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Re:R-Type III (SFC), Vagrant Story (PSX) flat
Autor: The Snake
Datum:07.05.21 18:28
Antwort auf:R-Type III (SFC), Vagrant Story (PSX) von Schlomo

>Vagrant Story habe ich tatsächlich nie besessen oder gespielt, aber in eine gut sortierte Sammlung gehört es ja eigentlich unbedingt

Aber Hallo :)

>, zumal die jp. Fassung spottbillig ist. Hab nur mal ins Intro reingespielt, und die cinematische Präsentation ist wirklich sehr schön, das Kampfsystem erzeugt hingegen nur Fragezeichen in meinem Kopf.

Ja, die gesamte Intro-Sequenz gehört für mich zu den Besten, die ich im Computer-/Videospielbereich erleben durfte. Da stimmt für mich so gut wie alles: Charakter-, Welten-, Musik-, Sound-Design, Kamera-Einstellungen, Schnitt, Beleuchtung, Einführung in die Geschichte und der Intro-Spannungsbogen.

Natürlich immer auf die damals gegebenen technischen Möglichkeiten (in diesem Fall die der PlayStation 1) bezogen.

Schau dir auch gerne noch eine weitere Intro-Sequenz an, indem du im Titelmenü ein wenig wartest. Und einen Trailer gibt es dort auf dieselbe Weise auch noch zu sehen.

Auf einem heutigen 1080p-Bildschirm sieht ein 3D-Spiel mit einer Standard-Auflösung um die 320 x 240 Pixel natürlich nicht mehr so beeindruckend wie im Sommer 2000 auf einem Röhren-TV aus, man erkennt aber trotz allem immer noch, dass hier im historischen Kontext Unterhaltung auf einem sehr hohen Niveau erschaffen wurde.

Spielst du es denn über einen Röhren-TV?

Zum Spiel generell:

Vagrant Story ist für mich ein herausragendes Spiel.

Herausragend nicht in dem Sinne, dass es nahezu perfekt und für jeden geeignet wäre.

Herausragend deswegen, weil hier viele Aspekte (siehe oben) auf einem einzigartigen und gleichzeitig sehr hohen Niveau sind, welche die nicht so gelungenen Aspekte damals für mich in den Hintergrund haben rücken lassen.

Das kann man auch gut an Stahlanbeters Erfahrung aufzeigen, wenn er sagt, dass er ein grundlegendes Spiel-Element bis zum Ende hin nicht richtig verstanden und es trotz der dadurch entstandenen Hürden bis zum Spielabschluss geschafft hat.

Aber lieber Stahlanbeter, ich meine es wirklich nicht böse, wenn ich sage, dass das ein grundlegendes Element im Spiel ist:

- Ashley ist hauptberuflich "Riskbreaker".

- Neben den HP und MP ist die Risk-Anzeige dauerhaft im Spiel zu sehen (hast du ja auch angemerkt).

- Das von Spielbeginn an im Menü verfügbare Tutorial erklärt es an mehreren Stellen, sogar unter einem eigenen "Risk"-Tutorial-Menüpunkt, welchen man innerhalb von einer Minute gelesen hat.

- Die Spiel-Anleitung erklärt es ebenso.

- In den damaligen Spiel-Zeitschriften konnte man von dem Feature lesen.

- Ich hatte die Mechanik auch recht früh durch praktisches Spielen verstanden.

Aber wie beschrieben, ich meine das in keiner Weise böse oder überheblich, denn es ging mir ja, wenn auch nicht in diesem Punkt, mit anderen Spiel-Elementen ähnlich wie dir ;)

Zum Beispiel:

Das Schmiede-System im Detail oder was sich wohl viele Spieler früher oder später gefragt haben werden:

- "Warum mache ich bei Gegner XYZ (es muss nicht ausschließlich ein Boss-Gegner gewesen sein) wenig bis gar keinen Ausgangsschaden?!?"

Oder auch:

- "Warum ist mein Risk-Wert denn schon wieder bei 100, sodass ich nichts und niemanden mit meinen Angriffen treffe?!?"

Ganz entscheidend für Lösung 1, auf welche ich dann auch erst mit dem (nach dem ungefähr ersten Durchspielen) gekauften Lösungsbuch vollständig gekommen bin:

Der Analyse-Zauber.

Diesen erhält man nach etwa zwei bis drei Spielstunden und man sollte ihn zumindest immer dann einsetzen, wenn man mit dem angesprochenen Problem konfrontiert wird.

Auf diese Weise kann man die Stärken und Schwächen des Gegners einsehen und darauf gezielt mit Waffentyp/Waffeneigenschaften und Status-/Element-Stärken (sich selbst) und -Schwächen (auf die Gegner) reagieren.

An sich ist das keine Raketenwissenschaft, aber im Gegensatz zu anderen Spielen, bei welchen man solche Dinge unter Umständen auch beachten kann, aber nicht muss, um sich den Spielverlauf angenehmer zu gestalten, ist dies bei Vagrant Story halt an einigen Stellen die Voraussetzung dafür, sich den Spielverlauf nicht unnötig schwerer bzw. zäher zu machen, als es notwendig ist.

