Thema:
Re:Dein Eindruck täuscht nicht sondern ist Realität flat
Autor: JPS
Datum:11.10.20 18:31
Antwort auf:Re:Dein Eindruck täuscht nicht sondern ist Realität von Gramatik

>Videospiele haben den geringsten return Wert aller hobbys und sind von allen "Medien" die Zeitintesivsten und gleichzeitig die welche man am ehesten als "Kosum-Wegwerf Produkt" bezichnen kann.

Warum sind Filme und Serien weniger Konsum-Wegwerf-Produkt? Die Zeiten in denen mehrere Generationen Star Trek geschaut haben und die Serie über Jahrzehnte relevant blieb oder ein Film über Jahre im Gespräch blieb, sind doch im heutigen Überfluss auch schon lange vorbei.

Klar gibt es Ausnahmen, die gibt es bei Videospielen aber auch - nicht umsonst kann Nintendo noch immer WiiU Titel zum Vollpreis portieren oder Leute kaufen sich Lösungen um 16-Bit Spiele erneut spielen zu können.

>Dennoch ist das ganze nüchtern betrachtet nur ein Zeitvertreib gewesen der keinen Wert in irgendeiner anderen Richtung wiedergegeben hat, motivation und inspiration auf Mentaler Ebene mal außen vor, das ist auch kein Alleinstellungsmerkmal von Videospielen.

Wo ist der Unterschied zu 90% aller Filme, Serien und Bücher? Selbst wenn Du jetzt sagst, dass man seinen Wortschatz mit Büchern verbessert, so verbessert man mit Videospielen seine Reaktionsgeschwindigkeit und oft auch sein Englisch, logisches Denken und Analyse von Zusammenhängen.

Ich analysiere jedenfalls beim Spielen eigentlich ständig die Spielmechaniken um mein Vorgehen zu optimieren. Und diese grundlegenden Fähigkeiten kann ich dann z.B. auch auf meinen Beruf übertragen - natürlich nicht 1:1, aber das kannst Du bei Deinen Erkenntnisgewinnen aus einem Buch auch nicht, sofern es kein Fachbuch ist.

Generell wird das Hirn viel intensiver trainiert als bei den passiven Arten des Konsums - denn der findet ja dann nach Feierabend meist nicht mit zum Nachdenken anregendem Material statt, sondern vor der Glotze mit einfachster Unterhaltungskost, wie z.B. Reality-TV, Casting-Shows, Serien die unabhängig vom Genre eigentlich immer auf Soap-Geschichten hinauslaufen oder auch 08/15 Filmen wie der 154. Rom-Com. Einfach weil der Körper nicht 16-18 Stunden am Tag auf Anschlag laufen kann.

Gerade deshalb schaffen es ja viele Leute dann nicht mehr nach der stressigen Arbeit stundenlang mit einem Videospiel zu beschäftigen, weil das viel anspruchsvoller ist, als sich passiv berieseln zu lassen.

Jetzt könntest Du sagen, dass es wertvoller ist soziale Kontakte zu pflegen. Aber selbst dem würde ich widersprechen. Im Gegenteil ist das doch fast schon die Tätigkeit mit dem geringsten Ertrag im Verhältnis zum eingesetzten Aufwand, da soziale Unternehmung mit nicht unerheblichem Zeit und Geldaufwand verbunden sind, wenn man nicht gerade mit der Bierflasche in der Hand mit dem Nachbarn hinterm Haus hocken will um sich sein Gejammer und seine Verschwörungstheorien anzuhören.

Es gibt Leute mit denen muss man 2 Wochen vorher einen Termin machen um sich für 2-3 Stunden treffen zu können, weil die ihre komplette Freizeit knallhart durchgeplant haben. Und was haben sie davon am Ende? Dass sie sich die Geschichten ihrer sozialen Filterblase in Dauerschleife anhören dürfen, um dann alle paar Wochen mal ein echtes Highlight zu erleben oder eine wirklich neue Erkenntnis zu erlangen. Da ist das Internet IMO deutlich effektiver - selbst wenn man nur auf Youtube oder Social Media abhängt.

