Thema:
Re:Enttäuscht (SPOILER) flat
Autor: Wurzelgnom
Datum:14.01.16 15:23
Antwort auf:Re:Enttäuscht (SPOILER) von heffer

>Ich bin ein Freund flexiblen Denkens und der festen Überzeugung, dass Talent für den Erfolg zweitrangig ist. Allerdings hab ich selber genug Erfahrung mit Druck, um zu wissen, dass - je nach Lebensbereich (dazu gleich) - es von Druck auch ein zu viel gibt. Es gibt an jeder juristischen Fakultät eine ganze Menge von Leuten, die für das Studium ihre Großmutter opfern würden, und die schreiben in der Regel auch ordentliche Klausuren. Die besten Examen kommen aber erfahrungsgemäß von Leuten, die bei aller Motivation auch mit einer gewissen Entspannung ans Lernen und Klausuren schreiben gehen. Und das hat nichts mit Talent zu tun.

ob man das jetzt mit Klausuren vergleichen kann ;)

>Irgendein schlauer Mensch hat dazu mal die "umgekehrte U-Funktion" entwickelt. Durck steigert die Leistung bis zu einem gewissen Punkt. Aber wenn der Punkt erreicht ist, fällt die Leistung ab. Und irgendwann ist man dann beim Blackout und mit der Zeit dann auch beim Burnout.

Das kam doch IMO im Film gut rüber, der Druck ging über die berühmte Grenze, bis der Druck gegen Ende des Films den richtigen Punkt erreicht hat und er beim spielen in den Flow kam.
So habe ich das zumindest gesehen.
Einfach anschreien und dann wirds schon ist nicht, ein guter Trainer ist nur gut wenn präzise die Gratwanderung schafft.

>>>Es hätte wenigstens ein BISSCHEN Skepsis an der Effektivität der Methoden des Lehrers dargestellt werden können, zB indem eine andere Band gezeigt wird, die mit sanfteren Methoden gleichwertige Ergebnisse erzielt.

Hätte IMO nichts gebracht weil es nichts aussagen würde.
Egal ob mehr oder weniger Talent, es gibt darunter eben Menschen die den Tritt in den Arsch brauchen.
Ein anderer Musiker mit dem gleichen Talent wäre vielleicht zusammengebrochen, aber dann wäre es ein anderer Film.
Es gibt zwischen den Methoden keinen was-ist-besser-Vergleich, daher wäre eine anders "erzogene" Band nur Ballast.

>Und jetzt auch mal zur Differenzierung, da du verschiedene Branchen ansprichst: Je nach Lebensbereich ist der Punkt, an dem die Spannung kontraproduktiv wirkt, anders erreicht. In kreativen und sozialen Berufen ist er relativ schnell erreicht; da, wo es um reine Kraftanstrengung geht (Ausdauer, Kraftsport, mE auch im schulischen Bereich, soweit es um reines Auswendiglernen und weniger ums Verstehen geht) deutlich später. Ich habe extra betont, dass ich mich mit Musik nicht auskenne, aber ich vermute, dass das, was bei Whiplash geleistet werden soll, doch weit entfernt von reinen Kraftakten ist, dass es viel eher darum geht Tempo zu finden und Maß zu halten, Konzentration zu behalten, auf den Instinkt zu hören etc. Und dafür ist das ganze Adrenalin und Noradrenalinn, das Andrew haufenweise ausschüttet, nicht gerade förderlich.

Gibt halt solche und solche. Einige wurden nur durch ihr exzentrisches Leben aus Drogen usw. zu den Ikonen die sie heute sind.
Die haben sich den Druck unfreiwillig selbst geschaffen, singen sich um Leib und Seele.

Das Whiplash überspitzt war und somit zu den seltenen Fällen gehört bestreitet ja Niemand, aber die Richtung stimmt.


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