Thema:
Re:Jetzt auch durch und platiniert. flat
Autor: FWE
Datum:25.06.22 16:03
Antwort auf:Jetzt auch durch und platiniert. von strid3r

>Fantastisches Spiel. Hatte es eher spontan bei einer Bestellung jüngst bei Amazon JP mit eingesackt, da noch im Hinterkopf als potentiell interessantes Metroidvania. Wollte es dann letztes Wochenende eigentlich nur kurz anspielen, aber bin direkt dran hängen geblieben. Und das, obwohl ich gerade den Start eher als gemächlich und noch den unspannendsten Teil des Spiels bezeichnen würde.
>Der Hechtsprung der Heldin wirkt erstmal etwas träge, die Levelstruktur anfangs unerwartet linear und man wird direkt alle paar Meter mit nervigen fliegenden Gegnern in Form der Krähen gepeinigt, die zielsuchende Projektile auf einen schießen. Aber trotzdem merkt man schon am ersten Tutorial-Boss und den Feinden im Anfangsgebiet: die Basics, bzw. die Balance zwischen den Angriffsmustern der Gegner und dem Timing der eigenen Angriffe und Bewegungsmöglichkeiten, stimmen haargenau. Und das wird dann mit voranschreitendem Spielverlauf auch alles nur noch besser. Die Karte öffnet sich und wird verwinkelter, die Figur mobiler, die Angriffsmöglichkeiten vielseitiger und all das kulminiert dann für mich in dem zwar völlig optionalen, aber absolut perfekt umgesetzten Parry. Das Zeitfenster für diesen ist genau richtig angesetzt, so dass man einerseits nichts mit wildem Mashing erreicht, andererseits aber das Feature nicht zu sehr frustriert oder für brenzlige Situationen zu heikel ist. Auch ist man insofern sehr smart vorgangen, dass bei einigen gegnerischen Angriffen die Figur nach dem Parry bzw. durch dessen Impact so weit aus der Reichweite fliegt, dass das Feature hier super als Verteidigungsmöglichkeit bleibt, aber nicht, um Gegenangriffe zu starten. So bleiben der Dash und andere Skills (selbst im Prinzip Ähnliches wie der Schild-Konter) stets relevant und es macht sehr viel Spaß, die effektivste Vorgehensweise auszuknobeln, egal ob bei Bossen oder den normalen Gegnern, vor denen man immer erstmal Respekt hat.
>Generell gibt das Spiel einem durch die freie Auswahl an Skills sehr viele Möglichkeiten, wie man es spielen möchte. Ich kann mir gut vorstellen, dass man z. B. auch komplett auf Projektile umstellen, die Relics entsprechend anpassen und so sehr viel passiver vorgehen kann. Und während ich es anfangs als etwas nervig empfand, dass man die Skillung und Relics nur an den Savespots ändern kann, hat’s mir ob dieser Einsicht dann später eingeleuchtet, warum man es so gemacht bzw. den Spieler praktisch auf "Builds" beschränkt und genau das so auch richtig ist (on the fly während der Kämpfe umskillen zu können, wäre einfach sehr unelegant und würde falsche Anreize setzen, den ansonsten einwandfreien Spielfluss ständig mit Menü-Unterbrechungen zu zerstören).
>Tatsächlich fand ich das Combat derart gelungen, dass für mich einer der Schwachpunkte des Spiels die leider etwas geringe Anzahl an Bossen ist. Das, was da ist, hat ein durchweg sehr hohes Niveau - mir ist praktisch kein Pattern übel aufgestoßen, noch fand ich, dass Bosse sich zu sehr ziehen oder dergleichen, da man eigentlich ständig gut austeilen kann. Allerdings liegt das Spiel in der Anzahl an (Sub-) Bossen schon etwas weit hinter Spielen wie Hollow Knight zurück, zumindest wenn ich mich hier richtig erinnere. Das liegt auch daran, dass die "unique"-Varianten normaler Gegner, mit denen man ab und an konfrontiert wird, oft nicht wirklich viel mehr zu melden haben, als ihre normalen Konterparts. Gerade gegen Ende des Spiels, wo man dann wirklich sehr stark ist, fegt man diese recht flott unbeeindruckt vom Screen und so stellen sie leider nicht die Form von Ergänzung zu den richtigen Bossen dar, die man sich davon eigentlich wünschen würde. Sollte es nochmal ein Spiel dieser Art von Adglobe/Live Wire geben – und das hoffe ich sehr -, wäre das wohl der Punkt, von dem ich am meisten erwarten würde, dass sie da nochmal nachlegen.
