Thema:
Meilenweit vom 1. Teil entfernt... flat
Autor: Kilian
Datum:20.08.17 05:03
Antwort auf:Trainspotting 2 incoming von HaPe

Mich wundern die kritischen Stimmen, die es hier zum ersten Trainspotting von 1996 gibt. Ich erinnere mich zwar, dass ich den Film anfangs auch enervierend unästhetisch fand, aber seine Qualitäten waren dann doch offensichtlich und mittlerweile ist er für mich einer der herausragenden Filme der 90er Jahre. Er schafft es nicht nur, sehr gut den damaligen Zeitgeist in allen Facetten einzufangen, sondern legt auch eine meisterhafte Gratwanderung zwischen Tragödie und Komödie, Jugenddrama und eine Art Heist-Movie hin. Klar fällt der Film aus der Reihe mit seinem schnellen Schnitt, den surreal inszenierten Drogentrips und einer Reihe grenzwertig ekelhafter Szenen. Andererseits machen gerade diese Elemente, neben der fehlenden Berührungsangst mit dem Thema Heroinsucht und ihre Folgen, den Film so wegweisend und besonders.

(Leichte Spoiler)

Und das ist es auch, was ich dem Nachfolger vom letzten Jahr vorwerfe: Er kommt auf keiner Ebene an das Original heran, obwohl in den letzten 20 Jahren viel passiert ist und es viele politische und gesellschaftliche Entwicklungen gab, die durchaus ihren Platz und ihren Sinn in diesem Film gehabt hätten. Auch finde ich es schade, dass keine Figur überzeugend weiterentwickelt wurde und T2 in dieser Hinsicht da einsteigt, wo vor 20 Jahren aufgehört wurde. (Eine Verurteilung zu 25 Jahren Knast sind für mich keine Entwicklung. Von Spud oder Sick Boy ganz zu schweigen, bei denen einfach nur auf den Pauseknopf gedrückt wurde.)

Die Geschichte, die nun erzählt wird, ist leider sehr belanglos und lediglich Kulisse für nostalgische Rückblicke in die gemeinsame Vergangenheit. Mal werden ein paar Zusammenhänge der alten Geschichte erklärt (Begegnung mit Begbies Vater), mal wird das Original regelrecht zitiert oder alt und neu durcheinandergemischt. Neue Erkenntnisse ergeben sich weder zu den Figuren noch zu ihrer Umgebung im Jahr 2016. In Ansätzen wurde das durchaus probiert, bspw. bei der Begrüßung am Bahnhof durch slowenische Promotion-Damen oder bei der Idee mit den Fördergeldern. Der blödsinnige Hauptplot, bei dem es im Prinzip nur wieder darum geht, dem Einflussbereich von Begbie und Sick Boy zu entkommen, überlagert die guten Ansätze leider zu sehr. Von mir nur 6/10, wohlwollend.


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