Thema:
Re:Neuer Trailer flat
Autor: Karotte
Datum:15.11.18 09:33
Antwort auf:Re:Neuer Trailer von Knight

Puh... ich versuch‘s mal so abstrakt wie möglich, um Spoiler zu vermeiden. ;o)

Die Comics erinnern von ihrer Erzählweise her insoweit an einen biographischen Roman, als es darin nicht die eine, omnipräsente Handlung gibt, die auf ein zwingendes Finale hinausläuft, sondern einfach der Lebensweg der Hauptfigur geschildert wird. D.h. es gibt zwar diese ungerechte Weltordnung mit einer Schrottstadt auf der kaputten Erde und einer darüber schwebenden Himmelsstadt und Alita reibt sich vielleicht hier und dort mit diesem System, aber sie bekämpft es zu keinem Zeitpunkt direkt. Auch gibt es lange Zeit überhaupt keine Anzeichen dafür, dass „das System“ überhaupt von Alitas Existenz Notiz nimmt.

Der Manga ist extrem gut darin, mit dem Kontrast zwischen der Selbstwahrnehmung eines Menschen und seiner untergeordneten Bedeutung für „alle anderen“ zu spielen: Alita übersteht packende Abenteuer, durchlebt Freude und Trauer, aber all diese Dinge spielen nur für sie und die Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung eine Rolle. Es passieren zwar epische Dinge und Alita hat immer irgendwo etwas damit zu tun, leidet und verzweifelt, wird in den Staub geschmettert und richtet sich mit letzter Kraft immer wieder auf, aber der Rest der Welt bekommt, wenn überhaupt, nur etwas von ihrem Motorball-Stardom mit.

Im Prinzip gilt das für fast alle mehr oder weniger wichtigen Nebenfiguren der Comics: Sie sind irgendwo „freie Radikale“, die halt in ihrer Nische ihr Ding machen und deren Weg sich immer mal wieder mit dem Alitas kreuzt. Es gibt zwar diese Weltordnung, die auch von entsprechenden Systemen geschützt wird, aber so lange die hierfür notwendigen Abläufe nicht gestört werden, mischt sie sich nicht in das Leben auf der Erde ein.

Der Film scheint dagegen, ausgehend von den Trailern, das genaue Gegenteil zu tun: Alita steht als irgendein verheißungsvolles Sonderwesen mit revolutionären Gedanken sofort im Rampenlicht und wird von irgendwelchen Cybergoons unter der Fuchtel von Alis Charakter Vector gejagt, der wie eine Art offizieller Repräsentant der herrschenden Ordnung inszeniert wird. Pezking hat damals so schön den Vergleich zu diesem ganzen young adult-Zeug wie „Tribute von Panem“ gezogen.

Auch scheinen irgendwie alle möglichen Charaktere etwas über Alitas Herkunft zu wissen, die in den Mangas im _aktuellen_ Band der derzeit laufenden, dritten „Staffel“ gelüftet worden ist.

Daneben wurde auf irgendeiner Con (NYCC?) die erste Motorball-Footage gezeigt. Es gibt einen Grund weshalb Alita Motorballerin wird und der ganze entsprechende Storyabschnitt ist für ihre persönliche Entwicklung und ihre Beziehung zu gewissen Figuren ungemein wichtig. Die Beschreibung der entsprechenden Szene und Dialoge auf Comingsoon lässt jedoch keinen anderen Schluss zu, als dass dieser ganze Teil vollkommen aus dem Kontext gerissen und in diese ganze „Heldin gegen das System“-Chose hineingebogen worden ist.

(Insofern stellt sich dann natürlich auch die Frage, ob sie in einem (möglichen) zweiten Film tatsächlich _nochmal_ Motorball aufgreifen, oder ob James Camerons „Motorball MUSS in den ersten Film“-Mantra letztlich einen der stärksten Storyarcs zertrümmert hat...)

Natürlich kann es immer noch sein, dass der Film anders, aber trotzdem geil wird, etwa wie die Film-Hellboys im Vergleich zu den Comics; Und imho zeigt der aktuelle Trailer auch, dass die Macher — im Gegensatz etwa zum Scarlett-GitS, das vom ersten Filmstill an nach fail schrie — den „Vibe“ sehr gut getroffen haben. Aber letztlich löst jede neue Info, jedes neue Material zu Alita bei mir diese „Inferno und Ekstase“-Reaktion aus. Einerseits pure Euphorie über die Verfilmung meines Lieblingscomics, aber gleichzeitig auch Angst... große Angst... ;o)


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