| S08E05 - Abrissparty in Westeros... |  |
- - - SPOILER natürlich - - -
Gute Folge. Einige der vielen losen Enden sind durchaus befriedigend wenn nicht sogar überzeugend zusammengeführt worden. Und während das Chaos über King's Landing hereinbricht, kommen überraschend auch wieder alte Qualitäten von GoT zum Vorschein: Tragische Koinzidenzen, grausame Schicksale, unerwartete Sackgassen. Eben all das, was das Leben für einen bereithält - besonders wenn es am beschissensten ist: Im Krieg...
Varys bekommt einen guten Abgang mit ein paar tollen letzten Worten: Er stirbt für seine Überzeugung und hofft gleichzeitig, dass sie sich nicht bewahrheiten möge - und Dany doch die gute Führerin ist, die er bis vor kurzem noch in ihr gesehen hat, und das Volk nicht unter einer Mad Queen leiden muss. Aber leider hat er sich nicht geirrt...
Dass Daenerys durchdreht, mag für viele Zuschauer enttäuschend und desillusionierend sein, aber genau das soll es ja auch! Dafür muss man noch nicht mal mit dem Finger auf seine vorgestern zerbrochenene Kristallkugel zeigen und behaupten, man habe das alles ja eh schon 73 Folgen lang kommen sehen. Es genügt, Daenerys als seit ihrer Ankunft in Westeros immer mehr in die Enge getriebene, von ihren vermeintlichen Freunden enttäuschte und vom Schicksal alleingelassene Mother of Dragons zu verstehen. Sie hat kapiert, dass der Weg zum Thron doch nicht der Selbstläufer ist, nach dem es sieben Staffeln lang aussah - eine für sie (und uns!) brutale, bittere und alles in Frage stellende Erkenntnis.
Die Menschen in Westeros werden sie nie lieben wie die Völker jenseits der Meerenge, das Geheimnis um Jon ist unkontrollierbar in der Welt unterwegs, sie hat vor kurzem ihren Anspruch auf den Thron verloren, ihre engsten Berater hintergehen sie und selbst ihr vermeintlicher Partner kann ihre Liebe nicht mehr erwidern - wer will es ihr verdenken, wenn sie den verdammten Laden niederreisst und sich ihre Rache nicht von ein paar Glocken verbieten lässt? Für mich ist das durchaus überzeugend (und übrigens top gespielt von der vermeintlich so schwachen Emilia Clarke!).
Jaime ist tatsächlich für Cersei Richtung Süden geritten und hat sich (mal wieder) gefangennehmen lassen. Die Szene mit ihm und Tyrion ist unglaublich stark - ein mMn grandioser Pay-Off ihrer Beziehung zueinander! Die beiden Brüder haben sich immer unterstützt und so bleibt es bis zum bitteren Ende. Die Idee von Tyrion, dass Jaime mit Cersei entkommt und der Kampf dadurch schneller vorbei sein könnte, wirkt wie eine Ausrede - und zwar nicht des Drehbuchautoren vor dem Zuschauer, sondern von Tyrion vor sich selbst: Natürlich ist er seinem Bruder bis zum Ende loyal und bereitet den Weg für seinen letzten Wunsch, selbst wenn es die Begegnung mit Cersei ist, die dieser sich ersehnt...
Auch toll, wie Cersei in den letzten Minuten ihres Lebens für uns wieder zu einem Menschen wird und nicht die Karikatur einer durch und durch bösen Tyrannin bleibt. In Jaimes Armen hat sie plötzlich Angst als sie spürt, dass es für sie zu Ende geht. Sich gegenseitig liebend und in den Armen haltend sterben die beiden, als die Red Keep über ihnen zusammenbricht - was für ein Kontrast zu Jon und Daenerys! Diese sind in den letzten Folgen immer weiter auseinandergedriftet, was nicht zuletzt zu all dem aktuellen Chaos, zu Tod und Zerstörung geführt hat! Und auf einmal stellt sich die Frage, wer hier tatsächlich gut und wer böse ist... Wow!
Arya und der Hound kommen gerade noch so in die Stadt, während der Rest vom gemeinen Pöbel (Hallo Jaime!) draußen seinem Schicksal überlassen wird. Jaime muss einen ordentlichen Umweg gehen und stößt auf den gestrandeten Euron Greyjoy. (Der einzige Moment der Folge, der sich wie ein dämlicher Zufall angefühlt hat. Wo war Yara!?) Die Provokation von dieser Ratte kann Jaime nicht überhören und lässt sich auf einen ungleichen Kampf ein, den er nur wegen der Überheblichkeit Greyjoys gegenüber dem "Krüppel" gewinnt und es schwerverwundet doch noch zu Cersei schafft. Die Tatsache, dass man sich hier fast für die Lannister-Geschwister freut, zeigt, wie unterschiedlich die Perspektive sein kann, die man auf eine bestimmte Sache haben kann - ein sehr GoT-like Moment. :)
Kurz vor seinem Tod hat Sandor Clegane den menschlichsten Moment seines ganzen Lebens, als er Arya in die harte Realität zurückholt, ihr seinen eigenen Spiegel vorhält und sie so vor ihrem sicheren Tod bewahrt. Während er sich auf den Treppen des einstürzenden Turmes einen (mehr oder weniger) epischen Kampf mit seinem Bruder liefert und diesen nur besiegen kann, indem er sich mit ihm vom Turm hinab in die so verhassten Flammen stürzt, kommt Arya sprichwörtlich in der Realität an: Um sie herum sterben Menschen wie die Fliegen und nur mit Glück und Unterstützung Fremder überlebt sie, während ihre Bemühungen zu helfen wie die ersten Gehversuche eines jungen Fohlens scheitern. Als sich der Schlachtlärm legt, steht schicksalshaft ein Pferd vor ihr, mit dem sie der brennenden Stadt entkommt. Ob sie die Ritterin auf dem weißen Ross sein wird, die dem Drachen entgegentreten wird?
Während sich all diese Szenen abspielen, geht mit King's Landing die Haupstadt der Sieben Königreiche unter. Der Dreh- und Angelpunkt von Westeros wird dem Erdboden gleichgemacht, der Eiserne Thron und selbst die ältesten Bauten - die Geschichte und Erinnerung der ganzen Stadt - gehen verloren. Es sieht ganz so aus, als würde hier all das, was seit Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden Bestand hatte, vernichtet werden, um die Sage zu Ende zu bringen. Tabula rasa sozusagen - alles was danach kommt, darf sich der Zuschauer auf einer frisch grundierten Leinwand selber ausmalen...
Bleibt nur, in der letzten Folge zu klären, was mit Winterfell geschieht - dem Ausgangspunkt der ganzen Geschichte, der Festung des Nordens und dem Sitz des Hauses Stark. Hier wird sich entscheiden, wer überlebt und wer stirbt. Neben ein paar Wildcards (Ser Davos, Brienne, Gendry, Yara, Bronn, Greyworm, Sam?) sind mit Daenerys, Jon, Sansa, Arya und Tyrion zwar nicht mehr viele Hauptfiguren übrig - aber umso mehr Szenarios, wer wen hintergehen, ermorden, unterstützen oder doch noch retten könnte. Game Of Thrones eben. :)