Thema:
Unmarkierte Spoiler inside flat
Autor: token
Datum:12.10.17 12:18
Antwort auf:Ich wollte den Film mögen von Vern Schillinger

>Ich weiß nicht, ob Jared Leto und Robin Wright Penn schlechte Performances geliefert haben oder ob die Figuren einfach nur ganz schlecht gezeichnet waren. Gerade der Jared Leto-Charakter wirkte wie das hundertste Abziehbild des typischen, durchgeknallten Bösewichts, natürlich inklusive Gottkomplex, Wahnvorstellungen, innerer Zerrissenheit und Heath Ledger-Joker. Das hat beim Zusehen wirklich wehgetan.
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Das wären so die zwei Reibungspunkte mit dem Film die ich teile.
Erstmal zu Wright.
Das ist meines Erachtens einfach nur eine miese Performance ihrerseits.
Ihre Figur ist nicht komplex, sie spielt eine Pragmatikern die bereit ist Handlungen die sie als unmoralisch zu reflektieren in der Lage ist, im Sinne der Sache dennoch ohne zu zögern auszuführen.
Eine Person welche die Frage "Ist es legitim einen Menschen zu töten um hundert Menschen zu retten?" mit einem klaren "Ja" beantwortet.
Also eine Art Kurtz in der Lightvariante, sie akzeptiert den gesellschaftlichen Zustand bei dem Replikanten integraler Baustein sind, also notwendig sind, glaubt aber nicht an die Möglichkeit einer symbiotischen Beziehung mit diesen Wesen auf Augenhöhe, womit sie meines Erachtens auch richtig liegt. Der Mehrwert eines Sklaven liegt darin begründet dass er Sklave ist. Ihr eigener Love Interest lässt sie hierbei schon reflektieren welche Form von Unrecht am Start ist, aber sie ist bereit diesen Preis zu zahlen um die Gesellschaft zu schützen.
Das zu verkörpern ist eigentlich nicht sonderlich schwierig, auch ist die Charakterzeichnung der Figur ziemlich griffig, das verkackt Wright mit ihrer Darstellung im Alleingang.

Leto ist da schon schwieriger, seine Performance ist wieder mal bizarr. Allerdings ist sein Skript auch bizarr. Ich denke es ist eine Mischung aus dem misslungenen Versuch Letos der Rolle einen außerordentlichen Stempel aufzudrücken und einer Figurenzeichnung die im Gegensatz zu den anderen Charakteren mehr aus einer Figur rausholen möchte, als eigentlich nötig war.
Was um Leto passiert wirkt wie ein einziger Fremdkörper. Dürfte ich den Film neu schneiden würde ich seine weirdo-Szenen tatsächlich komplett entfernen, zumal sie auch nicht wirklich benötigt werden um die Geschichte des Films zu erzählen. Seine Shadow-Appearance ist noch gerade so okay, die Tütengeburt im Anschluss einfach eine starke Szene, aber dann bitte abblenden, diese Fummelei war wirklich furchtbar und das abstechen einfach nur sinnfrei. Auch das Gespräch mit Ford, weg damit, die Befreiungsaktion kann genauso gut stattfinden während Ford zu Leto transportiert wird.

Imo sind das aber Kleinigkeiten welche die Wucht des Films nicht ansatzweise ankratzen können, kann aber schon verstehen, wenn man das Sounddesign, was für mich zum geilsten und erfrischendsten zählt was ich je in einem Kinosaal gehört habe, schon als Krach empfindet, dann bricht auch der audiovisuelle Rausch zusammen, welcher den Film zu großen Teilen trägt. Aber wenn der funktioniert, oh boy! Wahrscheinlich auch ein Punkt warum der Streifen eher kontrovers ankommt. Sowas kann ich dann auch nachfühlen, bei dem Ansatz 2049 darüber kritisieren zu wollen was an Blade Runner geil war bin ich allerdings raus, da kann ich nicht mehr folgen, da werden für 2049 Probleme skizziert die imo beim Erstling auch da waren, nur hundert mal schlimmer. Für mich ist BR im world building tatsächlich revolutionär gewesen und war natürlich auch stilprägend für eine ganze Epoche, aber inhaltlich als Film, puh. Für mich ein Streifen der natürlich Anerkennung verdient, mich aber als Gesamtwerk nicht mitnehmen konnte, und genau das hat Blade Runner 2049 geschafft, und wie!


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