Thema:
Meine Gedanken flat
Autor: mat
Datum:18.06.22 01:56
Antwort auf:Elden Ring #7 - keep rolling, posting and hating von JPS

Will auch noch ein paar Dinge loswerden. Weiß nicht, wie ich die ganzen Gedanken strukturieren soll, also hau ich einfach mal raus.

Warnung 1: UNMARKIERTE SPOILER.
Warnung 2: Lang.

Zunächst mal bin ich dankbar, dass meine "Elden Ring"-Erfahrung wesentlich entspannter war als die mit anderen From-Titeln.
Ich bin seit meinem ersten "Dark Souls"-Run begeistert von diesem Genre, hab mich aber (abgesehen von einem "Ashen"-Run im Coop) auf From-Games beschränkt. Und von all diesen Games hab ich eben nur Dark Souls 1 durchgespielt (das dann aber ungefähr fünfmal). Das war zu einer Zeit, in der mein Alltag um einiges stressärmer war als heute - womöglich kam ich deswegen besser mit der Anspannung klar. Die anderen From-Titel, die ich angespielt habe (DS2, DS3 und Sekiro), hab ich alle nach einiger Zeit liegen lassen, weil ich nach einem anstrengenden Tag halt eher Lust auf fluffigere Spielerlebnisse mit weniger "Stakes" hatte.
Elden Ring hat den Fokus etwas vom Bestehen von Kämpfen hin zum Exploring verschoben. Dadurch wurde der Spielfluss etwas aufgelockert bzw wurde man auch zaghafter an anstrengendere Stellen herangeführt.
Gleichzeitig erleichtert die Tatsache, dass ein Completionist wie ich beim möglichst umfassenden Erforschen auch automatisch stärker wird, die späteren Encounter ungemein. Dabei muss ich sagen: gegrindet habe ich nicht eine Sekunde. Bei all dem Content hatte ich kaum mal einen Moment, an dem meine To-Do-Liste nicht pickepackevoll voll war.

Ok, wo ich schon von Completionists rede: genau wie bei BotW (zu dem ER naturgemäß viele Parallelen aufweist) kann man bei ER eigentlich kein Completionist sein, sonst wird die Frenzied Flame einem vermutlich auch im Real Life aus den Augen schießen. Sei es, 900 Koroks zu sammeln oder in ER jede Illusiory Wall zu finden - so viel Lebenszeit kann und will ich nicht aufbringen, um all das zu schaffen. Das sehe ich natürlich nicht als Kritikpunkt, sondern denke, dass Spiele dieser Kragenweite eben so viele Aufgaben enthalten müssen, damit die Welt nicht leer erscheint.

Und wo ich schon von BotW rede: die Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten, finde ich aus Gamedesign-Sicht sehr interessant.
Bspw hat BotW die Welt anhand der Koroks und Schreine pickepackevoll mit kleinen und mittelgroßen Aufgaben gepackt - wobei ich auch die Titanen eher als mittelgroße Aufgaben wahrgenommen habe, und die Koroks teilweise fast schon lächerlich winzige Einzelaufgaben waren (lege Stein an korrekte Position, fertig). Elden Ring hat die Aufgaben im Vergleich eher verdichtet: es gab weniger davon, dafür waren diese aufwendiger - und natürlich gab es mehr als genügend (bei BotW schmerzlich vermisste) Dungeons.
Insgesamt haben für mich beide Ansätze sehr gut funktioniert. Die mir von den Aufgaben (nicht aber vom Worldbuilding und der optischen Dichte) her etwas leerer erscheinende Welt von ER stellt imho einen gewissen Nachteil dar (wenigstens findet man aber an jeder Ecke Zutaten fürs Crafting), dafür gewinnt ER klar in der Kategorie Dungeons und größere Aufgaben.
Dann die unterschiedlichen Konzepte, wie man sich in der Welt fortbewegt, Klettern und Gleiter vs Torrent. Da hat für mich BotW klar die Nase vorn, weil die Fortbewegung immer soo viel Spaß gemacht hat, aber mir ist schon klar, dass das so für ER vielleicht etwas zu... Arcade-haft gewesen wäre. Mal davon abgesehen, dass die From-Engine vermutlich stark umgebaut hätte werden müssen, um solche Spirenzchen zu unterstützen. Ein bisschen arcadig ist Torrent mit seinem Doppelsprung wiederum natürlich auch. ^^
Eine Gemeinsamkeit ist mMn das Endgame - die Art des Spiels gibt da eine gewisse Struktur vor. Sofern Gegner nicht mit dem Level des Spielers skalieren sollen, ist der Completionist auf spätere Konfrontationen einfach besser vorbereitet als jemand, der weite Teile des Spiels links liegen ließ.
Interessant finde ich dabei, dass es bei BotW der Endboss selbst ist, der einfacher wird, je ausführlicher man vorher vorgegangen ist, während bei ER dafür der Spieler stärker wird. Ok, Link hat gegen Ende natürlich auch mehr Herzen und die eine oder andere Fähigkeit. Naja.

