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Re:Tolles Spiel, aber der letzte Boss bricht mir flat
Autor: token
Datum:17.10.21 15:26
Antwort auf:Tolles Spiel, aber der letzte Boss bricht mir von raist

Mach dir nix draus, so geht es mir auch.
Das Spiel finde ich toll, aber über die Steuerung kotze ich bis zum Abspann im Strahl.
Es ist auch kein individuelles Problem von dem ganz wenige betroffen sind, habe ich Streamer geschaut nachdem ich eine Etappe gemeistert habe um zu kucken ob ich was cooles übersehen habe und wie die mit den Problemstellungen klar kommen, habe ich durch die Bank gesehen dass ständig Aktionen getriggert wurden, die sie nicht triggern wollten, Aktionen die triggern wollten nicht getriggert bekommen haben, oder in sich gehen mussten um nochmal kurz zu überlegen wie etwas eigentlich geht.

Es ist grundsätzlich absurd, Samus hat im Grunde selbst voll ausgerüstet ein halbes Dutzend Fähigkeiten, aber alles ist ein einziger Krampf. Und das haben sie, zu dem Schluss komme ich aufgrund diverser Umgebungsrätsel welche die trolligen Eigenheiten gezielt in Grenzbereiche treiben, offenbar ganz bewusst und gezielt so gebaut.
Diese Spielart wo ein Interface umständlich ist mag ich grundsätzlich, aber auch nur in spezifischen Genres.
Ein Guitar Hero funktioniert so, es geht halt darum dem Spieler die Illusion zu geben Akkorde zu greifen, solche dann umzugreifen etc.
Das ist da halt auch das Konzept des Spiels und triggert folgerichtig die Illusion man würde sowas machen wie Gitarre spielen, und es sind auch tolle Erfolgserlebnisse in so ein Interface sukzessive reinzuwachsen.

Aber in so einem Spiel will ich halt eins mit dem Charakter werden. Und da soll das Interface so einfach, direkt und schlank wie nur irgends möglich sein, damit ich schon nach 30 Minuten dass Interface gar nicht mehr wahrnehme. Das Spiel soll schwer sein, also das was im Spiel passiert, und nicht die Ausführung der Aktionen. Ich will keine Trockenübungen machen müssen wie ich was greife und ich will die Dinge die ich im Spiel machen möchte einfach tun, und nicht auf bestimmte Aktionen gezielt verzichten weil ich da Gefahr laufe dass das meine Konzentration bricht und ich den Zugriff verliere.

Als Beispiel etwa die Chozo-Soldaten, mit denen du dich auch schwer tust.
Ich hab da die "Strategie" die ganze Zeit R1 zu halten, so dass ich darüber nicht mehr nachdenken muss, auf manuelles Zielen zu verzichten und mich nur auf Jump und Dash zu fokussieren, und durch die gedrückt gehaltene R-Taste sind halt alle Angriffe Raketenangriffe. Ich glaube das würde dir auch helfen, und es ist auch eine hilfreiche Herangehensweise für den finalen Bosskampf.

Samus steuert sich jedenfalls wie ein Bagger oder Kran. Von Außen sieht das was diese Geräte können simpel aus, aber die einzelnen Funktionen werden im Cockpit recht unintuitiv fragmentiert.
Das macht im Grunde auch Dread.
Grundsätzlich gilt bei streamlining, wenn du erkennen kannst was der Spieler will, dann ist hier auch schon der Moment wo du was auslösen kannst. Aber Dread ist wie ein OS dass Mehrfachklicks erfordert.
Du triggerst eine Aktion, und das System fragt dich, bist du sicher dass du das machen möchtest, und dann sagst du ja, und es fragt nochmal, aber bist du wirklich ganz sicher. Und über alle Aktionen hinweg total uneinheitlich.