Ganz analog zu Final Fantasy Tactics, an welchem ja viele der Entwickler ebenfalls beteiligt waren.

Und zu Lösung 2 (aus meiner Erinnerung):
Das Aufladen des Risk-Wertes folgt einem bestimmten Ablauf: Aktionen im Kampf lassen den Risk-Wert steigen. Durch einen höheren Risk-Wert sinkt die Wahrscheinlichkeit, einen Gegner zu treffen, gleichzeitig steigt die Wahsrcheinlichkeit, einen Gegner kritisch zu treffen. Das Verketten von Angriffen ("Chains") lässt den Risk-Wert somit auch steigen. Ab einer bestimmten Anzahl an Chains steigt der Risk-Wert deutlich stärker an, sodass man sich überlegen sollte, ob man dies in Kauf nimmt: Hat der Gegner nicht mehr so viele HP, sodass ein zweites Starten einer Angriffskette (und der damit verbundenen geringeren Trefferwahrscheinlichkeit) nicht mehr erforderlich sein wird? Oder hat der Gegner noch genug HP, sodass ich mit meiner Angriffskette früher oder später an meine Grenzen stoße (es wird von Chain zu Chain schwieriger, die Angriffskette aufrecht zu erhalten), ich dadurch einen übermäßig hohen Risk-Wert hätte, welcher mich entweder nicht mehr gut treffen lässt, oder ich ein (kostbares) "Risk-Wert-bitte-absenken"-Item opfern muss und ich stattdessen lieber die Angriffskette nach sieben Chains abbreche, dadurch der Gegenr aber auch wieder baldiger zum Zug kommt?

Liest sich jetzt wahrscheinlich viel zu kompliziert, ist es aber nicht unbedingt, da man das im Spiel auch selber herausfinden kann und die Tutorials einem auch unter die Arme greifen, sofern man eben bereit dazu ist, sich diese anzuschauen.

Es gibt auch ganz unten im Tutorial-Menü ein Tutorial, welches alle grundlegenen Spielelemente nochmal in einem einzigen Tutorial zusammenfasst. Lesezeit: Etwa 10-15 Minuten.

Grundsätzlich schätze ich die spielerische Tiefe und auch einzigartige, erzählerische Klasse, welche viele von Yasumi Matsunos Werken ausstrahlen, wirklich sehr.

Zusammenfassend kann man also sagen, dass Vagrant Story ein Spiel ist, welches verstanden werden möchte. Es möchte, dass man sich die Zeit dafür nimmt.

Möchte man sich die Zeit für das Verständnis nicht nehmen und es einfach nur so schnell wie möglich durchspielen, ist man hier weniger gut aufgehoben, wobei es auch dann möglich ist, das Spiel (unter anderen, erschwerten, zäheren Bedingungen) durchzuspielen, was Stahlanbeter und auch mir ja nachweislich gelungen ist :)

Nichtsdestotrotz (und auch aufgrund der damaligen technischen Möglichkeiten) hat das Spiel, auch wenn man sich intensiver darauf einlässt, Schwächen:

- Bestimmte Spiel-Elemente wie das Schmiede-System sind im Detail (damals Squaresoft-typisch) nur mit einem Guide oder dem (sehr guten Piggyback-)Lösungsbuch zu verstehen.

- Steuerung und Menüsystem wären mit den heutigen Möglichkeiten angenehmer umszusetzen.

- Gleiches gilt für das Truhen- und damit verbundene Speichersystem.

- Das Balancing und der Spielfluss sind nicht immer optimal.

Analog zu meinen Final Fantasy VII-Eindrücken kann ich für mich nur festhalten, dass auch Vagrant Story einige Makel besitzt, jedoch die positiven Aspekte für mich deutlich herausragen.

Im Gegensatz zu Final Fantasy VII ist es aber bei Vagrant Story schwieriger und zäher, durch das Spiel zu kommen, sofern man nicht bereit ist, sich damit etwas genauer auseinanderzusetzen.

Ich kann nur jedem empfehlen, der dazu bereit ist, sich das Spiel anzuschauen, da man hier von Anfang bis Ende viele herausragende Elemente wie eine gestalterisch fantastisch designte Spielwelt, ebenso hervorragend designte, glaubwürdige und ausdrucksstarke Charaktere (ohne Final Fantasy XIII-Plastik-Look), eine geniale, erwachsene, düstere und gleichzeitig spannende Geschichte, wunderbar stimmungsvolle und passende Musik sowie ebenfalls sehr gutes Sound-Design erleben kann.

Wenn es nach mir geht, ist Vagrant Story der perfekte Kandidat für ein Remaster oder gar ein Remake, da es wie beschrieben nicht nur technisch, sondern auch spielerisch sehr gut "restauriert" werden könnte, sofern man an den richtigen Stellschrauben im richtigen Maße dreht.

Square-Enix, traut euch mal wieder etwas und stellt Yasumi Matsuno und seinem früheren Team die Mittel dafür bereit!


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