Thema:
Re:Mögliche Spoiler zu Oldboy und Apocalypse Now flat
Autor: token
Datum:04.08.20 09:27
Antwort auf:Re:Mögliche Spoiler zu Oldboy und Apocalypse Now von Kaneda4Life

>Wo passiert den bei Oldboy etwas ähnliches? Mega Fan des koreanischen Original und mir kommen spontan wieder 20 Zitate in den Kopf - aber der Plottwist ist doch ein ganz anderer und eher am Ende.

Ähnlich insofern dass Grenzen verschwimmen.
Der Antagonist ist nachvollziehbar motiviert, der eigentliche Protagonist nicht frei von Schuld. Das Dilemma Rachemotiv und Vergebung/Versöhnung wird anders inszeniert, kommt hier aber auch stark zum tragen.

>Die Rachetrilogie hat das Thema schon als Motto, aber das war's doch auch. Und eigentlich ist es hier doch vielleicht sogar noch etwas einfacher. Die Immersion ist durch das steuern des Charakters deutlich größer als bei einem Film (egal ob man das nun als Zu- oder Abneigung empfindet).

Der Witz ist, ich persönlich hatte einen stetigen Disconnect zu den Charakteren die ich steuerte, entsprechend funktionierte die Immersion bei mir sehr sehr holprig. Das Spiel will auch einen Bruch zwischen Spielermotiv und Avatarmotiv permanent und explizit herbeiführen. Davon scheint man sich etwas zu versprechen, was wie man in diesem Thread vielfach nachlesen kann, für einen großen Teil des Publikums nicht funktioniert. Und das hätte man wissen müssen, weil genau dieses Stilmittel der am meisten kritisierte Aspekt von Teil 1 ist. Nur da ist es genau "Eine" Szene. Und ND hat genau daraus ein komplettes Videospiel gemacht wo dieser Bruch zentrales Vehikel ist.
Ist das mutig? Ja. Und das kann ich anerkennen wenn jemand von seiner Idee so überzeugt ist dass er nicht die safe bet nimmt sondern was probiert. Am Ende des Tages ist mir der Mut der Entwickler egal, er hat was produziert was für mich einen Erlebnistunnel konstruiert. Und den fand ich eher semi.

Und der Treppenwitz. Auch Oldboy setzt auf Immersion. Auch hier greift man zu einem klassischen Stilmittel aus dem Baukasten. Der Protagonist wird auf clean slate gesetzt, dadurch haben Rezipient und Protagonist die gleiche Ausgangslage, entsprechend ist da auch eine hohe Immersion mit dem Hauptcharakter dessen Perspektive wir durchgehend folgen. Wir sind mit der Figur immer auf Augenhöhe. Obwohl Film sich den Disconnect und mehrere Stränge deutlich problemloser als ein Videospiel erlauben kann, will Oldboy explizit nicht mit der Perspektive des Rezipienten brechen, was das Erlebnis eben so intensiv macht, und dem Twist auch weite Teile seiner Wirkungskraft beschert.

Oder kurz:
Oldboy: Hohe Immersion, i do care.
TLoU2: Stetiger Disconnect, i don't care.


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