So (also als weitgehender Completionist) war ich jedenfalls gut genug vorbereitet, um im Endgame kaum noch auf Probleme zu stoßen.
Als ich auf Malenia traf (Level 150, glaub ich), sie zweimal probierte und sie mich beide Male komplett zerschnetzelte, war ich sicher, dass sie eine Wand darstellen würde, an der ich tage-, wenn nicht wochenlang zu knacken haben würde. Zwei Kollegen hatten zudem von viel Frust erzählt, sie sei unfair und broken und sie hätten das Spiel fast drangegeben ihretwegen. Hab mir also erstmal noch die Umgebung angesehen und bin später zurückgekommen.
Habe dann mit verschiedenen Taktiken experimentiert und saß beim insgesamt glaub ich siebten Versuch mit offenem Mund da, weil sie nur noch ca 20px HP hatte (wohlgemerkt bei 1440p ^^), als ich dann doch an Scarlet Rot verstarb, weil ich nicht aufgepasst hatte. Mit der gleichen Taktik wie im vorherigen Versuch (Mimic, Bloodhounds Fang, viele Jump Attacks, nicht locker lassen, möglichst stunnen oder gar stun-locken) hab ich sie dann im nächsten Versuch besiegt. Habe gerade mal zwei Estus verbraucht, und habe überhaupt nur zweimal den Übergang in die zweite Phase gesehen. Das war dann also der schwierigste Boss im Spiel. Keine Ahnung, obs an meinem Level lag, an meiner Taktik oder ob ich einfach sehr, sehr gut bin (nooope), aber meine Erfahrung mit ihr wurde den Geschichten absolut nicht gerecht.
Noch weniger Schwierigkeiten hatte ich mit dem Fire Giant, von dem ich hier öfter gelesen hab, dass Leute da vor eine Wand liefen.
Auch keinen der letzten drei Bosse (Godfrey, Radagon, Elden Beast) musste ich öfter als drei, viermal probieren. Die Taktik war eigentlich am Schluss immer die gleiche (s.o.). Sie involvierte aber immer auch den Mimic, also zählt das womöglich alles gar nicht. ^^

Achso, die Gargoyles hätten zum Problem werden können - habe gegen die kaum Land gesehen und nicht auch nur einmal einen von ihnen gelegt. Leider (und das meine ich so) sprangen die beiden während Versuch fünf oder sechs nacheinander in den Abgrund. Schöne Geschichte, ja, aber eigentlich wollte ich sie lernen und fair besiegen. So kommt mir das immer noch sehr cheesy vor, aber ich schwöre, ich habs nicht drauf angelegt.

Ok. Abgesehen von Pipilala-Malenia und all den anderen leichteren Gegnern ( :P ) hatte ich natürlich auch schwierigere Erlebnisse. Nicht dass mir bei den genannten langweilig gewesen wäre - mir ging schon ordentlich die Pumpe, zum Beispiel bei Mogh, wo ich gerade die letzte Jump Attack begann, während dieser gleichzeitig zum letzten Schlag ausholte. Wäre mein Schlag hundert Millisekunden später gelandet, wäre ich down gewesen und nicht Mogh. Estus hatte ich da natürlich keinen mehr. Einer dieser typischen Momente, wo man zu viel will, es aber gerade noch so klappt.
Oder natürlich bei Malenia - all die Geschichten über sie sorgten für eine Menge Anspannung und einen spannenden Kampf, obwohl sie mir in meinem letzten Versuch kaum noch gefährlich werden konnte.
Richtig fies fand ich primär die Crucible Knights. Auf meiner To-Do-Liste steht immer noch wörtlich "Fucking ZWEI Crucibles in Auriza Heros Grave" und das wird da auch nicht mehr verschwinden. Ich geh da nie wieder hin. Ein Crucible ist beschissen genug. ^^
Mehr Aufwand und Schwierigkeiten bereitete mir auch der Dragonkin Soldier in Siofra River - den bin ich glaub ich einfach zu früh angegangen. War natürlich umso schöner, als ich ihn dann doch legte.

