Thema:
Re:Der Grappling Hook ist dein Freund... flat
Autor: token
Datum:23.02.22 11:18
Antwort auf:Re:Der Grappling Hook ist dein Freund... von Baseman

>Dem kann ich nichts hinzufügen.
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>Vielleicht ein Thema, der Schwierigkeitsgrad. Dazu wollte ich schon vor ein paar Tagen was antworten, habs aber dann vergessen. :)
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>Ehrlich gesagt bei beiden, aber bleiben wir mal bei Forbidden West, halte ich die höheren Schwierigkeitsgrade nicht zwingend für besser. Auf diesen Trichter bist du ja auch gekommen, wenn auch aus teils ganz anderen Gründen.
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Bei Forbidden West ja, bei Zero Dawn ganz klares Nein. Dass ich schon prophylaktisch hochgestellt habe, lag an den Erfahrungen mit Zero Dawn wo Hard für mich das Spiel eine Klasse besser und interessanter und unterhaltsamer gemacht hat. Nach Umstellung bin ich da drauf geblieben und hab auch den DLC so durchgezockt.

Dass das was daran im Erstling so unterhaltsam war hier nicht so recht zündet hat imo Gründe.

>Das grundsätzliche Stein-Schere-Papier Prinzip des Combats ist in meinen Augen der primäre Reiz. Die potentielle Konsequenz bei Missachtung, aber nicht die direkte Bestrafung zB. durch schnelles Ableben. Auf Normal muss ich vielleicht nicht auf jeden Wert extrem penibel achten, auch werden mir mehr Fehler in der Momentaufnahme verziehen, aber das Prinzip greift trotzdem äußerst gut.

Dem wage ich mal aufgrund der gemachten Spielerfahrungen zu widersprechen.
Zum einen, je nach Macht des Gegners macht die falsche Rüstung den Unterschied zwischen Instakill und sich noch retten können. Gerade auf Normal gibt es, wenn man Hard gesehen hat, unglaublich auffällige KI-Gummibänder wo Gegner genau dann wenn sich dich ficken können, schlagartig das Interesse verlieren und brav warten bis du dich sortiert hast. Dadurch geht mir irgendwie die Spannung verloren weil sich Siege nicht nach Verdiensten anfühlen, es wirkt einfach egal wie man spielt.
Das zieht sich aber auch genau so in die Offensive rein. Ein Feld mit u.a. zwei schießwütigen Viechern mit fetter Plasma am Rücken. Einen kannst du dodgen, zwei kannst du nicht im Auge behalten, man schaut auf Hard sowas und weiß, ich muss die Step One bei beiden vom Rücken sprengen, sonst fliegt mir genau das instant um die Ohren. Es werden Schlachtpläne gemacht, Strategien umrissen, man hat einen Plan, und vor allem, man braucht diesen Plan, man MUSS vordenken und die Probleme vorab analysieren und Gegenmaßnahmen einleiten bevor es überhaupt dazu kommt.

Auf Normal ist es egal, es hilft sich vorher Gedanken zu machen, aber sich Gedanken zu machen braucht am Ende mehr Zeit als einfach ins Feld zu springen und alles on the fly zu regeln. Das ist keine "Jagd", das ist ein Gemetzel. Und das Gemetzel funktioniert.

Was Zero Dawn hierbei hatte, war aber ein halbwegs klar umrissener Rahmen an Werkzeugen und "Spezialisten" wie auch Gegner die man nachhaltig lernen konnte.
Forbidden West hat keine klare Struktur, gleiche Gegner wechseln Weaknesses und Bewaffnung wie Unterhosen, alle Waffen können irgendwie alles und damit auch nichts wirklich so überzeugend dass man sie braucht. Und das ist halt mühsam. Ein Gedanke gestern war auch mal zu kucken was die Endgame-Waffen sind, weil ich dachte, dann hol ich mir da und probiere mal mit diesen wieder diesen Jagdanreiz wachzuküssen mit etwas mehr Statik im Setup und einem klaren Ziel vor Augen. Und musste lachen weil die besten Waffen wohl solche waren die ich schon gesehen habe und nicht wollte weil da was störendes drin war, wo ich dachte, das wird es auch noch in besser geben. Forbidden West schafft es bei mir persönlich wirklich bravourös dass mich mein Gear nicht motiviert und bockt sondern durchgehend nervt mit all den Überlappungen, Falschausrichtungen bei fest installierten Perks oder gezieltem Untergraben möglicher Synergien.  

>Die Belohnung ist praktisch ein zackig abgewickelter Encounter, mit dem Wissen das der sich selbst auf Normal absolut elendig spaßfrei ziehen kann, wenn man eben nicht den taktischen Regeln des Combat folgt. Insbesondere bei langen & breiten OW-Spielen, halte ich das für die beste Lösung. Ich kann kein 100std Schinken dauerhaft in angestrengter Returnal Sitzposition* spielen, das gesamte Pacing dieser Spiele ist darauf auch nie ausgerichtet, zumindest kenne ich keinen einzigen Genre Vertreter. Selbst wenn sehr viele Stellschrauben stimmen, brennt man in kürzester Zeit aus.
>

Aber das war ja der Clou im ersten Teil auf Hard, wie man immer coolere Strategien entwickelt hat, und einfach nur die Strategie der Gamechanger war zwischen walk in the park gegen anfangs unmöglich erscheinende Konstellationen und komplettem Chaos wo man wirklich fliehen muss weil man merkt, no chance.
Gegner wirklich lernen, an ihre "echten" Schwachstellen rankommen und freilegen und dann in die Eier treten statt einfach nur kaputt zu trommeln und die offensichtlichen Auslöser anzugreifen bis es halt kippt.

Ich hab das wirklich hart gefeiert, es war der Aspekt der mich Zero Dawn am krassesten abgeholt hat, diese Schlachtpläne und die Finesse, wie "Wissen" mächtiger macht, wie "Planen und Vorbereiten" exorbitante Unterschiede in den Abläufen darstellte, und dass man es auch machen "musste" um Erfolg zu haben.

Aber ja, in Forbidden West ist das nicht mehr am Start, statt zu befriedigen frustriert es hier nur und kostet viel zu viel Zeit und die Erfolge bringen viel zu wenig an möglichen Verbesserungseffekten. Dafür sind hier nun viele andere Dinge deutlich besser als im Vorgänger und wiegen diese unsortierten Fragmentierungen des Kampf- und Gearsystems mit anderen Stärken halbwegs auf.
Nichtsdestotrotz bin ich natürlich auch enttäuscht, dass das worauf ich mich hier am meisten gefreut hab, so kaputt evolutioniert wurde.


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