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>Aber genug zum Gameplay. Auch bei der Präsentation weiß das Spiel erfreulicherweise zu überzeugen. Zumindest mich hat die melancholische Spielwelt, die man von derlei Spielen ja irgendwie gewohnt ist, direkt in ihren Bann ziehen können, ohne dabei zu austauschbar zu wirken. Mir persönlich liegt der Stil eines Ender Lilies auch ehrlicherweise einfach mehr, als der eines Hollow Knight, welches zwar ebenfalls düster ist, aber doch auch sehr cartoony im Look. Ender Lilies mag dabei grafisch nicht den Polish z. B. eines Ori oder gar den künstlerischen Level der Vanillaware-Titel erreichen, ist aber trotzdem locker noch hübsch und homogen genug gestaltet, dass das Flair der Spielwelt gut rüberkommt und es gibt zudem mehr als genug einprägsame und stimmungsvolle Szenerien. Handwerklich lässt sich eh kaum etwas Relevantes (was mir gerade einfiele) beanstanden, was hier stören könnte. Toller Detailgrad, viele Hintergrundebenen, gut eingesetzte Effekte z. B. für die Tiefenwirkung und vor allem bleibt das Spiel dabei im Trubel des Gefechts fast immer übersichtlich – auch wenn man sich hier evtl. erst einmal an die visual cues in Form der mini Lensflares bei den Gegnern (kündigen die Angriffe an) gewöhnen muss. Anfangs war ich da tatsächlich etwas überfordert, diese inmitten der Effekte auszumachen. Das war aber sehr schnell kein Problem mehr.
>Auch das Charakterdesign der Heldin - die Gegner stechen hier größtenteils eher weniger heraus, was ich aber unproblematisch fand – und die Animationen sind auf einem guten Niveau und vor allem gegnerische Angriffe lassen sich anhand der Animationen auch gut visuell lesen und einschätzen (bei weitem keine Selbstverständlichkeit, wie jüngst bei Sifu festgestellt…). Vor allem die Dynamik zwischen Heldin und ihren Unterstützern ist dabei sehr liebevoll gestaltet worden und darunter sind ein paar wirklich charmante/witzige Einfälle.
>Bleiben noch Soundtrack und Story. Ersterer ergänzt die visuelle Präsentation hervorragend und hat ein paar wirklich schöne Tracks, welche die trübe Stimmung perfekt untermalen. Auch, wenn es hier imo kein absolutes Highlight auf dem Niveau von City of Tears in HK gibt. Trotzdem habe ich zwei Tracks direkt auch mal nebenbei auf Youtube laufen lassen die Tage. Die Story wiederum ist eher unspektakulär und vermutlich der austauschbarste Aspekt des Spiels. Vor allem ähneln manche Grundzüge Hollow Knight (und evtl. Souls? kenne mich da nicht aus) schon sehr, während es größtenteils bei den typischen tragischen Einzelschicksalen bleibt, die einem in Form von hinterlassenen Schriftstücken zugetragen werden. Immerhin erfreulich: die Handlung wirkt nicht so unraffbar kryptisch, wie bei anderen Spielen mit ähnlichem Szenario und ist größtenteils auch abgeschlossen. Man muss sich auch hier das Gesamtbild etwas zusammen puzzeln, aber das setzt im Falle von EL keine nahezu wissenschaftlichen Bemühungen voraus. Fand ich durchaus begrüßenswert.