Was einerseits zu einem ruhigeren, weniger anstrengenden Spielerlebnis geführt hat, hat auch bedingt, dass ich bestimmte Dinge vermisst hab. Denn der legendärste Bossfight meiner Zocker-Karriere ist und bleibt Kalameet aus dem DLC von Dark Souls, und den musste ich, um ihn schlussendlich zu schaffen, so haarklein lernen, dass ich auf jeden Angriff immer genau die richtige Antwort hatte (und es gab natürlich auch immer nur eine einzige). Etwas vergleichbares hat mir ER nicht geboten, was natürlich auch damit zusammenhängt, dass ich oft auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad gespielt hab (also mit Ashes, ggf Summons). Ist aber nix Schlimmes. Keine Ahnung, ob ich einen Kalameet mit fast vierzig und zwei Blagen an der Backe überhaupt nervlich überstehen würde. ^^

Ein bisschen schade fand ich meine Erlebnisse mit der Waffenmechanik. Nicht nur fand ich es schwierig zu entscheiden, ob eine frisch gefundene Waffe einen Stich (haha) gegen meine hochgelevelte Waffe machen könnte (jedes Mal Stats googlen?!), ich habe auch nie etwas gefunden, das meinen Bloodhounds Fang ablösen konnte. Von ca Stunde 30 bis zum Schluss lief ich also mit der gleichen Waffe rum. Habe natürlich auch andere ausprobiert, aber nichts kam (laut meinem Gefühl) der Durchschlagskraft vom BHF nahe. In der Hinsicht muss ich BotW loben, denn auch wenn ich die Beschwerden bezüglich der Waffenmechanik prinzipiell nachvollziehen kann, hat diese mich mit einem besseren Gefühl zurückgelassen und vor allem weit mehr Abwechslung erzeugt. Ich weiß, interessante Einzelmeinung.

Mein eigenes Fehlverhalten ist definitiv, dass ich diverse Mechaniken komplett ignoriert habe.
Ich hab in den bisherigen From-Games auch nie Magie benutzt, also wurden alle Flaschen direkt am Anfang in HP-Tränke konvertiert und weder Faith noch Intelligence je gelevelt - und Mind nur so weit, dass ich meine jeweilige Lieblings-Ash beschwören konnte. Habe dann folgerichtig im ganzen Game nicht eine einzige Incantation oder sonstwas gesprochen.
Ich habe auch im ganzen Game vermutlich zwei Pots geworfen.
Ich habe nicht ein einziges Mal eine Great Rune aktiviert. Ich hatte am Schluss glaub ich 57 Rune Arcs. :D
Ich habe die Ash-of-war-Angriffe kaum ernsthaft in Kämpfen eingesetzt. Ausnahme ist dieser Wirbelwind auf irgendeinem Schild aus Stormveil, der mir eine Zeit lang einen Parry bot, bis ich einen Schild mit normalem Parry und ohne FP-Verbrauch fand.
Ich habe auch buffende Consumables nur ganz selten mal genutzt. Bestenfalls die Greases, ein paar Mal so ein Stück Fleisch, das mehr Physical Damage verlieh. Konnte mich aber auch nie durchringen, für etwas Stamina-Regen einen Schildkrötenhals zu futtern (geschweige denn, für Crafting-Zeug eine Schildkröte zu töten! Wer das gemacht hat, ist ein schlechter Mensch! Eichhörnchen sind aber ok).
Parfüms habe ich immerhin ein paar Mal benutzt. Eines erzeugt einen Schild, der den Schaden durch den nächsten gegnerischen Treffer stark reduziert, das ist schon sehr mächtig. Hab ich aber auch irgendwie nur einen Abend lang genutzt. Zudem habe ich den Effekt irgendwann auch auf einem Talisman gefunden (da war aber volle Health Voraussetzung), also wurde das auch weniger hilfreich.
Letzten Endes bin ich jedenfalls Gewohnheitstier, deswegen haben mich diese Dinge kaum angemacht. Soulslike dürfen für mich immer gleich sein, also auf coole neue Mechaniken komplett verzichten. Ich benutze sie sowieso nie. Stances in Dark Souls 2? Knarre in Bloodborne (zumindest in den 15 Minuten, die ich das bei einem Kumpel gezockt hab)? Nee. Das soll immer alles sein wie in Dark Souls 1. :D

