Thema:
Mit allen Collectibles durch und ich finds fantastisch flat
Autor: deros
Datum:14.10.21 01:01
Antwort auf:Metroid Dread von DasReptil

Wie kann sich ein Metroid heutzutage eigentlich von der Schwemme an Metroidvanias, die den Mark geradezu überfluten, noch absetzen? So oder ähnlich klang eine Frage, die im Vorlauf der Veröffentlichung von Metroid Dread gerne gestellt wurde. Die Antwort darauf ist offenbar eine Flucht nach vorne: Rasante Action und blitzschnelles Pacing. Ich habe im Sommer noch einmal Super Metroid durchgespielt. Bewegte sich Samus auf dem SNES noch in etwa so elegant wie ein LKW während sie langsam einen verworrenen Planeten erkundete, dessen Geheimnisse oftmals gut versteckt waren, ist von dieser methodischen Gemächlichkeit in Metroid Dread nichts mehr zu spüren. Hätte man mich vor einigen Monaten gefragt, was ich mir von einem neuen Metroid *nicht* wünsche, dann dass es nicht noch weiter in die Action-Richtung geht. Sich wieder auf die alten Tugenden rückbesinnt. Die Richtung - linearer mit wenig Raum zum Verlaufen, stärkerer Fokus auf Action - beschreite die Metroid-Reihe schließlich bereits seit Metroid Fusion. Other M setzte diesen Weg fort, ebenso Samus Returns, und Metroid Dread ist nun der konsequente nächste Schritt dieser Entwicklung..

Metroid Dread ist nicht das, was ich wollte. Metroid Dread ist gleichzeitig viel besser als alles, was ich mir von einem neuen Metroid erhoffte. Ich erhoffte mir ein Imitat von Super Metroid, etwas moderner, etwas fluffiger als damals, aber im Grunde die gleiche Richtung. Ein solides Imitat, ohne dass ich wirklich die Hoffnung gehabt habe, dass Nintendo noch einmal ein Metroid machen könnte, das wirklich an dessen Genialität heranreichen könnte. Metroid Dread hingegen ist etwas Eigenes und schafft es dabei, dass es für tatsächlich ein ganz anderes Spielgefühl als alle bisherigen Metroids hatte und sich auch im Vergleich zu den diversen Genre-Konkurrenten frisch anfühlt. Mit Metroid Fusion, das mir immer die Hand hielt, wurde ich nie so richtig warm. Samus Returns fand ich ganz gut, aber nichts Besonderes. Mit Metroid Dread hat das Konzept “Action-Metroid” für mich aber einen Punkt erreicht, bei dem die Balance stimmt und alles einfach rund ist. Samus’ Moveset ist so geschmeidig wie noch nie zuvor. Die Steuerung ist etwas überladen, gemeistert sprintet Samus aber mit einer akrobatischen Leichtigkeit durch die Welt, die mir einfach Freude macht. Das Pacing ist wahnsinnig schnell, das nächste Ziel muss nie gesucht werden, das geht zu Lasten des organischen Erkundens vergangener Tage, aber gleichzeitig gibt sich die Welt wieder offener, atmosphärischer und abschreckender als noch in Fusion und verzichtet dabei auf die Ziel-Marker die auf dem GBA noch allgegenwärtig waren. Backtracking wurde im normalen Spielverlauf fast schon eliminiert. Wenn man mal zurück in ein bereits besuchtes Gebiet muss, befindet sich eine Nasenlänge entfernt auf wundersame Weise ein angenehm platzierter Teleporter, der dich direkt an die Stelle der alten Region bringt, wo du gerade hin musst. Hier ist alles auf Speed mit minimaler Friktion getrimmt. Das ist eigentlich nicht wie ich meine Metroids präferiere, aber in Dread ist es einfach so wahnsinnig rund umgesetzt, dass ich es dem Spiel nicht krumm nehmen kann.

Dann kommen die EMMIs. Metroid Dread heißt Dread, weil Sakamotos Vision war, dass der Spieler im Kampf gegen eine übermächtige Macht Furcht verspürt. Und ich muss sagen: für mich ging der Plan auf. Ein neues EMMI-Areal zu betreten, brachte immer wieder meine Pumpe zum Laufen und der Fluchtkampf sorgte für ein angenehm unangenehmes Gefühl der Anspannung. Anders als in Spielen wie RE2 oder RE7, wo bei mir das Unwohlseingefühl von Stalker-Gegnern den Spielspaß oft überschreitet, sind die EMMI-Abschnitte stets kurz genug und Samus wenig genug, dass diese Abschnitte nie tatsächlich stressig wurden. Was mir auch sehr gefiel: Selbst, wenn man für ein Gebiet die Omega Cannon freigeschaltet hat, ist der anschließende Kampf gegen den EMMI kein Selbstläufer. Einen passenden Standort zu finden, von dem aus man genug Zeit hat um zunächst die Kopfpanzerung zu zerstören und anschließend die Kanone für den Finalschlag aufzuladen, ist oft gar nicht mal so einfach.

Nicht so einfach ist auch der Schwierigkeitsgrad des Spiels. Sollten die wenigsten im normalen Erkdunungsverlauf großartige Schwierigkeiten bekommen, war ich sehr (positiv) überrascht wie knackig schwer die Bosse ausgefallen sind. Hier wird nicht gespaßt, fast jeder Boss haut mächtig rein und wenige eingesteckte Treffer reichen aus, damit Samus zu Boden geht. Ich finde das Balancing dabei allerdings sehr interessant und motivierend: Ein eingesteckter Treffer macht zwar unheimlich viel Schaden, aber die einzelnen Attackmuster sind eigentlich nie furchtbar kompliziert. So ging ich gerne einmal in den ersten Versuchen hilflos unter, nur um anschließend, wenn die Muster verinnerlicht sind, Bosse fast unangetastet zu überleben. Hat mir viel Freude bereitet. (Und es gibt nur einen Boss, dessen Design ich etwas unglücklich fand, da ein notwendiger Schritt dort imo nicht gut signalisiert wird).  

Optik- und Art-Design finde ich ziemlich famos. Die EMMI-Abschnitte sind sehr trist, aber die machen ja zum Glück keinen großen Teil des Spiels aus. Der Rest sieht super aus, die Umgebungen sind toll, die vielen Details und Lichteffekte sorgen für eine wunderbar dichte Atmosphäre und die Framerate läuft immerhin meistens flüssig. Die UI finde ich allerdings arg hässlich und wirkt im Vergleich zum restlichen Spiel “billig”.

Habe heute den finalen Boss besiegt (was für ein Kampf!) und anschließend alle Items gesammelt. Da sind einige echt knifflige Shinespark-Puzzles dabei, die in ihrer Ausführung so frickelig wie befriedigend sind. Wenn ich die verrücktesten Moves aneinanderreihe, zeigt sich einfach wieder wie unheimlich smooth Metroid Dread einfach ist.

Hahja! Tolles Spiel, meine Erwartungen mehr als erfüllt. In meiner persönlichen Metroid-Topliste hinter Prime und Super auf dem dritten Platz und ich hoffe inständig, dass das Team Nintendo/Mercury Steam so schnell wie möglich ein Sequel in Angriff nimmt. Ha, hätte noch vor 5 Jahren mir nicht ausmalen können, dass ich die Worte “Mercury Steam” und “Metroid” mal in einen positiven Zusammenhang bringen würde. :)


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