Thema:
Rain of Reflections [PC] flat
Autor: HomiSite
Datum:28.01.21 17:48
Antwort auf:Durchgezockt Nr. 38 - Vorwärts immer! von Lynne

So kommt man auch auf viele durchgespielte Games, wenn man sich nur mehr oder weniger unbekannte Indie-Ware ohne anspruchsvolles Gameplay und mit wenig Spielzeit sucht ... :-D

Jetzt also RAIN OF REFLECTIONS (ich will immer RISK OF RAIN sagen) von 2019, eine seltsame Genremischung in einem sehr an BLADE RUNNER erinnernden Dark-Future-Setting: Der Menschheit geht's nicht so gut, große Wohlstandsunterschiede, Umweltverschmutzung und dann klappt plötzlich die natürliche Fortpflanzung nicht mehr! Eine wohlsituierte Wissenschaftlerin will nun das letztgeborene Kind aus einem Labor befreien.

Das Spiel ist kein "richtiges" Adventure, sondern ein Mix aus Telltale'schen Dialogentscheidungen, Hacking und rundenbasierten Schleich- und/oder Schießpassagen - crazy! Das Problem ist, dass die Bestandteile entweder nicht so wirklich gut sind oder nicht ausgereizt werden (auch wegen der Spielzeit: nach guten 3,5h war ich durch). Und grundsätzlich ist das Spiel leider sehr träge, weil die lahmen Animationsphasen immer durchlaufen müssen und es keine Schnellreise zu Ausgängen gibt oder abbrechbaren Dialoge.

Das Hacken besteht aus drei Minispielen, die verschieden kombiniert werden. Ich finde sie alle leider wenig spaßig! Man kann sich aber eigentlich durch alles bruteforcen (haha) oder es ist dann so einfach, dass man doch nicht alle Versuche benötigt.

Die rundenbasierten Begegnungen sind ganz nett, weil es verschiedene Charakterstatus gibt, die man auch durch motivierende oder beleidigende Zurufe im Kampf verändern kann. Statt Lebensenergie gibt es "Motivation", weswegen Gegner auch aus dem Kampf panisch fliehen können. Erschießen geht trotzdem, was aber keinerlei Folgen hat - fand ich narrativ etwas schwach. Tarnen kann sich die Protagonistin übrigens auch und (zerstörbare) Deckung ist von großer Wichtigkeit. Bis aber alle diese Spielelemente eingeführt und gefordert werden, ist das Game auch schon um.

Und so viele Gespräche mit zwingenden Entscheidungen gibt's auch nicht. Ich weiß gar nicht, ob man den Verlauf großartig verändern kann - das Spiel wirkt sehr linear. Apropos Gespräche: Alles ist englisch vertont (optionale engl. UT), aber die an sich ordentlichen Sprecher passen sich irgendwie dem geringen Grundtempo des Spiels an. Grafisch sind die Spielfiguren zwar nicht State of the Art, aber ansonsten ist die Grafik für ein Indiespiel von einem kleinen schwedischen Studio durchaus beeindruckend mit guter/düsterer Lichtstimmung, Regenshadern und meist hochauflösenden Texturen für recht detaillierte Umgebungen (Clipping gibt's dafür manchmal)! Es sieht ungefähr so aus, als ob Westwoods BLADE RUNNER von 1997 ein Hi-Res-3D-Spiel wäre.

Da das Spiel aber so kurz (und langsam) ist, kriegt man nicht allzu viel von der Welt mit. Die Abwechslung der Spielelemente, auch wenn die mich im einzelnen nicht begeisterten, hielt mich bei der Stange. Die Geschichte verläuft leider wenig überraschend und endet dann auch noch in einem Cliffhanger ()!

Denn das aktuell auf Steam etc. für 10€ (nach einer Preissenkung) erhältliche Spiel ist nur die erste Episode namens SET FREE von ursprünglich drei geplanten. Laut Entwickler Lionbite sollen die Episoden aber für sich stehen (d.h. jeweils neue Spielfiguren und Fähigkeiten), aber trotzdem ein großes Ganzes ergeben. Nur scheint das Studio im Laufe des letzten Jahres untergetaucht zu sein und es gab seitdem keinerlei Infos mehr zur Zukunft der anderen Episoden, die OPEN EYE () und UNDERCURRENT heißen sollten.

Wer also eine komplett abgeschlossene Geschichte erleben will, sollte das sehr genügsame RAIN OF REFLECTIONS auslassen. Die Handlung selbst ist wie gesagt durchschnittlich und die Qualität der Spielelemente schwankend, dafür halt ein ungewöhnlich gemischt. Und das BLADE RUNNER'eske Setting gleicht halt einiges aus. Gehobenes Mittelmaß.

Website: [http://rainofreflections.com]


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