Thema:
TLOU2: wunderschön & (nerv)tötend langweilig flat
Autor: tonynash
Datum:05.01.21 22:39
Antwort auf:Re:Das Spiel ist einfach krass unterbewertet von phaxy

Eigentlich war dieser finale rant für den Acarus-Award gedacht. In Ermangelung dessen packe ich den Text jetzt hier rein.

Eins vorweg, da 2020 noch nicht so lange her ist, und so mancher ganz schnell aufgrund von Fehlinterpretationen übereilt ausrastet und haltlose Verleumdungen ausspricht:
hier geht es ausschließlich um meine Einstellung zu dem Spiel, nicht um Personen, die das Spiel lieben!!!!
Falls jemand den Titel abfeiert, dann ist das gut so.
Zudem muss ich wohl leider betonen, dass ich nichts gegen Lebensformen habe, welche geschlechtlich nicht zu 100% Mann oder Frau sind.
 
TLOU2 ist technisch, sowie grafisch weitestgehend weltklasse und gleichzeitig spielerisch das zäheste, schlauchigste und langweiligste was ich letztes Jahr gezockt habe.
Ständig dieselbe, uninspiriert geradlinig repetitive Wiederholschleife aus Crap sammeln, Minions ermorden und Zombies abmetzeln.

Es gibt zwar auch sehr wenige Ausnahmen inmitten des Scheuklappendesigns, wie z.B. das größere Areal zu Beginn in Seattle und diesen einen kurzen offenen Meuchel-Abschnitt in Hillcrest (auf letzteren hätte man aufbauen sollen), aber so ist's leider nur eine wirre Anflanschung an den Gesamtschlauch.

Spielerische Raffinesse sehe ich nicht.
Der Melee-Combat ist maximal hakelig, die Shootouts vorhersehbar und derselbe Stumpf wie in allen anderen Ballerspielen auch. Sprengpfeile, Schmeisszeugs und Co. ändern nichts an der grundlegend gähnend langweiligen Trichter-Metzgerei.

Vielleicht bin ich auch einfach zu doof die spielerische Genialität zu erfassen, oder schlicht nicht kompatibel mit der Art und Weise wie dies vom Game vermittelt wird, aber das Schönste im Spiel ist IMO der Fotomodus, die Gameplay-Abschnitte zwischen interessant fotogenen Hotspots eine lästige Pflicht.
Die Basis des Spiels ist so spannend wie eine 12-Stundenschicht am Fließband, reißt mich komplett raus, macht es mir unmöglich mich auf Charaktere und Story einzulassen.

Die Story war ja für viele der Aufreger des Jahres, da angeblich politisch instrumentalisiert. Das sehe ich nicht so, für mich ist sie einfach nur komplett irrelevant, das sie vom einschläfernden Gameplayloop und insbesondere dem absurd hohen und damit unglaubwürdigen Kill-Count im Keim erstickt wird. So kann ich das nicht im Ansatz ernst nehmen.
Da die Handlung jedoch durchweg todernst ist, gehe ich einfach mal davon aus, dass die Geschichte kein Klamauk sein soll. Nun, in dieser Hinsicht haben die Macher auf kompletter Linie versagt.

Nochmal zurück zur politischen Aussage.
Ein paar Dinge gibt es da schon. Akut schreihälsig zurechtweisend sind dieses allerdings nicht eingebaut, sondern wirken eher wie eine Prise Salz in der sonst faden Gameplay-Suppe:
1. Ellie ist lesbisch und der bigotte Kneipenwirt findet es zum kotzen, dass sie mit ihrer bisexuellen Freundin in der Öffentlichkeit rumknutscht
2. es gibt einen lesbischen Buchladen
3. da ist ein Mädchen dass sich als Junge fühlt
4. Abby sieht aus wie ein männlicher Bodybuilder, was ihren Liebhaber jedoch nicht davon abhält ihr die Zärtlichkeiten zukommen zu lassen, welche sie als Frau verdient hat.
Einwurf Ende.

Letztendlich sind Naughty Dog Spiele wohl einfach nichts für mich, auch wenn diese regelmäßig Höchstwertungen auf Metacritic einfahren.
Ich Trottel bin halt selbst Schuld, da ich deren Games dennoch immer wieder kaufe, anstatt mir davon ein Let's Play anzuschauen.
Obwohl, Uncharted 4 fand' ich gar nicht mal so schlecht. Neben den hirntoten Ballerabschnitten gab's dort auch mehr (wenn auch lächerlich einfache) Rätsel zu lösen. Die Kletterpassagen waren auch recht Abwechslungsreich. Das Open-World Segment mit dem Boot, wo man nach Schätzen tauchen musste ist mir auch noch positiv in Erinnerungen... und der Jeep mit dem Abschleppseil...
nun gut, IMHO war UE4 deutlich besser.

Fazit:
Wenn jemand Spaß mit TLOU2 hatte, dann sei ihm das vollumfänglich gegönnt. Aber für mich ist das Spiel, insbesondere nach den überschwänglichen Lobpreisungen der Presse, DIE Enttäuschung und DAS Sinnbild des Jahres 2020: Eine nicht enden wollende, sinnlose Qual.

Es ist ein beschämendes Testament nach mehreren Dekaden der Videospieleentwicklung. Die falsche, eine devolutionäre Richtung.
TLOU2 mag vieles sein, eine bahnbrechende, magische, oder innovativ immersive 'Spiel'-Erfahrungen ist es mit Sicherheit nicht.
Es wirkt wie ein alter, misshandelter Zirkuselefant, welcher stets dieselben tumben Künststückchen darbieten muss, zurechtgepeitscht von Naughty Dogs Dompteuren.
Dennoch, das Zirkuszelt ist brechend voll, die Menge tobt frenetisch.
Auf dem Weg nach draußen frage ich mich, warum ich nicht schon viel eher aufgestanden bin, nicht jede Vorstellung ist für mich.

Puh…
zum Ende der Abfuck-Schwafelei noch etwas halbwegs Versöhnliches:
Platz 1 für die beste Grafik, Animationen und den emotionalsten Moment (Museum) des Jahres muss ich dem Titel schon zugestehen.
Wenn das nicht so gut gewesen wäre, hätte ich mich nicht so ausladend umfangreich aufgeregt.


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