – Anatomie eines Prozesses. „Mich interessierte beim Murer-Kriegsverbrecherprozess weniger, zum wiederholten Male die Verbrechen des NS-Regimes nachzuerzählen, sondern genau hinzusehen und zu verstehen, wie sich die vom Wesen her grundsätzlich verschiedenen Gruppen (Täter, Opfer und Zusehende) in der Republik Österreich darstell(t)en. Das Spannende ist, dass man hier sehen kann, wie das österreichische Nationalnarrativ funktioniert(e). Es basiert keineswegs auf Verdrängung. Es wurde bewusst gelogen, verschleiert, verbogen und gesteuert. Nur so konnte man Täter zu Opfern machen und die Opfer zu den eigentlich Schuldigen erklären. Diesem Prozess lag kein seelischer Defekt zugrunde, sondern Kalkül. Wir müssen uns endgültig von der Vorstellung verabschieden, dass der Patient Österreich nur die Fakten in sein Bewusstsein integrieren muss, um den Heilungsprozess einzuleiten. Die Tatsachen waren und sind bekannt“, so Frosch weiter. Er versteht Murer – Anatomie eines Prozesses dabei nicht als historisierenden, sondern als politischen Film, bei dem es darum ging, das brisante Material so authentisch wie möglich „zum Sprechen“ zu bringen.


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