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>Ach so, evtl. zur Map noch: ich habe, um im Spiel auf 100% zu kommen, knapp 21 Std. gebraucht. Lösungshilfen waren dafür nicht nötig. Bis auf eine Stelle, bei der ich kurz mal versucht war, nachzusehen, da ich mir bei meinem Lösungsansatz nicht sicher war (bis es dann doch noch geklappt hat), gab’s eigentlich auch nichts Wildes imo. Versteckte Räume werden eigentlich in 99% der Fälle durch entsprechende Wände/Böden angedeutet und bei den meisten Verstecken, bei denen es eher darum ging, entfernte oder erhöhte Positionen zu erreichen, fand ich es sogar ganz spaßig, hier die Vorgehensweise auszuknobeln. Man bekommt z. B. vergleichsweise früh einen Skill, der einen mit einem Hammer angreifen und diesen Angriff auch aufladen lässt. Tut man dies in der Luft (was man zwei Mal nacheinander kann), gewinnt man dadurch etwas an Höhe. Dadurch war es mir dann möglich, an 1-2 Absätze zu kommen, bei denen es sonst zu dem Zeitpunkt noch nicht geklappt hätte. Es lohnt sich in dem Spiel generell auch wirklich, die Karte zu erforschen, da man doch recht häufig mit Skills, knappen Ressourcen für den Ausbau der Primärskills, oder gar Relic-Slots belohnt wird. Das typische Metroid-Syndrom à la "oh, wieder Raketen, yaaay!" hat sich hier ausnahmsweise mal nicht eingestellt. Lediglich die Automap selbst hätte eine Möglichkeit für Marker gut gebrauchen können. Während die Automap zur Orientierung durchaus nicht schlecht ist, weil Positionen von Verbindungen zwischen den Räumen ausreichend lesbar angegeben werden, sorgt der komplette Mangel irgendwelcher sonstiger Angaben (außer der farblichen Unterschiedung die andeutet, dass es noch etwas zu finden gibt im jeweiligen Raum) für unnötiges Backtracking. Ich hab eigentlich nach jedem neuen Skill, der meine Bewegungsmöglichkeiten ergänzt hat, nochmal alle bisher noch nicht gelösten Räume abgegrast und zu häufig stand ich dann auch einfach vor einem verschlossenen Tor oder dergleichen, welches ich schon wieder vergessen hatte und womit der Weg komplett umsonst war. Schon die Option irgendwelcher farbiger Marker, die der Spieler selber hätte setzen können, hätte dieses Problem sehr einfach gelöst. Auch dass Die Räume auf der Automap nur sehr grob und eigentlich nur in ihrer Größe angedeutet werden, kann manchmal etwas verwirren, wenn die Struktur in der Realität dann doch stark abweicht.
>Davon ab fällt mir aber eigentlich nichts an nennenswerter Kritik ein. Evtl. als Tipp noch: ich habe mir direkt zum Start die Steuerung angepasst und zwar insofern, dass ich 1. bei dem zweiten Skill-Set die Steuerung auf "Hold" gestellt und 2. den Button dafür auf L2 gelegt habe. Fiel mir so wesentlich leichter, im Getümmel auf die zweite Reihe an Skills zuzugreifen. Vorher mit der Toggle-Einstellung, welche default ist, hatte ich es immer wieder verpeilt, welches Set gerade aktiv ist. Eventuell geht es Anderen ja ähnlich.
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>Fazit: imo ein no-brainer für jeden, der was mit Metroidvanias und/oder guter 2D-Action anfangen kann und dabei nicht auf eine gelungene Präsentation und guten Umfang verzichten will.


Ich habe es schon vor einiger Zeit platiniert und fand es auch gut, aber nicht wirklich mehr. Das lag aber eher am Kampfsystem. Nicht, dass dieses schlecht war, aber es hatte so einen Soulslike-Touch. Dadurch kommt man eher langsam vorwärts und ich mag eher den Flow eines Bloodstained oder Castlevania bei dieser Art Spiel.

Negativ ist mir die Musik in Erinnerung geblieben. Auch diese war nicht schlecht. Aber das komplette Spiel war mit trauriger Klavierstimmung hinterlegt, die auch noch recht häufige Wiederholschleifen hatte. Das war nicht meins, auch wenn es zu Dauerregen usw. passte.

Ansonsten ja, gutes Spiel. Aber für mich nicht mehr.


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