Thema:
Technische Highlights und Enttäuschungen flat
Autor: JPS
Datum:14.02.22 14:53
Antwort auf:Horizon Forbidden West [PS4|5] von Deashcore

Was waren im Laufe Eurer Gamer-Karriere die wichtigsten technischen Wow-Erlebnisse und welche relevanten technischen Fortschritte haben Euch im Gegenzug dazu eher enttäuscht?

Meine Wow-Erlebnisse in chronologischer Reihenfolge:

Thunderforce III (1990, Mega Drive)

Vom C64/Amiga kommend sind mit beim ersten Anblick des Parallax-Scrollings in einem Importshop in München fast die Augen herausgefallen. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir dabei der Lava-Level, bei dem das Hintergrundbild auch noch diese Wellenbewegung hatte.

Die markante Musik des Mega Drive Soundchips und die ikonische Komposition von Tecno-Soft (deren Mega Drive Spiele erkennt alle blind an der Musik) haben den beeindruckenden Eindruck noch weiter verstärkt.

Kombiniert mit den Berichten zu Mega Drive Importen in der Video Games war Thunderforce 3 der Hauptgrund für meinen Kauf eines jap. Mega Drives und nach C64 und Amiga meine erste bewusst gekaufte Konsole (Jahre zuvor hatte ich mal ein Atari 2600).

Wolfenstein 3D (1992, PC)

Ich weiß gar nicht mehr genau wie ich an das Spiel herangekommen bin. Entweder wie damals üblich als Kopie aus dem Freundeskreis oder es war auf einer der Shareware-Sammlungen, die ich in den Anfangstagen der CD-ROMs gekauft hatte. Durch die unterbundene Berichterstattung in deutschen Medien bin ich aber vermutlich eher zufällig als bewusst darauf gestoßen.

Jedenfalls war Wolfeinstein 3D das erste 3D-Spiel, das mich wirklich überzeugen konnte. Die hohe Grafikqualität in Kombination mit einer gut spielbaren Framerate war einfach so viel besser als alles was ich von frühen 3D-Versuchen anderer Entwickler kannte. Alle anderen Spiele hatten entweder keine Texturen oder eine Framerate im gefühlt einstelligen Bereich. Auch das Gameplay war top und komplett neuartig.

Ridge Racer (1993, Arcade)

Bei einem meiner wenigen Besuche einer vernünftigen Spielhalle habe ich zum ersten Mal Ridge Racer gesehen. Das wirkte auf mich wie ein Blick in die Zukunft und war eines von wenigen Arcade Games, das mich wirklich umgehauen hat und bei dem ich den Eindruck hatte, dass die Grafik in der Spielhalle den Konsolen Jahre voraus ist.

Ridge Racer war das erste Spiel, bei dem ich die Spielegrafik als extrem nahe an der Realität wahrgenommen habe und es mir realistisch schien, dass Spiele bald die Qualität eines Spielfilms erreichen.

Dass die Auflösung und nachträglich betrachtet natürlich auch die Details der Grafik noch sehr weit weg davon waren, wurde wohl auch dadurch überdeckt, dass damals noch abgenudelte VHS Kassetten aus der Videothek mein Grafikstandard für Filme waren. Das kann man in der heutigen Zeit, in der bereits Blurays mit Full-HD detailarm gegenüber 4K wirken, kaum mehr nachvollziehen.

Wing Commander 3 (1994, PC)

Ein Spielfilm zum Spielen (obwohl es tatsächlich nur sehr umfangreiche Zwischensequenzen waren) und das auch noch mit dem bekannten Darsteller Mark Hamill. Das war damals schon extrem beeindruckend, wenn auch rein technisch vielleicht keine ganz so herausragende Leistung wie die anderen genannten Spiele.

Soul Calibur (1998, Dreamcast)

Mit Soul Calibur wurde für mich das Zeitalter von 3D-Grafik in "HD" eingeleutet. Die doppelt so hohe Auflösung gegenüber Playstation, Saturn und N64 war für mich der mit Abstand größte Schritt was die Auflösung angeht. Das dann noch mit der Option die Grafik per VGA-Box auch in seiner vollen Pracht dargestellt zu bekommen, war einfach beeindruckend.