Was bleibt zu sagen? Die Erlebnisse in dieser verrückten, großartigen Welt haben für mich einen großen Teil des Spiels ausgemacht. Als ich unter Stormveil den Prince of Death fand, als ich das erste Mal Crumbling Azula betrat (leider gespoilert durch Artworks, die mir vor meiner Nachrichtensperre untergekommen waren), als ich das Ding hinter Fia am Ende ihrer Questline sah, als das erste Mal ein Schaf wegrollte, das Auge in der zweiten Phase des Fire Giant, der Kampf gegen Renalla (so unproblematisch wie wunderschön), eigentlich die ganze Alexander-Questline (<3! War wirklich traurig, als ich ihn umbringen musste), als Rya plötzlich in ihrer wahren Form vor mir stand ("Ah, upsi, ich bin noch ne Schlange, ne? LOL, sorry!"), der brennende Erdtree, die Schönheit des Elden Beast... alles Erlebnisse, die ich nicht vergessen werde. Danke From für diesen kranken Ritt.

Tja, was nun? Genug von ER hab ich eigentlich nicht, obwohl ich fast 200h auf der Uhr und seit Release kein anderes Game angerührt hab. Habe dann aber so semi-motiviert im NG+ herumgefuhrwerkt und fix Godrick verkloppt, aber das ist mir gerade zu einfach. Ich müsste wohl über meinen Schatten springen und einen Magie-Run mit freshem Char machen, so könnte ich aus dem Game wohl noch etwas rausquetschen. Könnte auch auf Magie respeccen, eine große Auswahl an Spells habe ich definitiv. Da die oben genannten Erlebnisse aber nun schon erlebt sind und ich vermutlich bis auf ein paar unvollendete Questlines und Kleinkram das ganze Game gesehen hab, weiß ich aber gar nicht, ob ich mich zu einem weiteren Run aufraffen kann.
Vielleicht steigere ich in einem anderen Run auch mal den Schwierigkeitsgrad und verzichte auf Summons.
Drei Enden habe ich dank einer geschickt getimeten (?) Kopie meines Spielstands auch gesehen (Ranni, Frenzied Flame und eins der Standard-Enden).
Bei BotW gab es mit dem Master Mode zumindest für mich mehr Anreiz für einen zweiten Run. Da habe ich selbst danach noch Lust drauf gehabt und um die 1000h versenkt. In diese Größenordnung wird ER recht sicher nicht vorstoßen.

Immerhin hab ich Lust auf die From-Titel bekommen, die hier noch unvollendet rumliegen. Für Elden Ring hab ich mir (wie an diversen anderen Stellen in meinem Lieblings-Gaming-Forum von mir erwähnt und von diesem konsequent ignoriert :P ) einen iPad-Halter für meinen 8bitDo-Controller 3D-gedruckt, so dass ich jetzt dank Inhouse-Streaming eine Infrastruktur habe, die es mir erlaubt, im Familienumfeld auch öfter mal PC-Spiele anzuwerfen. Das ging vorher nicht, so dass ich hier immer nur mit der Switch saß (die ist natürlich auch seit dem ER-Release etwas verstaubt).
So werde ich aller Wahrscheinlichkeit nach bald mal wieder in DS3 und vielleicht sogar in Sekiro (mit dem ich damals nicht so gut klar kam) reinschauen.

Es wird auf jeden Fall schwierig, dieses Loch zu füllen, das mein Sieg über das Elden Beast und meine Reise zu den Sternen mit Ranni gerissen haben.


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