Es IMO kein Zufall und keine negative Entwicklung, dass junge Menschen verstärkt über soziale Medien kommunizieren, sondern sie sind damit aufgewachsen und haben daher frei von konservativen Vorurteilen im direkten Vergleich erkannt, dass das in vielen (nicht in allen) Fällen die effektivere Variante ist.

>Es ist heutzutage allgemein akzeptiert das ganze horden von Menschen hunderte von Stunden in online mulitplayer Titel buttern welche im Grunde nicht viel anders sind als ne online Kneipe wo die Leute rauchen, saufen und Dart/Karten spielen nur noch weniger aktiv/sozial dafür mit weniger Alkohol (?) und prügeln!

Warum muss man sein Leben in seiner Freizeit irgendwie durchoptimieren? Was außer einem Burnout erreicht man damit, auch in seiner Freizeit auch Hochturen zu fahren?

>Filme und Bücher brauchen  deine Aufmerksamkeit auf so das du relativ schnell ne Pause einlegen musst und es gibt kein Fließband wo alle reinrollt was du auch wirklich sehen und lesen müsstest, bei Videospielen jugglen Leute backlogs und feiern den durchbruch der Abschaffung des selbigen nur um die freigewordene Zeit und Energie in genau das gleiche zu stecken, nur eben was grade aktuell ist und keine 6 Monate alt.

Doch genau diese Backlogs gibt es auch bei Büchern, Filmen und Serien - gerade wenn man nebenbei noch arbeiten gehen muss, eine Familie hat und/oder noch anderen Hobbies nachgehen möchte.

Andere haben vielleicht Reisen als Hobby und auch dort vermutlich ein Backlog von ein paar Duzend Ländern und Orten die sie genre noch bereisen würden. Oder sie würden gerne eine Sprache lernen, finden aber die Zeit nicht (oder genauer gesagt keine Zeitfenster mit ausreichend überschüssiger Energie), usw.

Das ist doch ein generelles Problem, sobald man nicht mehr täglich um seine Existenz kämpfen muss, dass man viel mehr machen möchte, als Zeit verfügbar ist. Außer natürlich man ist ein Workaholic, der verlernt hat außerhalb der Arbeit eine Beschäftigung zu finden und der deshalb denkt, das wäre alles verschwendete Zeit. Tatsächlich stirbt aber auch dieser und hat mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr Nachhaltiges im Leben erreicht als der Videospieler.

Die Bucket Lists sind doch genau das was für Videospieler ein Backlog ist. Dinge die man in seinem Leben gerne noch machen würde. Und 90% davon wird man vermutlich eben nicht mehr machen, bevor man den sprichwörtlichen Löffel abgibt - oder so erzwungen, dass man sie gar nicht in der Form genießen kann, wie man es sich noch beim "Aufschreiben" in seinem Kopf erträumt hat.

Das ist eine ganz natürliche Erscheinung, sobald man neben Essen/Fortpflanzung/Überleben noch Kapazitäten frei hat. Und unterm Strich macht es dann auch keinen Unterschied - wichtig ist, dass man sein Leben so gelebt hat, dass man nicht die letzten Jahre verbittert darauf zurückblicken muss, wie das bei vielen alten Menschen der Fall ist. Ob man dann bei Mario alle Sterne gesammelt, irgendwelche Berge bestiegen, 8000 Bücher gelesen oder Japanisch gelernt hat, ist im Sterbebett nicht mehr relevant.

>Thema und Interesse sind Wurst, es wird immer irgendein Spiel von irgendwem rausgekloppt und die Leute haben den Hang sich die dinger mit nem trailer schön zu saufen und das wird die Zeit zum nächsten "must have" schon füllen, oder die anderen 30 Spiele die nebenbei rauskommen und nicht auf dem backlog des todes landen.

Ein Überangebot gibt es in allen Bereichen.


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