Thema:
Zweiter Eindruck flat
Autor: token
Datum:12.10.21 21:39
Antwort auf:Metroid Dread von DasReptil

Hab mich heute nochmal dran gesetzt um dem ganzen noch eine Chance mit etwas ruhigerem Gemüt zu geben. Ich wusste ja nun was mich erwartet.

Ich bin tatsächlich auch geneigt meine EMMI-Erstdiagnose Geschlechtskrankheit auf eine Migräne abzumildern. Schlussendlich hab ich ein Stück weit ins Spiel und seine innere Logik reingefunden und konnte mich dann auch halbwegs orientieren und Progress machen.
Da zeigte sich mir dass diese Emmi-Zonen mit passender Strategie und einer Einstellung die sich mit einem effizienten Durchkreuzen dieser Zonen begnügt und nicht versucht irgendeine Form von Qualität darin zu finden, etwas sind mit dem man sich durchaus irgendwie arrangieren kann.

Aber es bleibt dabei, die Dinger sind integral und all das ist auch im Spiel so prominent aufgehangen mit Erklärungen zu den Dingern und Storyabschnitten dazu, dass sich der Eindruck erhärtet die dachten wirklich das ist ein selling point und ein geiles Feature. Nuja.

Um es klar zu machen, die Teile sind wirklich fester und durchgehender Bestandteil des Spiels. Ich bin in Set 2, das legt das Designprinzip Schnitzeljagd auf. Ziehe hier einen Schalter und irgendwo öffnet sich was, dann dort hin und Schalter, irgendwo anders öffnet sich was. Kennt man. Die Emmizone ist hierbei Teil des Sets, liegt im Zentrum, das "öffnet sich was" passiert gerne in der Emmizone. Damit ist die Zone nicht nur fortwährender Traverse im Progress sondern auch ein verkappter Sethub der im Zentrum liegt, sprich, weiß man gerade nicht genau wohin und betreibt Forschung, dann ist diese Zone der Bahnhof für die Teilbereiche.
Soviel dazu.

Dann das Gameplay. Das ist gar nicht mal so gut, und die Probleme sind durch bizarre Entscheidungen auch hausgemacht. Ich komme gerade von Spidermiles. Dieses Game hat ein Interface wo du wirklich unglaublich viel mit der Figur machen kannst, egal ob es darum geht wie man durch die Welt schwingt, oder wie komplex und variantenreich man kämpfen kann. Die Anzahl möglicher Aktionen ist um ein zigfaches höher als die Basiccontrols die mir mit Samus zur Verfügung stehen. Dennoch schafft es das Interface das alles so unterzubringen dass ich nur in absoluten Ausnahmefällen eine Art Akkord auf dem Pad greifen muss. Dread schafft das bei Standardaktionen.

Warum ist das so? Diese Frage würde ich vor allem dem Entwickler stellen. Zum einen, wenn euch manuelles Aiming wichtig ist, warum ignoriert ihr den rechten Analogstick. Ihr wisst dass es ihn gibt, denn ihr benutzt ihn als Knopf, klar, bei einem Flugsimulator wie einem Metroidvania sind 10 Knöpfe auf dem Pad natürlich nicht genug, thank god for L3 und R3, aber mal ohne Sarkasmus, wenn es für euch so wichtig ist und ihr explizit den manuellen Charakter statt Autoaim oder Softlock wollt, warum nutzt ihr nicht das Ding am fucking Pad WAS EXTRA FÜR SOWAS GEBAUT WURDE? WARUM? WARUM?!

Und natürlich hat das weitere Konsequenzen, nämlich der Resident Evil Gedächtniskleber an den Füß.
Jetzt ist es so, dass RE hierfür auch die Patterns der Gegner angepasst hat. Aber in Dread ist dem nicht wirklich so. Es gibt etwa einen einfachen Gegner der schießt zielend auf einen, er selbst bewegt sich dabei so dass er manuelles Aiming braucht. Eigentlich ein Muster das Multitasking beim Spieler abfragt, ausweichen, schießen und dabei zielen, keine rocket science für heutige Motorik. Aber ein Interface anbietet was ohne Not single tasking mit sperrigen Padgriffen anbietet. So als müsste man mit dem Interface von RE4 gegen die Gegner aus Doom Eternal kämpfen. Und da das naturgemäß nicht geht, wird dann einfach das Tempo rausgenommen damit man diese zwei Aktionen irgendwie wechselnd zwischen quetschen kann.
Macht das Spaß? Naja. Fühlt es sich gut und richtig an? Nein.

Allein die Ideen dahinter. Das Interface soll immer unbewusst laufen, du bist die Figur, du lernst Interfaces so dass du nicht mehr in Steuerungseingaben denkst sondern in den Aktionen der Figur. Wie Rad fahren, wenn ich beschleunigen will denke ich beschleunigen und nicht linkes Bein runter, rechtes Bein runter, linkes Bein runter. Warum gibt es hier also kein secondary fire sondern secondary activate und primary fire. Stell dir mal ein Rennspiel vor wo es nicht Beschleunigen und Bremsen als Taste gibt, sondern eine Taste Gaspedal, eine Taste Bremspedal, und eine Taste "Runterdrücken". Kompletter Humbug. Und wenn man sowas macht gehen einem halt die Knöpfe aus, der Spieler hat die Steuerungslogik als Immersionsbrecher zwischen sich und der Action, und die Fähigkeiten der Spielfigur werden auch noch ohne Not künstlich eingeschränkt.
Mehr geht nicht. Viel bescheuerter kann man sowas gar nicht lösen. Da muss man sich fast schon anstrengen um sich sowas krudes auszudenken, und es macht das Spiel halt komplett ohne Not schlechter, undynamischer, sperriger. Wer sowas will zockt halt mit der Rockband-Gitarre, aber ich brauch doch nicht so einen Fetisch als Standardsteuerung. Why?

Das sind so expemplarische Geschichten die sich jedoch durch alle möglichen Facetten ziehen, das Gameplay in der Sneakaction und was dort so passiert, die Standardfights, die Bossfights, wie hier progress funktioniert, nichts davon wirkt poliert oder zu Ende gedacht. Es zieht sich bis in die Inszenierung wo etwa 3D-Schwenks eingebaut werden wegen Style und so, dabei aber die Framerate auf die 30 geht, nichts greift wirklich gelungen ineinander. Viele Versatzstücke, für sich in durchaus hoher Qualität, aber die Komposition und das Arrangement harmoniert nicht und fechtet interne Konflikte aus, und du sitzt halt davor und stellst dir immer wieder eine Frage. Warum. Es könnte alles so einfach sein.

Schlussendlich seh ich dennoch ein kompetentes Machwerk mit coolem Szenario und paar Schauwerten, das ist schon gut, nur eben für das Genre gut im Sinne von auf Augenhöhe mit Titeln wie Yoku's Island oder Blasphemous. Bundesliga. Zur Euroleague wie Guacamelee fehlt dann schon was, und wenn man Dread gar in der CL verortet tut man vor allem der Finesse und dem Polish von Titeln wie Hollow Knight oder den Oris großes Unrecht, sowohl als Gesamtwerk wie auch in allen Einzeldisziplinen.
Ich kann mir solche Wertungen nur mit "Nintendo" erklären, dabei ist es nicht mal Nintendo. Und das merkt man auch.

Das wäre jedenfalls meine Meinung. Da ist ordentlich Substanz drin, aber auch unheimlicher Unfug der in sehr vielen Dingen nicht zu Ende gedacht wurde, und das schlägt sich auch durch ins Spielerlebnis.


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