Thema:
Re:Am Thema vorbei? flat
Autor: BOBELE
Datum:20.02.20 13:30
Antwort auf:Am Thema vorbei? von thestraightedge

>Zum einen: Du sollst doch selbst entwickeln; dass das zweifelsohne geht belegen doch schon jetzt hunderte bis tausende beeindruckend Dreams.

Wie Du unten schriebst: Du hast Dreams nicht... darum erstaunt mich zunächst mal, dass DU von hunderten bis tausenden beeindruckenden Dreams sprichst. Ich kann die Zahl nicht im Ansatz bestätigen...

Aber erst mal zum "selber entwickeln"... Ja, das ist sicher der Kern des ganzen. Wenn ich jetzt sehr viel Zeit habe und allgemein begabt bin, dann stelle ich damit vielleicht was auf die Beine. Wenn nicht, und auch das ist ja das Konzept hinter Dreams, dann erstelle ich vielleicht nur Kleinigkeiten in dem Metier, in dem ich eine Begabung aufweise, und andere steuern was anderes bei und am Ende entsteht ein Ganzes, das dann beeindruckt. Ich behaupte: Das wird nicht passieren. Es gibt eindrucksvolle Sachen in Dreams. Meistens sind das 3D-Dioramen. Oder auch mal eine kleine Welt, in der ich umherlaufen kann. Wenn ich da die History der Projekte ansehe, also wann die erste Version veröffentlicht wurde und wie lange da bis zum Endprodukt gebaucht hat, dann sind das meistens Monate... für ein kleines Gebäude mit Vorgarten oder für einen nicht animierten Battlemech in einer Kampfszene.

Keine Frage: Das ist cool, und vor allem die Tatsache, dass sich das auf der Konsole selber mit einem 40 Euro Werkzeug erstellen ließ, ist beeindruckend. Aber am Ende ist das nicht mehr als künstlerisch oder technisch ausgefallener Kleinkram, der außer der kleinen Gruppe von Dreams-Enthusiasten keinen interessiert, und vermutlich auch diese nur so lange, bis der Reiz des Neuen weg ist. Das erinnert mich extrem an die Demo Scene, die hauptsächlich in sich selbst funktioniert, weil es da um Anerkennung in der Szene selber geht. Aber immerhin gab es da zumindest zu der jeweils aktuellen Lebensspanne der Zielmaschinen auch noch ein richtiges Publikum. Bei Dreams wird es sowas eher nicht geben, denn auch wenn MM es suggerieren will: FÜr reine Konsumenten von Inhalten bietet Dreams viel zu wenig.

Das wird sich auch nicht ändern, imho. So sehr man auch den Eindruck vermitteln will, das ganze sei ein leicht zugänglicher Baukasten "for evetything"... das ist doch Bullshit. "Erstellle eigene Spiele, ohne eine einzige Zeite Code schreiben zu müssen"... Ja, muss ich nicht. Aber trotzdem muss ich coden, ob ich das jetzt altmodisch in einem Editor mache oder in so einer Klickibunti-Drag-n-Drop-Umgebung wie Scratch oder hier eben Dreams - Coden muss ich noch immer. Letztlich ist Dreams auch nur eine Engine, die viel grundsätzliche Programmierarbeit schon erledigt hat, trotzdem macht damit nicht mal eben jeder so nebenher ein brauchbares Ergebnis. Das ist kein Mario Maker. Das ist kein Minecraft. Das ist eher eine Unity-Engine. Oder am ehesten ein Yoyo-Gamemaker.

Und damit sind wir beim Punkt. Der Gamemaker ist SEHR vergleichbar mit Dreams, zumindest konzeptionell (eher 2D, aber eben vom Prinzip). Grunsätzliche Funktionen für Darstellung und Logik sind fertig, den Rest muss man coden. Unterschied: Wenn jemand hier Zeit und Mühe rein steckt und da kommt wirklich was brauchbares bei raus, dann exportiert der das als Android-App, für iOS, sogar für PS4, Xbox, Switch, und veröffentlich das da. In einem Store, in dem er vielleicht sogar Geld dafür bekommt, vor allem aber ein Publikum findet, dass seine Sachen spielt. Eben nicht nur die anderen Entwickler, die hunderte von "Daumen hochs" verteilen für wirklich den allerletzten Mist, weil man eben so eine freundliche Community ist.

