Thema:
Slapshot hat's gespielt flat
Autor: Slapshot
Datum:13.09.21 11:11
Antwort auf:Empire of Sin [Multi] von sad

Ich bin zwar nicht Steinwallen, aber vielleicht mag's ja trotzdem wer lesen. Eine Sache vorweg: EoS ist ein Spiel, das ich normalerweise lieber auf dem PC gespielt hätte. Weil die PS4-Version aber vor einiger Zeit für rund 10 Euro zu haben war, hab ich den Kauf einfach mal riskiert. Viel von dem was ich zur Bedienung schreibe, wäre mit der PC-Version vielleicht, wahrscheinlich, ziemlich sicher … obsolet. Danke für eure Aufmerksamkeit. :-)

Was ich wollte: einen Mafia-Klon. Nicht das Open World-Mafia, sondern das hier: [https://www.youtube.com/watch?v=8N3yx5mAlAg]

Schön im Chicago der 20er Jahre eine Gang aufbauen, Geschäfte übernehmen, Bandenkriege, rundenweise Gefechte usw. „Aber das gab’s doch schon mal“ hör ich euch sagen, und ja, Omerta schlägt in die gleiche Kerbe. Hab ich auch gespielt, aber auch recht schnell wieder die Lust verloren. Warum, kann ich so genau nicht mehr sagen. Laut Steam hab ich das zuletzt 2014 für insgesamt 30 Stunden gespielt, ist also schon ein paar Tage her. Und auch „Der Pate 2“ hatte Versatzstücke, allerdings mit Actionkämpfen und relativ wenig Umfang. So weit ich mich erinnere. Ist sogar schon 13 Jahre her, dass ich das gespielt habe laut dem Forum hier. :-)

Nun also Empire of Sin.

Das bietet im Prinzip die gleichen Möglichkeiten. Am Anfang wähle ich aus diversen Charakteren meinen Anführer, werbe meine ersten Gehilfen an und starte mein Imperium mit einem kleinen Laden, in dem ich die von der Prohibition ausgetrockneten Kehlen Chicagos mit billigem Fusel befeuchte.

Das geht anfangs alles recht locker von der Hand und wirkt auch halbwegs übersichtlich. Die Kämpfe erinnern an X-Com, die Charaktere haben diverse Spezialfähigkeiten, die man nach und nach freischalten kann. Gezielter Schuss oder Feuersalve (mit automatischen Gewehren), heilen, Nahkampfangriffe und Wach-Modus sind jetzt nur ein paar Beispiele, die mir das Spiel an die Hand gibt, um meine Gegner klein zu halten. Außerdem hab ich die Möglichkeit, meine Gang individuell auszustatten: Waffen, Rüstung, Granaten oder Medipacks. Solang es die Fähigkeiten erlauben, ist es mir freigestellt, wie ich meinen Trupp ausrüste. Das gefällt.

Weniger gefällt, dass mit fortschreitender Spieldauer verstärkt auffällt, dass sich viele Funktionen in Untermenüs verstecken und das Spiel einfach unübersichtlich ist. Gerade wenn man anfängt zu expandieren, wären ein paar Komfortaktionen wünschenswert. So zeigt die Zonenansicht immer alle Lokale einer Zone, egal wem sie gehören. Das lässt sich zwar gruppieren, aber im schlimmsten Fall muss ich immer noch durch eine (lange!) Liste scrollen, um zu meinen Etablissements zu kommen.

Das Finanzmenü wiederum enthält mir Informationen vor. Zum Beispiel, warum ich in einer Woche 10.000 Dollar, in der nächsten nur noch 5.000 Dollar eingenommen habe. Vielleicht liegt es an einem Casino, bei dem ein glücklicher den Jackpot abgeräumt hat. Vielleicht auch nicht. Das Spiel verrät es mir nicht. Es wird nur aufgelistet, welcher Laden im aktuellen Monat wieviel Einkünfte generiert hat. Eine Entwicklung, oder ein Monatsvergleich fehlt. Oder ist in einem Untermenü versteckt, das ich noch nicht gefunden habe.

Auf der anderen Seite werden sehr viele Informationen in Schriftform dargestellt. Auf einem Fernseher wird das alles schon dezent unübersichtlich und anstrengend.

