Thema:
Re:Durchgespielt - Fazit ohne Spoiler flat
Autor: Ness
Datum:31.07.20 17:56
Antwort auf:Re:Durchgespielt - Fazit ohne Spoiler von JPS

Also, das finde ich schon eine eigenartige Ansicht hinsichtlich der freischaltbaren Standardaktionen. Es war zumindest für mich kein so befriedigendes und motivierendes Gefühl, wenn man in mehreren Missionen gegen bestimmte Gegner kämpft, aber die hierfür passende Gameplay-Mechanik erst durch stupides Abarbeiten freigeschaltet werden muss, weil das Spiel gerne noch ein zusätzliches Motivationselement haben wollte.

Solche Pseudo-RPG-Systeme wie bei Ghost of Tsushima finde ich daher falsch. Zumal das Spiel diesen Talentbaum-Kram in der Form zur Motivation gar nicht nötig hätte. Es gibt bereits das Aufleveln der zahlreichen Gegenstände zur Verbesserung der Spielfigur und man schaltet besondere Kampfaktionen durch die mythischen Geschichten frei. In meinen Augen hätte man lieber mehr Aufwand in weitere besondere Kampfaktionen investieren sollen oder zumindest mehr Individualisierungsmöglichkeiten anbieten, statt Standardaktionen und die essenziellen Kampfhaltungen hinter einem Talentbaum zu verstecken.
Alternativ hätte ich ein umfangreicheres RPG-System womöglich ebenfalls besser gefunden. Wenn schon RPG-Elemente, dann halt richtig, indem man seinen Charakter auf bestimmte Weise entwickeln kann und dem Spieler dadurch neue (Lösungs-)Optionen im Spiel ermöglicht.

Ghost of Tsushima bietet halt in meinen Augen eine unbefriedigende Lösung. Wobei das natürlich nur ein kleiner Aspekt im Spiel ist, da störte mich das Missionsdesign am Ende mehr. Die guten Belohnungen und die Talentpunkte täuschen halt auch ein bisschen darüber hinweg wie ideenlos ein Teil der Missionen ist. Ich habe mir sehr selten gedacht „Cleveres Missionsdesign! Bin gespannt, was mich in der nächsten Mission erwartet.“. Es war in vielen Fällen eher so, dass mich nur die Belohnung oder die Haupthandlung motiviert haben, weil ich genau wusste, was mich in der Mission erwarten wird. Bei einem derart großen und aufwendigen Titel wie Ghost of Tsushima könnte man annehmen, dass die Missionen zumindest spannend inszeniert und abwechslungsreich gestaltet sind. Das macht das Spiel aber nur in homöopathischen Dosen, z. B. beim Finale des ersten Abschnitts.

Solche Pseudo-RPG-Elemente und Belohnungssysteme nutzen halt clever Erkenntnisse aus der Forschung, um das Verhalten von Spielern durch Anreize gezielt anzusprechen. Das Ausnutzen von Erkenntnissen zu Verhaltensweisen ist im Prinzip nicht schlimm. Zum Beispiel werden im Marketing seit Ewigkeiten sogenannte kognitiven Verzerrungen aus der Erwartungstheorie genutzt, um Käufer bei Kaufentscheidungen gezielt zu beeinflussen. Mein Problem ist bei Ghost eher, dass man zwar solche einfachen und bewährten Kniffe zur Motivation verwendet, aber nicht die Missionen interessanter und motivierender gestaltet. Ist halt auch ein bisschen extrinsische vs. intrinsische Motivation. Natürlich finde ich Anreize von außen durch clevere Belohnungen nicht grundsätzlich schlecht, aber ich hätte halt noch lieber, dass ich die Tätigkeit auch gerne mache, weil sie interessant ist.


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