Thema:
Gestern erstmalig gesehen: vermisse Tarantino-Cleverness flat
Autor: MOGli
Datum:13.01.17 09:15
Antwort auf:The Hateful Eight - Der neue Tarantino Streifen von Derrick

Ich fand ihn bemerkenswert kaltherzig und sadistisch, insbesondere den weiblichen Charakteren gegenüber. Da hab ich mich echt gefragt, was mit Tarantino los ist. Seine früheren Filme fand ich facettenreicher und damit auch besser.

Demian Bichir fand ich super, sein Gefluche hat mich sehr schmunzeln lassen, weil ich dabei auch immer an Elvis aus God Hand denken musste ("Cabron!").

Jackson und Roth ohne ihre üblichen Macken gespielt, die mich sonst sehr an ihnen stören: Jackson nicht zu cool, und Roth nicht zu übertrieben (in 4 Rooms fand ich ihn nervig und auch in Reservoir Dogs nicht gut). Zu Roth verfällt aber sehr in Manierismen, die Waltz in seinen beiden Tarantino-Rollen ausgewalzt hat - wie hier schon treffend geschrieben!

Jennifer Jason Leigh fand ich ganz großartig. Mut zur Häßlichkeit, undurchschaubar und bösartig, aber auch verletzlich - ich würde sagen, von allen Figuren noch die interessanteste.

Madsen spielt mal wieder einen wortkargen Zyniker. War gut. Probleme mit seinem Gesicht hatte ich nicht.

Walton Goggins hat mich sehr positiv überrascht, in einer Szene setzt er großartig ein Lachen ein - das pure Vergnügen.

Ich fand ihn garnicht mal zu lang, schon garnicht in der Mitte - dann eher am Anfang: das erste Kapitel hatte in meinen Augen völlig uninteressante Dialoge.
Allerdings fehlten mir zwei Dinge, die Tarantino bislang immer ausgezeichnet haben: Geniale Dialoge über Nichtigkeiten oder mit interessanten Beobachtungen, und zweitens eine Cleverness im Ausbreiten der Geschichte. Die interessantesten Dialoge hier haben das gleiche Thema wie in Django Unchained: Rassismus. Ich hatte hier mehr erwartet.
Plot bzw. nichtlineare Anordnung, seine zweite große Stärke neben Dialogen, verpufft hier: Eine Rückblende, die etliche Figuren aufdeckt und charakterisiert, gibt es erst nach deren Ableben zu sehen.

Die Spannung an sich wird noch solide aufgebaut, aber zueilen wirkt es auch wie ein Agatha-Christie-Streifen: Alle Verdächtigen in einem Zimmer, während der Detektiv die Lage vor allen rekapituliert und analysiert.

Einige Western-Checkboxen wurden noch routiniert abgehakt: Die wenigen Landschaftsbilder waren schön. Die Musik vom Großmeister allerdings fand ich leider schwach.


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