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Re:Starker Move, wenn jetzt noch Live gratis wird, wie flat
Autor: token
Datum:09.09.20 17:39
Antwort auf:Re:Starker Move, wenn jetzt noch Live gratis wird, wie von musashi

>>schon seit Jahren gemunkelt wird, dann hat Sony so langsam ein grosses Problem.
>
>Und mit etwas Verzögerung in einigen Jahren alle Konsumenten.


Respektive die ganze Industrie.
Der Treppenwitz ist ja, für Contentanbieter funktioniert Game Pass nur deswegen weil es ein Restverwertungsmarkt und nicht Hauptmarkt ist, sie holen sich da nochmal was ab, nach dem das Hauptgeschäft abgewickelt wurde. Bei Indies mag das anders sein, aber wem geht es denn bei Game Pass um Indies?

Für Microsoft als Serviceanbieter hingegen rechnet sich das Modell aber erst, wenn es zum Hauptmarkt avanciert. Aktuell wird investiert. Mit 10 Mio. Usern kannst du dich mal komplett verpissen, prinzipiell muss es perspektivisch eine dreistellige Nutzerzahl geben, ab da wird es erst richtig interessant.

Aus Vogelperspektive hast du das Problem dass der Gesamtumsatz einer Branche kollabiert, wenn sich so ein Abo-Modell zum Hauptmarkt aufschwingt.
Siehe, "geil, ich brauch keine Spiele mehr kaufen"-Postings.

Abfedern lässt sich so eine Branchenproblematik nur durch massives Wachstum. Die massiv geschrumpften Pro-Kopf-Umsätze müssen dadurch aufgefangen werden, dass man ganz viele neue Köpfe an Bord holt, die auch ihr Abo zahlen.
Das bringt dann wieder das Kapital rein, was durch so ein Modell erstmal flöten geht.

Und dass wir hier solche Potenziale haben, dafür gibt es keinerlei Indizien, denn im Gesamtbild ist der stationäre Gamesmarkt über die Jahrzehnte hinweg erstaunlich statisch, eher nehmen wir wahr dass die Vielfalt bei aufwendigeren Produktionen zurück gegangen ist, sprich, dass Produktionen aufwendiger geworden sind hat dazu geführt dass speziell A und AA massiv vor die Hunde gegangen ist, und es bei AAA nur noch wenige gibt die überhaupt dazu in der Lage sind, und jede Produktion kommt schon fast einem existenziellem Stresstest gleich. Und hinsichtlich dessen wo MS bei den Nutzerzahlen hin möchte, bitte mal kurz vor Augen halten, dass selbst Netflix nach all den Jahren und mit deutlich weniger restriktivem special interest content gerade mal 170 Mio. User hat, was viel klingt, aber nicht reicht, und sich entsprechend auch in massiven Verlusten bemerkbar macht, wenn man auf dem Niveau wie sie es tun produzieren möchte um den Dienst zu pushen. Auch hier sind wir immer noch in der Investitionsphase und weit weit weg davon irgendwie lukrativ zu sein.

Auf mich wirkt das alles wie ein Tod auf Raten bei dem sich Contentkonzerne und MS irgendwie beiderseitig aus unterschiedlichen Motiven selbst kannibalisieren.
Dennoch kann keiner den kurzfristigen Anreizen oder der Idee dass doch größeres Kundenpotenzial inne wohnt widerstehen, weder der Serviceanbieter, noch dessen Partner, und offenbar auch nicht die Konsumenten. Dass ein Erfolg dieses Modells alle Mechanismen die man heute kennt und auf die sich alle verlassen komplett auf links dreht, und am Ende des Tages deutlich mehr Verlierer als Gewinner generiert, und unter sich selbst kollabiert, wenn nicht genug Gewinner übrig bleiben, dafür ist man weitestgehend betriebsblind.

Es gibt aber Mittel und Wege diesen Kapitalschwund auf anderen Kanälen wieder reinzuholen. In der Musikbranche sind dies bspw. Konzerte. Wobei sich dann natürlich auch deren Natur ändert, siehe Ticketpreise.
Bei Games wären es wohl vorrangig die unter uns so krass beliebten In-App-Purchases. Die auch ihre Natur ändern würden, sobald sie überlebensnotwendig werden würden. Etwa mit einer "Erhöhung der Motivation" zu diesen und deren Preisgestaltung, siehe Mobile-Markt. Welcher aber zumindest ein unfassbar riesiges Publikum hat das für den klassischen Gamesmarkt komplett illusorisch ist.

Aber gut, jetzt haben wir die Büchse der Pandora nun auch in unserem Hobby geöffnet, und haben mit MS einen Konzern der in der Lage ist ernst zu machen, und spätestens mit dem EA-Deal ist auch der letzte Zweifel ausgeräumt, dass man auch Willens ist dies in voller Konsequenz zu tun.

Das, was manch einer als "spannend" tituliert würde ich persönlich eher als "beunruhigend" begreifen. Es geht hier wohlgemerkt nicht darum einen neuen Markt aufzubauen sondern darum einen bestehenden Markt in seinen Grundfesten neu aufzustellen.
Game Pass ist nichts was losgelöst vom Markt der stationären Konsolen und allem was dazu gehört statt findet. Dieser Markt ist aktuell das Skateboard von Game Pass. Und das langfristige Ziel ist natürlich, dass Game Pass zum Skateboard dieses Marktes avancieren soll.

Mal schauen was passiert. Bei der One war der Plan von MS noch zu durchschaubar und die Entrüstung groß. So war schnell klar wie da die Sympathien verteilt sind und es gab nichts zu holen, außer einem massiven Imageverlust. Hier ist die Situation deutlich komplexer, viel schwieriger zu durchschauen weil der Deal den man Gamern anbietet für den Moment super ist. Nicht der Deal ist das Problem sondern dessen mögliche Konsequenzen die aber eh noch Jahre entfernt sind. Und da uns alles egal ist, was irgendwo am Horizont rumgeistert, selbst bei wirklich wirklich ernsten Themen und nicht sowas irrelevantem wie Freizeitbespaßung, braucht man sicher nicht damit zu rechnen dass man in der Breite für solche Warnungen mehr ernten wird als ein Kopfschütteln.


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