Beispiele. Raketen haben eine eigene Taste. Heißt, diese Taste könnte direkt feuern, und für den Lockon-Angriff Hold&Release fahren. Tut es aber nicht.
Nehmen wir den Grapple. Es gibt keine einzige Situation im Spiel wo du den abschießen willst ohne den zu ankern. Heißt, auch hier könnte die Taste des Grapple diesen direkt auslösen, statt nur scharf zu machen, und sich einfach sofort verankern bis du eine Aktion auslöst die den Anker löst. Stattdessen wird ein manuelles Auslösen über Kombodruck und ein Hold erwartet. Eigentlich total simple Aktionen wie sich von einem Ankerpunkt zum anderen zu schwingen, abzulassen, neu zu ankern, sind hier Padakrobatik.

Es geht auch weiter damit dass dauernd Dinge passieren mit denen man nicht rechnet.
Etwa Bücken was in einem bestimmten Kontext nicht auslöst. Oder als Morphball fallen, da kannst du nicht nahtlos in Luftsprünge über die Sprungtaste switchen, nein, du musst dich in der Luft mit eigener Taste erstmal gezielt aus dem Status des Morphballs lösen. Und wie gesagt, diverse Umgebungsrätsel inszenieren dann solche Eigenheiten und machen sich einen Spaß daraus diese Umständlichkeiten mit kleinen Zeitfenstern zu verketten. Im Grunde braucht man an diesen Stellen eigentlich gar nicht mehr das anschauen was im Spiel passiert sondern kann einfach auf die Hände kucken da es nur noch darum geht wie in einem Gitarrenspiel Akkorde zu greifen und in einem gezielten Takt zu feuern.

Und um das ganze rund zu machen fährt man auch ein kontraintuitives Mapping was natürlich nicht verändert werden darf. Warum liegt manuelles Zielen nicht auf ZL wie bei 99,9% der anderen Spiele die manuelles Zielen haben. Und warum dann ausgerechnet auf der kleinen Tapping-Schultertaste für Sekundärfunktionen, und nicht auf der einer großen Hold-Taste für primär. Die großen Tasten sind dann beiderseits für selten eingesetzte Sekundärfunktionen drin die einen Tap brauchen oder einen Hold ohne Not einfordern.

Offenbar gibt es Leute die in diesem Ansatz eine Art von Spielwitz erkennen. Mich reißt sowas nur aus dem Spiel heraus, nervt mich und fühlt sich sehr mühsam an. Ich will die Figur sein und nicht mehr an das Gamepad denken, und nicht, dass das Gamepad bis zum Abspann eine Barriere zwischen mir und der Figur stellt. Dread zu spielen fühlte sich für mich über weite Strecken an, wie eine Präsentation in Englisch halten zu müssen. Man kann Englisch, aber man kann es nicht sicher, man weiß was man sagen will, aber kann es halt nicht direkt sagen, ständig läuft eine Art Übersetzungsleistung im Kopf ab die einen bremst.
Und so geht es mir im Spiel, ich sehe was das Spiel von mir möchte, denke in Aktionen und merke, ich muss meine Aktionen ständig im Kopf in Eingaben übersetzen, und dabei lasse ich manch Zungenbrecher gezielt weg, um eine gewisse Form von Sicherheit und Souveränität zu entwickeln, obwohl ich lieber den Zungenbrecher benutzen würde.

Ist alles nicht meine Tasse Tee was das Spiel diesbezüglich veranstaltet. Und nein, Dread ist nicht schwer, die Steuerung ist schwer. Und wenn eine gute Steuerung das Spiel zu leicht macht, dann macht dann das Spiel einfach schwerer. Denn genau dort sollte imo die Herausforderung liegen, und nicht auf den Eingaben. Das Joypad ist ein Zweckvehikel für Eingabeübersetzungen und keine Geige.

Normalerweise mache ich in solchen Spielen die 100% voll, aber hier leg ich nur noch den Boss und packe dann ein, da die Komplettierung wohl in erster Linie darauf aus ist die Spackigkeiten der Steuerung auf die Spitze zu treiben. Und diese sind für mich der größte Schwachpunkt des Spiels, noch weit vor den Emmis.
Dread macht am Ende des Tages echt unglaublich viel richtig und sehr viel davon auch richtig gut.
Aber das Interface ist dabei für mich durchgehend eine spürbare Spaßbremse gewesen. Sehr schade, und ich verstehe auch nicht was man sich dabei gedacht hat.


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