Thema:
Gray Skies, Dark Waters [PC] flat
Autor: HomiSite
Datum:24.01.21 16:45
Antwort auf:Durchgezockt Nr. 38 - Vorwärts immer! von Lynne

Weiter geht's mit kurzen Indie-Adventures: GRAY SKIES, DARK WATERS (2017), das wohl aus einem Uniprojekt erwuchs und anschließend via Kickstarter abgeschlossen wurde. Es hat starke GONE HOME-Vibes, da man als fast volljährige Schülerin im Elternhaus (und Umgebung) "herumschnüffelt", um herauszufinden, was vielleicht mit der vor genau einem Jahr verschwundenen Mutter passiert ist. Aber das Haus ist nicht verlassen, sondern der Vater und die drei Geschwister wohnen dort auch noch.

Man beschaut sich also Hotspots (keine optionale Anzeige dafür) und spricht mit der Familie. Ein klassisches Inventar gibt es gar nicht, alles passiert allein mit der linken Maustauste. Es existiert ein eigentlich unnötiges Questlog und eine Schnellreisefunktion (beides im Pausemenü :-D, da kann man auch einen Audiokommentar aktivieren). Letzteres ist eine Erleichterung, weil sich die Spielfigur leider langsam durch die überschaubaren Örtlichkeiten bewegt, öfters erst zu Objekten hinlaufen muss für einen Kommentar und es kein schnelles Verlassen von Bildschirmen gibt.

Audioviduell ist GRAY SKIES, DARK WATERS auffällig: Die Hintergründe sind mehr oder weniger händische Zeichnungen "inspired by children's book illustrations" (manchmal mit etwas komischen Perspektiven oder zu geraden Linien), die aber besonders in der Natur aufgrund der Kolorierung eine eigentümliche Atmosphäre verbreiten. Bei Personen auf "Fotos" etc. kommt der Amateurstil aber nicht so gut weg. Vielleicht liegt's auch an mehreren angeheuerten Künstlern, dass die Optik nicht immer einheitlich wirkt.

Hintergrundanimationen gibt es gar nicht und bei den wenigen Figuren wurde sicher aus Kostengründen auf grobe 3D-Modelle zurückgegriffen; bewegen tut sich da auch nur die Hauptfigur. Überraschenderweise fallen die Figuren nicht so störend auf, vielleicht wegen ihrer Farbgebung/Texturierung (die Gesichter sind jedoch hässlich, aber zum Glück selten zu sehen). Es gibt Creative-Commons-Soundeffekte und etwas gefällige Musik. Und sogar englische Sprachausgabe (und englische UT) von engagierten, aber hörbar nicht professionellen Sprechern. Bis auf eine Rolle stört es aber nicht wirklich (selbst bei schwankender Tonqualität inkl. Hintergrundhall) und passt zum Gesamtbild.

Wichtiger ist aber die Geschichte bzw. wie schon bei GONE HOME oder WHAT REMAINS OF EDITH FINCH die Neugier der Spieler, ein anscheinend normales Familienleben zu ergründen. Wem das zu profan ist, braucht G.S.D.W. nicht zu spielen, denn es wird zwar sehr früh (und mir etwas zu zeitig) der Twist offenbart, dieser zieht sich dann aber durchs restliche Spiel. Es gibt schöne/amüsante/nostalgische/bittersüße Erinnerungskommentare der Protagonistin und die gar nicht so zahlreichen Gespräche mit ihrer Familie gehen vom Writing auch meist absolut in Ordnung.

Nach knapp 130 min war ich dann schon durch (7/15 Steam-Errungenschaften). Es gibt aber multiple Enden, auch weil man ein paarmal im Spiel quasi die Realität durch Dialogentscheidungen festlegt. Das wird aber nicht ausgereizt, allein durch die kurze Spielzeit, führt jedoch dazu, dass man quasi alle Abspänne in der letzten Szene auslösen kann (was ich dann in 20 weiteren Minuten machte und auf 11/15 Errungenschaften kam; es gibt wohl drei Hauptenden des Spiels).

Alles in allem war GRAY SKIES, DARK WATERS - ein famoser Titel - eine nette interaktive Kurzgeschichte, die aber in allen Bereichen noch ein mehr oder weniger rohes bis amateurhaftes Erstlingwerk ist, ohne das allzu abwertend zu meinen. Und es kostet bloß 4€!

Website: [http://www.greenwillowgames.com/gsdw/] (Das kleine Entwicklerstudio Green Willow Games hat bisher kein weiteres Spiel gemacht.)


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