Und da würde ich Dir empfehlen, Dreams selber zu spielen. DU wirst feststellen, dass da eben NICHT hunderte und tausende tolle Dreams drin sind. Da sind viele künstlerisch eindrucksvolle Werke dabei, die aber bei aller Hochachtung nur minimalen Content bieten. Und auch eine Handvoll Sachen, mit denen man sich mal 10 Minuten oder sogar länger beschäftigen mag... deren einzige tatsächliche Qualität aber ist, im Vergleich zu der großen Masse an Dreams eben kein kompletter Kernschrott zu sein und eben "mit Dreams" gemacht worden zu sein. Von den Media Molecule Sachen abgesehen hätte ich da noch kein Ergebnis gesehen, dass in einem normalen Store Käufer gefunden hätte... und ich blende da ausdrücklich den Umfang mal aus und beziehe mich nur auf die Qualität.

Ich finde Dreams hochspannend, technisch äusserst beeindruckend, und ich freue mich ernsthaft, wenn ich Unrecht habe. Zur Zeit bleibt es für mich aber dabei:

Dreams ist für reine Konsumenten uninteressant, weil es keinen brauchbaren Content gibt.

Dreams ist für unerfahrene Entwickler viel zu komplex, so dass in der grösstenteils unkuratierten Bibliothek die Massen von Schrott die wenigen spannenden Ergebnisse verdrängen und der Gesamteindruck für die oben genannten Konsumenten noch schlechter wird. Das ist eben kein Mario-Maker, in dem sich auch die schlechten Levels noch wie ein Mario-Game anfühlen.

Dreams ist für erfahrene Contentersteller nach dem ersten Probieren, was überhaupt möglich ist, uninteressant, weil es wegen der oben genannten Gründe wenig Anlass gibt, hier Zeit und Energie zu verwenden...

Wie bereits unten geschrieben, entsteht bestenfalls ein harter Kern von Enthusiasten, die Dreams als Plattform für digitale Kunst und Demos benutzt und sich komplett in sich selbst und der eigenen Anerkennung dreht. Ob das aber ein für MM wirtschaftlich erfolgreiches Projekt wird, dass eine Zukunft hat, bezweifele ich eben.


>Zum anderen: durch Müll forsten? Es wird natürlich nach und nach einfacher, die Perlen zu finden, so das man nicht per Zufallstreffer im Müll wühlen muss.

Nein, das sehe ich nicht. Solange hier Machwerke wie die ganzen "Free Roam" Dreams mit irgendwelchen Superheldenfiguren (in denen man mit miesen und glitchenden 3D Modellen von Flash, Hulk und Batman durch lieblos texturierte und komplett leblose und leere Städte laufen kann) mit hunderten von "Daumen hochs" an die Spitze der Vorschlagslisten gespült werden, wird das eher nicht einfacher. Das ist zum einen die Folge einer freundlichen Community, die sich eben lieber gegenseitig nett behandelt als objektiv (was, und das meine ich wirklich ernst, auch eher meinem Empfinden entsprechen würde, für das Produkt hier aber einfach überhaupt nicht hilfreich ist) als auch der Tatsache, dass es eben keine Perlen gibt.

Aufruf: Bitte poste hier jemand mal Vorschläge zu interaktiven Dreams, die man als Perle bezeichnen könnte. Bitte keine tollen 3D-Modelle oder Exhibitions, was wirklich interaktives. Und bitte User-Content, nicht die MM Sachen. Ich bin gespannt. Meine bislang beste Erfahrung was noch Blade Gunner… Das fühlt sich wirklich wie ein Spiel an. Im PSN hätte das aber vermutlich keine Chance, denn das ist qualitativ noch immer weit weg von "toll".

>Disclaimer: ich habe Dreams nicht, finde das Konzept dahinter aber sehr interessant und die Ergebnisse tlw. schwer beeindruckend.

Woher nimmst Du denn die Ergebnisse, die Du beeindruckend findest, wenn Du das Spiel nicht hast? Von Youtube? Wo einzelne Filmschnippsel des Eindruck erwecken, da hätte jemand Oblivion nachgebaut? In Dreams selber sieht das dann auch beeindruckend aus auf den ersten Blick. Allerdings glitched man dann dauernd mit der Waffe in die Umgebung, die Steuerung ist komplett unbrauchbar, die begehbare Welt beschränkt sich auf 3 Räume, der einzige verfügbare Gegner hat null KI... alles Sachen, die man auf Youtube nicht sieht. Und dann schaut man sich das an und stellt fest, dass der Ersteller des Contents da in der Pre-Release Phase schon 5 Monate dran gearbeitet hat... und dass daraus ausser einer Grundlage für geschickt geschnittene Youtube-Videos niemals was brauchbares werden wird.

Konzeptionell ist das für mich ne Totgeburt. Bitte schau es Dir mal wirklich an.


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