Verstärkt wurde das auch dadurch, dass ich mit vielen 3D-Spielen unzufrieden war und in der vorherigen Generation noch oft der liebevollen und detaillierten Pixel-Art-Grafik nachgetrauert habe. Dreamcast und Soul Calibur haben mir gezeigt, dass nun tatsächlich 3D-Spiele in vielen Genres funktionieren können.

Die späteren Schritte auf 720p, 1080p, 1440p und 4K waren zwar auch immer deutlich sichtbar, aber nie mehr so relevant wie das was Dreamcast unter anderem mit diesem Vorzeigetitel in den Konsolenbereich gebracht hat (und dabei in der Darstellungsqualität auch bis zum zu frühen Tod des Systems der flimmernden PS2-Grafik überlegen war).

Cyberpunk 2077 (2020)

Cyberpunk war trotz aller Mängel das Spiel das Raytracing für mich wirklich interessant gemacht hat und aufgezeigt hat, dass damit eine sinnvolle und wichtige Richtung eingeschlagen wurde. Der damit auf einem High-End-PC erzielte Fortschritt war weit größer als ich das in der heutige Zeit, in der grafische Fortschritte eher fließend und fast unbemerkt stattfinden, noch für möglich gehalten hätte.

Cyberpunk ist zwar (zusammen mit Wing Commander 3) eher am Ende meiner Liste einzuordnen, aber trotzdem die technisch herausragendste Erfahrung der letzten 10 Jahre.


Enttäuscht haben mich hingegen folgende Ereignisse:

PSX/SAT 3D-Grafik

Die frühen 3D-Konsolenspiele waren für mich damals überwiegend ein großer Rückschritt. Was bei der guten PSX-Version von Ridge Racer durchaus sinnvoll war und auch beeindruckt hat, war bei vielen anderen Spielen und Genres einfach nur ein Ärgernis.

Nach den liebevollen und detaillierten Spielwelten der 16bit Zeit, war die detailarme Polygon-Grafik mit den pixeligen und schwabbeligen Texturen vieler PSX-RPGs, Vs-Figher und Jump&Runs einfach nur enttäuschend. Spielerisch gebracht hat es gerade bei den RPGs auch nichts, da man trotzdem nur auf einer zweidimensionalen Ebene herumgelaufen ist.

Zum Glück hat den Quatsch nicht jeder Entwickler mitgemacht, so dass wir in der Zeit trotzdem noch Perlen wie SOTN bekommen haben, das dadurch im Gegensatz zu den ganzen 3D-Spielen auch heute noch relevant und gut spielbar ist.

Neo Geo

In Videospiele-Zeitschriften wurde damals das NeoGeo als das große neue Ding angepriesen. Als ich das Teil dann mal live gesehen habe, war ich aber einfach nur enttäuscht.

Die meisten Spiele sahen für mich nicht wirklich besser aus - technisch waren sie das zwar vielleicht, aber die Grafiker/Designer konnten das IMO gerade bei den frühen Titeln kaum ausnutzen, so dass ich die Grafik vom Gesamteindruck oftmals sogar schlechter als die von den Top-Entwicklern auf SNES und Mega Drive fand.

Nachträglich betrachtet gab es natürlich schon gute und den 16bit-Konsolen grafisch überlege Spiele wie die Samurai Shodown Reihe, Garou - Mark of the Wolves und das eine oder andere Shmup, aber in der Anfangszeit und in der Breite konnte mich das System damals wirklich nicht neidisch machen und dem Hype gerecht werden.

Arcade-Titel der 80er

Arcade-Titel galten lange Zeit als technisch den Heimcomputern und Konsolen überlegen. Gerade in den 80ern hat man hier aber fast durchgehend beim Sound gespart, so dass diese Titel jetzt beim Nachholen regelrecht Ohrenschmerzen verursachen und für mich allein dadurch nahezu unspielbar sind.

Diese Spiele klingen fast durchgehend schlechter/schriller/unangenehmer als ein C64-Spiel. Spiele wie Bubble Bobble (1986) sind seltene Ausnahmen, die extrem aus dem Rest herausstechen. Einfach mal bei Youtube "Top 10 Arcade Games 198x" eingeben - und das sind dann schon die Highlights der Jahrgänge.

Ziemlich genau Anfang der 90er (sehr vereinzelt in den späten 80ern) kam dann die dringend notwendige Wende und Spiele aus dieser Zeit sind dadurch auch heute noch sehr gut spielbar und für mich noch immer auf MiSTer&Co. interessant.


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