Thema:
Enttäuscht (SPOILER) flat
Autor: heffer
Datum:13.01.16 20:53
Antwort auf:Whiplash [Film] von Suttree

Großartig gefilmt, keine Frage. Schon der Anfang bläst einen weg: Dass für sich betrachtet unspektakuläre Ereignisse so packend in Szene gesetzt werden, kenn ich sonst eigentlich nur von Fincher oder Nolan. Den Regisseur hier muss man unbedingt im Auge behalten; ich glaub, von dem kommt noch einiges.

Inhaltlich finde ich das aber alles ziemlich platt.

- Die Formel "mehr Anstrengung = bessere Leistung", an welcher der Film von Anfang bis Ende festhält, ist mir zu simpel und lebensfremd . Druck wirkt bis zu einem gewissen Grad leistungssteigernd, ja, aber irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem er sich negativ auswirkt. Dann springen die Gedanken immer schneller und es wird schwieriger, sich zu konzentrieren und ein Maß zu halten. Ich hab zugegebenermaßen vom Musik machen keine Ahnung, aber kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass DER Druck, unter dem der Junge im Film steht, dabei hilft, das richtige Tempo beim Schlagzeug spielen zu finden und zu halten.

Es hätte wenigstens ein BISSCHEN Skepsis an der Effektivität der Methoden des Lehrers dargestellt werden können, zB indem eine andere Band gezeigt wird, die mit sanfteren Methoden gleichwertige Ergebnisse erzielt.

Stattdessen wird am Ende noch eins drauf gesetzt. Ausgerechnet der schmerzhafteste Moment seines Lebens, enttäuscht von seinem Lehrer, blamiert vor dem wichtigsten Publikum ever, ist der, in dem der Protagonist beste Leistung zeigt.

So ist mir das zu platt. Vor allem (um nochmal den zuvorzukommen, die mir sagen wollen "du hast von Musik keine Ahnung" – hab ich auch nicht) seh ich es nicht so, dass der Film seine Formel aufs Musik machen oder Schlagzeug spielen begrenzt. Das wirkt mehr so, als wolle er sie auch in andere Lebensbereiche übertragen. Zumindest wird er, wenn ich mir die Kommentare zum Film durchlese, so verstanden.

- Dem Lehrer wird - spätestens in einer Szene im letzten Drittel oder Viertel, als es darum geht, rechtliche Schritte gegen ihn einzuleiten - der schwarze Peter zugeschoben. Er  soll verantwortlich sein für alles. Selbst für den Verkehrsunfall, mit dem er, wie ich finde, nullkommanix zu tun hat. Plötzlich ist vergessen, dass der Junge (Himmel, der ist 19 Jahre und nicht 11 einhalb) freiwillig in der Band spielt. Dass seine übertriebene Erfolgsgier ihn in seine Lage gebracht hat. Und dass ER es war, der die Verkehrssicherheit und damit das Leben von anderen Menschen gefährdet hat.

Im normalen Leben würde man sich fragen, was in der Kindheit des Jungen falsch gelaufen ist, dass er diesen Schmerz in Kauf nimmt und sich und andere diesen Gefahren aussetzt. Der Film kommt einem zuvor, stellt den Vater als den ultra Saubermann dar. Und zeigt familiäre Probleme, die belangloser als in jeder Sitcom sind.

Alle Schuld dem Lehrer.

Nee, das ist zu einseitig. Schon wieder.

- Die Wendung am Ende. Als Fletcher das Konzert mit dem unbekannten Stück eröffnet. Nein, das war nix. Fletcher war den ganzen Film über nichts anderes als ein knallharter Drill-Instructor und dann wird er mit einem Mal zur beleidigt-hinterhältigen Oberzicke degradiert. Ein weiterer Film, der für eine überraschende Wendung mal eben einen ganzen Charakter aufs Spiel setzt. (Bitte keine Erklärungen in Richtung "Fletcher hatte von Anfang an geplant, die beste Leistung aus ihm rauszuholen" – das sah im Film nämlich ganz anders aus)

Nee,  inhaltlich ist da zu vieles, was mich stört. Inszenatorisch klasse, keine Frage. Macht Spaß zu gucken und lohnt sich. Aber mitnehmen kann ich aus dem Film absolut nichts außer nem schalen Nachgeschmack.


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