Die Grafik ist zweckmäßig, schafft es aber trotzdem zu ruckeln. Beim Wechsel von der Innenansicht eines Ladens zur Straßenansicht und beim Wechsel einer Zone wird geladen, die Ladezeiten sind erträglich, aber lästig.

Die Kampfansicht ist teilweise unübersichtlich, und in einigen Orten versperren virtuelle Mauern die Sicht. Die lässt sich dann zwar drehen und anpassen, aber trotzdem erstmal doof. Auch doof ist, dass weitläufige Karten unübersichtlich sind, weil auch die am weitesten entfernte Zoomstufe keinen kompletten Überblick zulässt.

Aber soll ich was sagen? Die Kämpfe machen trotzdem Spaß. Mit Tommy Gun die feindlichen Reihen dezimieren, Granaten in Gegnerpulks schmeißen und Feuerhinterhalte legen funktioniert und bereiten mir Freude. Was jetzt zugegeben ohne Kontext sicher komisch klingt. Aber ihr wisst schon, wie ich das meine. :-)

Und auch wenn die Verwaltung des eigenen Reichs umständlich ist, ist es halt trotzdem schön, seinen Einfluss nach und nach auszubauen. Mit Geld kann man sich dann auch eine schlagkräftige Truppe finanzieren. Aber nicht jeder kann mir jedem. Viele potenzielle Gangster verwehren mir ihre Dienste, weil sie mit einem oder mehreren aus meinem Team nicht können. Umgekehrt entwickeln sie im Team mit anderen neue Fähigkeiten, oder verlieben sich sogar, wenn sie länger zusammenarbeiten. Das ist ein netter Kniff, den man so ähnlich aus Jagged Alliance kennt, und der den Söldnern, äh Gangstern, Persönlichkeit verleibt. So kann es schon mal passieren, dass wenn ein Lebenspartner lebensbedrohlich verletzt ist, eine Bonusaktion ausgelöst wird, wie Sperrfeuer, oder spontane Schüsse auf Gegner.

Die Läden wiederum lassen sich ausbauen in verschiedenen Kategorien. Schutz und Ablenkung hat jeder Laden. In fünf Stufen lassen sich Wächter einstellen und Ablenkung einkaufen, die vom illegalen Gewerbe eben ablenkt. Ansonsten unterscheiden sich die Kategorien, für Brauereien investiert man z. B. in Qualität und Liefermenge, bei Bordellen und Lokalen in Atmosphäre und Mundpropaganda und in Casinos noch zusätzlich in neue Spieltische.

Und dann beginnt der übliche Kreislauf. Reich ausdehnen, ausbauen, Konkurrenz klein halten/zerschlagen, weiter ausdehnen, noch stärker ausbauen und so weiter.

Hin und wieder schauen die Cops vorbei und machen Läden dicht. Außer, man hat grad etwas Kohle rumliegen, um die Staatsmacht zu besänftigen. Oder man stellt sich ihnen im Kampf. Was mal mehr, mal weniger gut klappt. Das wiederum hängt natürlich auch davon ab, wie viel man in die Sicherung des jeweiligen Orts investiert hat. Bei Hauptquartieren und großen Brauereien sollte man zum Beispiel nicht knausrig sein. Bei der Übernahme von ersterem geht das ganze Imperium verloren, wird zweiteres geschlossen, kann das insofern katastrophale Folgen haben, dass dann die eigenen Gaststätten auf dem Trockenen sitzen. Ist die Truppe stark genug, kann auch mal Ness mit seiner Anti-Prohibitions-Bande anrücken, ohne dass das den Betrieb stört.

Um das Spiel noch etwas aufzulockern, gibt es auch Storymissionen. Die Stories sind mal kürzer, mal länger, und bieten Abwechslung und zusätzliche finanzielle Belohnungen, die man gerne mitnimmt, um sein Reich früh auszubauen. Doof: aktuell ist es mir nicht möglich eine Mission zu triggern, weil sich der NPC, der sie triggert, nicht ansprechen lässt. Der wurde von mir als Gebietsverwalter eingesetzt, und … bleibt einfach stumm.

Ihr merkt schon, an dem Spiel ist einiges doof. Aber die Suchtspirale packt trotzdem. Mich zumindest. Der Kern des Spiels funktioniert. Und ich habe eigentlich auch das bekommen, was ich wollte. Ein halbwegs zeitgemäßes (C64)-Mafia-Update. Mehr wollte ich eh nicht.


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