Thema:
Re:Fun Fact: flat
Autor: Felix Deutschland (deaktiviert)
Datum:28.04.14 22:48
Antwort auf:Re:Fun Fact: von Snatcher

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>>Was jetzt genau?
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>Meinte Studio 60. Hab mir sogar die Staffel auf DVD damals gekauft. Aber irgendwie nach 4 Folgen schon kein Bock mehr gehabt. Erinnere mich nicht mehr so genau, aber die Serie hat mich irgendwie deprimiert, weiss auch nicht wieso.


Die Serie IST deprimierend. Die ganze Selbstgerechtigkeit, die völlig hirnrissigen "Konflikte", das Selbstverständnis der Figuren und die Art, wie die Serie sie begreift, man möchte einen großen Kübel nehmen und Kotzen. Ich hab das damals abgegbrochen, obwohl ich zu der Zeit eigentlich so gut wie jeden Scheiß bis zum bitteren Ende angeschaut hab. Das einzige, was ich zu der Zeit abgebrochen hatte, obwohl ich damals noch nicht genau ausdrücken konnte, warum (Ich war angewidert), war Nip/Tuc. Aus der Zeit hab ich bspw. Heroes bis zur gottverdammt letzten Sekunde geguckt, aber Studio 60 hat mich einfach nur wütend gemacht. Scheiß Matt und Danny, scheiß DL Hughley, scheiß Sarah Paulson, scheiß scheiß scheißdreck. Ich war zudem glühendster West-Wing-Fan und hielt Sorkin für so ne Art Gott, das sollte man vielleicht auch erwähnen. Hab 2003 oder 2004 angefangen, die DVDs aus England zu sammeln, ich hab sogar noch die ganz ganz alte Auflage von Staffel 1 und Staffel 2, die in einem Kafkaesken Arrangement aus Schubern und Foldouts besteht. Ein Großer Schuber mit zwei kleinen Schubern, in denen ein Foldout in einem Schuber steckt. Hab West Wing sogar mit meinen Eltern gucken können, und damals hat sich buchstäblich niemand für irgendwas interessiert, was ich mochte. Das war schon toll.

Nabin hat mal ein feines Postmortem zu Studio 60 geschrieben:

[http://www.avclub.com/article/case-file-1-istudio-60-on-the-sunset-stripi-63985]

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>Danke für deinen Text. Auch wenn du mich was TWW angehst etwas mit deinem Gilmore Girls Vergleich abgeschreckt hast. Ich hasse nämlich diese Stakkato-Dialoge und den verbalen "battle of wits" in Maschinengewehr-Manier.
>Aber ich geb der Sache mal ne Chance. Hab eh Staffel 1 komplett auf DVD, aber noch nie reingeschaut..


West Wing hat etwas entscheidendes, das andere Sorkin-Serien und auch Gilmore Girls nicht haben: Fallhöhe. Es steht immer etwas auf dem Spiel, es geht immerhin um den Präsidenten der USA. Der Pilot ist schon sehr clever darin, den Bogen von der Banalität zu Entscheidungen über leben und tod zu spannen, indem er mit einem recht läppischen Subplot anfängt, wo Rob Lowe AUS VERSEHEN (HAHAHA, DIESER ROB LOWE!) mit einer von Lisa Adelstein (Cuddy aus House) gespielten Prostituierten rumhurt und mit dem Präsidenten im Situation Room endet, alles in der Spanne eines einzigen Werktages.

Trotzdem ist das alles natürlich sehr dialoglastig, aber was späteren Sorkin-Sachen leicht abgeht ist, wie geil Dialoge sein können. Nirgendwo sonst in seinen Shows hat Sorkin eine plausible Begründung oder auch nur eine halbwegs fadenscheinige Ausrede dafür, das ALLE Figuren grotesk eloquent und gebildet daherreden, aber in West Wing ergibt das Sinn, so gut wie alle die da arbeiten sind elitärst gebildet, und die zwei (!) bis drei Figuren, die es nicht sind, denen merkt man das auch an. Aber nicht im negativen.

