Thema:
Mir hat Verbinskis neuer Film sehr gut gefallen flat
Autor: tHE rEAL bRONCO 2ND
Datum:24.02.17 09:59
Antwort auf:A Cure for Wellness (2017) [Kino] von geraldo

Zur Story schreibe ich so gut wie nichts, denn der Film bezieht einen großen Reiz aus dem langsamen Erforschen des Ortes (Kurort/Schloss) durch seinen Hauptdarsteller. Nur so viel: Zu Beginn des Filmes wird Protagonist Lockhart (gespielt vom starken Dane DeHaan), seines Zeichens herzloser Finanztrottel eines riesigen Unternehmens, von seinen Bossen in die Schweiz geschickt, um einen Vorstandskollegen zurück in die USA zu holen. Und jenes Vorstandsmitglied befindet sich seit langer Zeit in einem mysteriösen Wellness-Heilungs-Anstalt-Dingsbums.

Mehr sollte man eigentlich gar nicht wissen.

Was mir richtig gefallen hat ist Verbinskis Herangehensweise: Die Mise en Scène ist beeindruckend, so richtig klassisch aufgebaut mit teils eindringlicher und überzeugender Bildsprache. Schon in der ersten Szene, dem Prolog, hatte mich der Film in seinem Bann: Im Gegenzug zu manch anderem modernen Film, der mittels nerviger Extreme Closeups meine Geduld strapaziert, besticht A Cure for Wellness durch handwerkliche Qualität und einem feinen Sinn für Ästhetik.

Dann die Atmosphäre: Verbinski spielt geschickt mit den Erwartungen des Zusehers. Kennt man Shutter Island, bekommt man auch eine ungefähre Ahnung von dem Gefühl, dass Lockhart an diesem speziellen Ort überkommt. Aber keine Angst, das ist kein Spoiler: A Cure for Wellness ist keine simple Kopie von Shutter Island. Verbinskis Film, den ich als Thriller/Mystery/Horror/Fantasy-Mixtur bezeichnen würde, hat auch ganz viel von Thomas Manns Klassiker "Der Zauberberg". Witzig in diesem Kontext auch die Liebe zum Detail: ... solche kleinen Details bietet der Film an einigen Stellen.

Die Schauspieler: Die machen ihre Sache durchweg gut bis sehr gut, speziell DeHaan und Jason Isaacs als Klinikdirektor spielen überzeugend, doch auch die anderen Charaktere passen gut in Ihre teils verstörenden Rollen. Ganz wichtiger Tipp an die O-Ton-Seher: Ich konnte den Film leider nur auf Deutsch sehen (das Kino hat die OV für A Cure for Wellness nicht im Programm), doch der Film ist im O-Ton aufgrund einiger Charaktere und dem Handlungsort Schweiz wohl nochmal ein Stück interessanter. Zumindest vermute ich das, denn einige Szenen ließen darauf schließen.

Es gibt im Film auch einige Szenen, die dem Vornamen des Regisseurs alle Ehre machen und mich meine Finger tief in den Kinosessel graben ließen. A Cure for Wellness setzt nicht auf Jump Scares sondern eine konstante Atmosphäre des Unwohlseins an einem Ort, der eigentlich das Gegenteil bewirken sollte. Verbinski hat sowas einfach drauf. Am schlimmsten fand ich folgende Szenen: Es gibt da noch anderes Material aber das sollte als Beschreibung reichen.

Ich bin also insgesamt sehr angetan und würde eine 8/10 zücken, meiner Freundin hat er auch gefallen und gibt einen Punkt weniger.

Es gibt also nichts Negatives zu dem Film zu sagen? Doch, das gibt es... leider. Hätte Verbinski ein paar Fehler vermieden, der Film wäre ein Instant Classic. Deswegen versucht mal einzuschätzen, wie wichtig euch folgende Kritikpunkte erscheinen:

- Der Film dauert fast 2 1/2 Stunden und ist etwas zu lange geraten. Eine Viertelstunde kürzer und der Film wäre von der Länge her perfekt.

- Nach den ersten 90 Minuten verliert A Cure for Wellness ein bisschen seinen Flow. Die Lockharts dauern an und damit etwas zu lange, das Finale wirkt dann wiederum ein wenig zu gehetzt. Da hat Verbinski ein Problem mit der Balance, das ist sehr bedauerlich.

- A Cure for Wellness beschreitet einen schmalen Grat: Was ist noch spannend, was ist schon wieder langweilig? Ich liebe Verbinskis Art, sich Zeit für den Aufbau der Geschichte zu nehmen. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass dies viele als Langeweile auffassen - daher rühren wohl die durchwachsenen Kritiken.


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