Thema:
Platiniert flat
Autor: token
Datum:21.09.21 07:18
Antwort auf:Hades - Diablo/Rogue-like in der griechischen Unterwelt von Mitschel

War eine gute Zeit, aber jetzt hab ich auch wirklich genug davon.
Speziell wenn man auf Platin spielt merkt man schon dass sich das Spiel innerlich ganz schön streckt und so imo auch ein Stück verwässert.
Mir hätte da mehr Fokus und Dichte besser gefallen, besonders in der Storyschiene und beim Abschließen von Substories mittels Prophezeihungen.
Erzählerisch ist das schon übel gestreckt, ohne Ende fragmentiert und teils auch RNG-Hölle mit chaotischen Abläufen.

Beispielsweise war die vorletzte Trophy die ich freigespielt die für alle chtonischen Gefährten. Dabei hatte ich schon recht früh alle Gefährten, bis auf Achilles. Das Problem, NPCs haben ihre eigenen Questlines, aber reagieren auch auf alles mögliche im Dialog, und gerade Achilles hat zu so ziemlich allem was zu sagen. Er kommentiert wenn du mal ne andere Waffe spielst, er kommentiert wenn in einer anderen Questline was passiert, dann ist er nicht da, dann wartet er auf intransparente Trigger und hat gar nichts mehr zu sagen, schwer griffig zu beschreiben, aber ich sag mal so, das Ausspielen von Quests fühlte sich über weite Strecken so an wie in Destiny einen Rare-Drop zu jagen und hat mich in ähnlicher Weise in den Wahnsinn getrieben ;)

Aber das ist jammern auf hohem Niveau, denn an sich ist diese Metaprogressing schon ziemlich pfiffig aufgebaut und macht seinen Job. Generell finde ich kaum valide Angriffspunkte im Spiel. Ja, ich hätte dann doch gerne mehr Varianzen bei den Sets und Gegnern gehabt, man hat doch recht früh im Spiel alles relevante gesehen. Aber dass Sets und Konstellationen von Gegnern eben custom design und nicht prozedural sind, gibt dem ganzen einen tollen berechenbaren Schliff, und wenn es um Lernkurven geht und wie sich das Spiel in seinen Abläufen durch Know-How permanent und immer wieder verändert und die festen Strukturen bei einem auch eine Routiniertheit schärfen zeigt auch Vorteile dieses kompakten Aufbaus und hebt seine Varianzen dann anderswo.

Das fast makellose Herzstück ist halt das Gameplay, und es ist eben einerseits total abwechslungsreich weil man sehr sehr lange Zeit immer wieder neue Kniffe und Optionen entdeckt und total unterschiedliche Waffenarten wie auch Vorgehensmodelle bis in die Haarspitzen geschliffen sind und sich supertight steuern, und anderseits so. fucking. befriedigend!
Das Wissen um Patterns, Builds und passenden Spielstrategien macht aus einem ein totales Monster wo einem die gesamte Unterwelt irgendwann einfach nur noch leid tun kann. Es ist die totale Zerfickung. Der Payoff von Hades ist, wenn man sich da ausreichend investiert und viel probiert, einfach nur galaktisch. Dabei sind die Anforderungen an die eigene Motorik gegeben aber auch ziemlich überschaubar. Der Gamechanger ist Wissen, in deinem Kopf wächst einfach ein Baum heran, er wächst komplett unkoordiniert und chaotisch, aber er wächst stetig. Ich kann mich nicht erinnern wann ich je ein Spiel gezockt hätte, wo ich so häufig gewonnene Erkenntnisse wieder verworfen hab, weil ich doch was neues entdeckt hab, die Art wie ich es spiele einem so starkem und langem Wandel unterlag, und man dann doch irgendwann ankommt und das Fazit zieht, okay, das hier ist einfach der totale Killer und das hier sind die Funhouse-Strategien.  

Ein wirklich bemerkenswertes Spiel mit einem gloriös abwechslungsreichen und auch tief gehenden Lernprozess der dich als Spieler ernst nimmt und dich alles entdecken lässt statt vorzukauen und dabei mechanisch einfach nur top notch Arcade ist. Und ein Happy End für meinen persönlichen Kleinkrieg gegen das Rogue-Genre. Da hab ich jetzt mit Returnal und Hades doch noch Zugang gefunden, wobei ich bei Returnal letztlich eine kleine Träne im Knopfloch habe dafür was es nicht ist, obwohl alles da ist um es sein zu können, nämlich der inoffizielle und überfällige Nachfolger zu Metroid Prime.
Aber Hades empfinde ich als in sich rund, es ist genau das was es sein soll und sein will, da hab ich auch nach Abschluss keinerlei Störgefühle wo ich ob des gesehenen doch lieber etwas anderes bestellt hätte. In der Sparte der Indiegames imo ein Vertreter des Olymps, zwar nicht perfekt aber mit überragenden Stärken, vernachlässigbaren Schwächen und einem fantastischen Kern der einen kleinen Samen in deinem Kopf pflanzt aus dem ein prächtiger Mutterfickerbaum erwächst.


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