Was später von Beginn an unerträglich ist, nämlich die schiere Arroganz von Sorkins Settings und Figuren. Studio 60 behauptet, dass Late Night Sketch Shows nicht nur omnipräsentes popkulturelles Gesprächsthema und stilbildend im gesamten Bereich der Unterhaltung sind, sondern quasi staatswichtige, sakrale Aufgabe und Hochamt zugleich. Es geht nicht nur um das Verfassungsrecht auf freie Meinungsäußerung, sondern um christlichen Fundamentalismus und den Irakkrieg. Klar, so ist sie halt, die Welt der Sketch Comedy. Und Matt und Danny waren auch noch solche ARSCHGEIGEN als Figuren, alerte Alleskönner, deren Schwächen allesamt nur backstory wounds sind und die in der Zeit, wo die Serie spielt, quasi messianisch für den sich selbst gefeuerten Vorgänger als Leiter von SNL: West Coast Edition einspringen.

Und genauso nehmen sich bei The Newsroom ALLE Figuren viel wichtiger als sie sind, und bestärken sich permanent darin, dass sie als fünfte Gewalt quasi am allerwichtigsten in einem Staat sind. Gepaart mit der permanent seltsam bis affig selbstgerecht wirkenden Tatsache, dass die Serie reale NAchrichtenereignisse aufgreift und zeigt, wie die Boys und Girls aus DEM NEWSROOM die Geschichte aufarbeiten (In der Regel als die ersten, und in der Regel am besten). Nachdem es Sorkin damit in S1 völlig übertrieben hat, versucht er in S2 zurückzurudern, macht aus der pampig arrogant popanzigen Hauptfigur Will McAvoy einen Typen, der quasi nur noch gleichgültig durch die Folgen schlafwandelt und kaum noch vorkommt gekoppelt mit einer leider langweiligen staffelübergreifenden handlung über eine falschmeldung, wo sich dann alle beteiligten elendig lange selbst asche aufs haupt streuen.

Sowohl Studio 60 als auch The Newsroom fangen übrigens interessanterweise mit derselben dreist geklauten Szene an: Einer "Hommage" an den berühmten "I'm Mad As Hell"-Monolog aus Network. In Studio 60 hält der ehemalige Leiter der Sketchshow überraschend live on camera eine "I'm Mad As Hell"-Rede, und in The Newsroom fängt, ebenfalls in der allerersten Szene, auch alles damit an, dass ein gelangweilter Will McAvoy (Jeff Daniels) urplötzlich bei einer Uni-Veranstaltung in einen Rant ausbricht, der auf dem Youtube viral wird. Inhalt? Junge Leute sind die "Worst generation ever" (direktes Zitat) weil alle zu dumm, Amerikaner auch alle zu dumm, quasi alle zu dumm ausser Muddi und McWillavoy.

Und weitere Highlights, die jetzt müßig wären, aufzuzählen.

[http://i.imgur.com/KqINt3q.png]

Das schöne an West Wing: Hier geben sich die Figuren gegenseitig mal einen Klaps auf den Hinterkopf, wenn sie anfangen, sich wie verdammte Titten zu benehmen. Wenn einer zum arroganten Arschloch mutiert, dann sagt ihm das oft genug jemand direkt ins Gesicht, und die Figur registriert das auch. Oft genug kriegen die notorischen Klugscheißer entweder von Mr. Superklug (Dem Präsidenten) oder den "weisen, einfachen" Leuten (Donna, Charlie, Mrs. Landingham) einen reingedrückten, dass sie Spasti sind. Sowas passiert sporadisch auch in späteren Sorkin-Serien, aber da hat man das gefühl, dass es dem Zurechtgestutzten enteweder völlig egal ist, oder er sich sogar noch mehr in seiner Spastigkeit bestätigt sieht. Und meistens kommt die Kritik dann auch von Figuren, die bereits damit eingeführt wurden, dass sie irgendwie dumm oder verpeilt sind, wie der Computerinder in The Newsroom oder diese eine Figur in Studio 60, die ich zum Glück vergessen habe.


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