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Re:Dass Facebook Horizon so wird, war doch klar flat
Autor: token
Datum:29.08.20 14:42
Antwort auf:Dass Facebook Horizon so wird, war doch klar von Robert Garcia

>Ansonsten kann man es allerdings auch nachvollziehen, dass ein Unternehmen wie Facebook auch in VR sein Ding machen will.

Ich glaube es geht hier weniger darum ihr Ding zu machen. Das alles macht FB Arbeit und erzeugt Aufwände, aus Perspektive eines Plattformsanbieters wäre es natürlich das beste einen Freiheitsgedanken zu propagieren und Regulationsnotwendigkeiten vollständig an Gesetzgeber zu delegieren.
Diesen Gedanken haben sie ja mit FB durchaus so gefahren.
Klar, Datenkrake, aber aus anderen Motiven, nämlich money, und nicht, Anstand und sozialer Frieden und Reaktionsfähigkeit bei Grenzüberschreitungen.

Es ist eher so, denke ich, dass aktuelle Entwicklungen, wo der Gesetzgeber nun Druck auf die Plattformbetreiber macht, zur Vorsorge animieren.

Ich kann das alles auch total verstehen. Facebook&Co. gehören heute so zum Alltag der Menschen wie einst Bäcker und Briefträger.
Nur funktionieren im Netz die Mechanismen die für die Realität taugten, nicht mehr. Das hat man verschlafen. Und das hatte Folgen. Ich mein, sowas wie YT-Kommentare kann man doch unter keinem Video mehr betrachten ohne nach 5 Sekunden scrollen Würgreiz zu bekommen. Früher gab es bei uns einen Skandal als Nazis auf unserem Schulhof Tonträger verteilten, kamen die Cops, Pipapo, es gab mal wieder vorsorglich Naziaufklärungswochen. Heute wird diese Propaganda für jeden frei zugänglich und gut getarnt über alle Kanäle rotiert.

Selbst sowas wie Kontrolle über explicit content funktioniert kaum. Auf Twitter werde ich jetzt zwar über harmlose Comics gewarnt, vor zwei Wochen hab ich mich durch paar Kommentare gehangelt und plötzlich ploppen Vids von knallhartem Transensex hoch (frag nicht wie ich dahin gekommen bin, Startpunkt war jedenfalls ein Trump-Tweet). Und dass dann nicht mal mit Contentwarnung sondern direkt Go.
Ich hab nix gegen knallharten Sex, nur gibt es Gründe warum Gangbangs bei uns im Swingerclub und nicht mitten im Park stattfinden.

Diese Plattformen sind halt Alltag aller Menschen, werden von fast jedem genutzt, sind für alle zugänglich, sind allen bekannt, werden in Nachrichten zitiert usw.
Ist doch klar dass man da nicht auf Anarchie bei der Regulierung setzen kann, schon der heutige Zustand ist ja kaum mehr auszuhalten, und die Probleme werden nicht weniger.

Wie also soll sowas für einen VR-Hub ausschauen? Sollen da bei Verstößen Zeugen geladen werden, von denen einer in Sydney und einer in Moskau sitzt? Wie sollen die Täter bei voller Anonymisierung überhaupt ermittelt werden?
Wir wurden von der Technik in unserem Denken überholt, und nun müssen wir unser Denken halt in Frage stellen und paar Grenzen neu justieren. Das ist ja auch alles längst kein theoretischer Kriegsschauplatz, die direkten Zusammenhänge zwischen dem Aufschwung von Populisten, Etablierung von Hasskulturen, politischen Beeinflussungen aus dem Ausland im großen Stil, einer Szene die den Missbrauch der Plattformen hinweg über Jahre hinweg perfektioniert hat, auf all das muss mal irgendwie reagiert werden. Und das wird nicht gehen ohne unser aktuelles Freiheitsverständnis zu stressen.
Da sollte man auch nicht alles fressen, nur bedenklicher als dieses Anstressen unseres Verständnisses fände ich wenn man meinen würde, das könne alles so weiter laufen wie bisher. Das kann es imo nicht.

Im konkreten Fall denke ich, die Möglichkeit sich live einzuklinken und ohne Kennzeichnung zu beobachten ist diskutabel, ich kann nicht erkennen wo sowas Mehrwerte bietet oder für Regulierung notwendig ist. Zu Recordings die dem Anbieter bei Beschwerde zugespielt werden sehe ich aber kaum eine Alternative, und sehe eben auch nicht die Sprengkraft, wenn diese wirklich nur auf Zuruf verfügbar gemacht, und nicht auf Halde gespeichert werden.


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