Thema:
S01E01 - "The Crawling Eye" (USA/GB, S/W, 1959) flat
Autor: Felix Deutschland (deaktiviert)
Datum:11.04.14 20:48
Antwort auf:MST3K - Tom Servo muss bezahlbar bleiben! von Felix Deutschland

Keineswegs zu viel versprechender Untertitel auf dem Filmplakat: "The nightmare terror of the slithering eye that unleashed agonizing horror on a screaming world!"

Ein solider Einstieg in die Sendung, die mich wohl in meinen Teenager-Flegeljahren zu einem besseren Mensch gemacht hätte, heute allerdings nur noch die dahinrottenden Überreste einer vergeudeten Existenz ein wenig seelische Erfrischung verschafft. Aber immerhin! MST3K ist sehr gut, auch wenn de facto alle Aufzeichnungen auf teilweise dutzend bis hundert mal abgeschrubbelten VHS-Kasetten existieren.

Die Bild- und Tonqualität ist nicht nur von den in der Sendung behandelten Filmen abhängig, sondern auch von der willkürlichen Tatsache, ob derjenige 1989 plötzlich hektisch einfach irgendeine bespielbare Kasette sich gegriffen hat oder eine nigelnagelneue aus der Zellophanhülle pellte und die zufälligerweise eine Sony Bombasto mit TruMagic ColorScan 9000 für 10 Mark das Stück, im Gegensatz zu den 5er-Packs Maxell-Kasetten, die bei Aldi an der Kasse als Greif-Bück-Streckware auslagen.

"The Crawling Eye" ist ein eigentlich britischer Film mit dem (erheblich geileren) Originaltitel "The Trollenberg Terror". Bei MST3K ist es üblich, dass man bis auf den Namen und ein paar Scherzen über den männlichen Lead quasi gar keine Infos über die Filme bekommt, was interessanterweise trotz des Liebhaberthemas der Show selbst damals niemandem besonders wichtig zu sein schien. Wenn allerdings schon die Figuren der Sendung, ein Bim-Bam-Bino-eskes Quintett aus zwei Robotern und drei Menschen, die Tonqualität des Films als absolut indiskutabel deklarieren, dann weiß ich nach mittlerweile 10 geschauten Folgen, wie der Hase läuft.

Der Dialog ist kaum zu verstehen, dafür ist das Bild einigermaßen (Wie im Header angezeigt "Schwarz Weiß").

Ein Wissenschaftler (Oder Zeitungsreporter, weiß nimmer) gondelt im Zug durch die Schweiz. Neinnein, anders: Drei Leute klettern in den Alpen einen Berg hoch, einer fällt allerdings vom Berg runter und seine beiden Kletterbuddies finden nur noch seine kopflose Leiche. DANN gondelt ein Wissenschaftler (Oder Zeitungsreporter, wie gesagt, war kaum akustisch zu verstehen) im Zug durch die Schweiz (Bzw. vorbei an einem vorher abgefilmten und dann auf den hintergrund projezierten Aufnahme der Schweiz), mit ihm im Abteil zwei Frauen, die von einer Hellseher-Vorführung in Paris zurückkommen. Erst später im Film hab ich gerafft, dass eine der Frauen die PERFORMERIN dieser Hellseher-Vorführung war (Ton nix gut), was zumindest besser erklärt, warum diese Frau im Zug aus dem Fenster auf das Matté-Painting eines Bergs guckt und von diesem quasi "besessen" wird.
Sie besteht darauf, an der nächsten Station auszusteigen, wo der Wissenschaftler-Zeitungsreporter zufällig eh raus wollte.

Schon an diesem Punkt macht sich eine gewisse Ungeduld beim Publikum (mir) breit, wie denn jetzt noch Augen, geschweige denn krabbelnde Augen, noch eine Rolle spielen werden. "Geduld" heißt die Devise. Erstmal macht man sich in Trollenberg angekommen mit den Hinterwäldlern vertraut und der Wissenschaftlerzeitungstyp besucht eine Forschungsstation auf dem Berg, wo ein Wissenschaftler das Wetter erforscht und Lawinen & Shit. Deswegen ist die Station auch in einem bombensicheren Bunker aus drei Fuß dickem Beton. Deswegen, und weil es später im Film noch sehr praktisch sein wird, dass die Forschungsstation ein Bunker ist.

Zwei Touris machen sich dummerweise noch auf den Weg zu einer bereits geplanten Bergtour, die natürlich ein böses Ende nimmt. Eine Wolke verharrt offensichtlich seit Tagen an der selben Stelle eines bestimmten Berghangs. Schnell wird klar, dass man es hier nur mit Ausserirdischen zu tun haben kann, die sich ihre eigene Atmosphäre auf der Erde in Form dieser Wolke erschaffen. Klar, natürlich. Die Wolke bewegt sich jetzt langsam auf das beschauliche Trollenberg zu, und just in dem Hotel, wo unsere Helden nächtigen (Die Hellseherfrau ist quasi nur noch als Plotdevice vonnöten und zu dem Zeitpunkt längst Damsel in distress, die von den untot (?) wiedergekehrten Touris von der Bergtour gejagt wird), fliegen die Eingangstüren auf und ein gigantisches Auge mit Tentakeln versucht sich, erst den Held, dann ein kleines Kind zu krallen. Mit der Seilbahn wird das gesamte Dorf auf die Forschungsstation evakuiert, mittlerweile zeigen sich auch immer mehr crawling eyes, Kacke is certainly at the dampf. Wie gut, dass man von freundlichen NATO-Partnern quais umzingelt ist! Mit Jagdfliegern gibt's schön dick Brandbombenteppiche auf die scheiß Augen, der Tag ist gerettet und der Film ist vorbei!

Insgesamt natürlich einerseits ein Scheißfilm, andererseits folgt er weitestgehend nachvollziehbaren und sogar brauchbaren Spannungsbögen - etwas, was sich noch schnell herausstellen wird, in der Welt des B-Films gewiss keine Selbstverständlichkeit ist. Theoretisch kann man sich den im Suff nach dem Heimweg von einer dieser "Partys", die ihr alle so mögt, gut angucken. Das Riffing ist an einigen Stellen ganz witzig, aber ich war grundsätzlich davon überrascht, wie unaufdringlich es daherkommt und wie viel mehr Spaß ich an den Filmen an sich haben sollte. Nicht nur wegen der schlechten Tonqualität bietet es sich an, dass man das ganze selber ständig kommentiert und verarscht. Leerlauf gibt es in all diesen Filmen viel zu viel für 90minüter, und "The Trollenberg Terror" macht hier auch keine Ausnahme.


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