Thema:
Es ist glaub ich Zeit für ein Fazit flat
Autor: Slapshot
Datum:17.02.20 11:32
Antwort auf:Europa Universalis IV von Slapshot

Mit dem Spiel hab ich viele Höhen und Tiefen durchlebt. Erfolg und Niederlage gingen nicht selten Hand in Hand. Ein an sich gut verlaufendes Spiel konnte sich innerhalb von Ingame-Tagen komplett drehen. War ich heute noch strahlender Sieger und Führer einer starken Allianz, brannte es am nächsten Tag an allen Ecken und Enden.

Es gibt so viele Abhängigkeiten, auf einander aufbauende Parameter und Spielmechaniken, die sich dem Spieler nie wirklich von selbst eröffnen. Man kann das Spiel ohne Vorkenntnisse faktisch "spielen". Auf die Basics wird man vom Spiel hingewiesen. Rebellion - kümmere dich. Neue Technologien - freischalten! Du bist im Krieg und deine Festungen sind nicht besetzt und die Truppen ohne Truppenstärke - du musst nichts machen. Das sind so ein paar Basics, um die man sich als Spieler nicht aktiv kümmern muss, auf die man vom Spiel per default hingewiesen wird. Das ist gut.

Aber neben "spielen" will man vielleicht auch gewinnen. Oder zumindest bestehen. Und dann sind wie soweit, dass man das Spiel verstehen muss. Man muss wissen, wie verschiedene Mechaniken ineinander greifen und selbst jetzt nach ~150 Stunden behaupte ich, dass ich noch immer nicht alle Mechaniken verstanden habe. Wie vielleicht auch meine Fragen beweisen. Aber es hat gereicht, auf Einfach zumindest die spielinterne Führungsposition zu erreichen. Auf Normal behaupte ich, würde das schon wieder anders ausschauen. Das hängt aber auch von Zufallsereignissen ab. Ein plötzlicher Malus oder eine schmerhaft große Geldforderung, oder der plötzliche Tod eines mit vielen Fähigkeiten gesegneten Herrschers kann das fragile Reich von einen Tag auf den anderen in ernste Schwierigkeiten bringen.

Wer - wie ich - versucht, sich diese Spielmechaniken selbst beizubringen, wird entweder sehr lange dafür brauchen, oder daran scheitern. Vor allem T-Storm hat mir hier im Thread _sehr_ viel Hilfestellung gegeben und mir Sachen nähergebracht, die ich selbst wahrscheinlich nie rausgefunden hätte.

Aber auch Sachen, auf die das Spiel hinweist, ist es nicht immer einfach rauszufinden, was man machen soll.

Sitze im Parlament sind zu besetzen. Wie? Ja find's raus, du faule Sau!
(Lösung:
Du kannst Handelsposten (Trade Unions?) gründen! Wie? Wo? Ja, find's raus, du faule Sau!
(Lösung:
Du hast einen Entdecker. Geh was entdecken! Wie? Ja, find's raus, du faule Sau!
(Lösung:

Und so haut einem das Spiel halt immer wieder Sachen um die Ohren, für die man häufig auch nicht mal im Netz eine Lösung findet, weil es vielleicht Sachen sind, die mit einem neueren Update gekommen sind und viele Tutorials auf alten Versionen basieren. Vielleicht hab ich auch nach den falschen Sachen gesucht, weil ich auf Deutsch spiele und nicht zwingend weiß, wie die Sachen in der Englischen Version des Spiels heißen.

Irgendwie findet man das Zeug dann halt nach einiger Suche doch, aber da könnte das Spiel imo mehr Hinweise geben, grad wenn man eh darauf hingewiesen wird. Oder man könnte Menüs vereinfachen. Nehmen wir die Sitze im Parlament. Einfacher wäre es, in dem Parlamentmenü eine Schaltfläche zu bauen, über die man Sitze verteilen kann. Idealerweise in einem Menü mit den dafür relevanten Anzeigen. Also mit den Werten, die dafür relevant sind. Gibt es dafür relevante Werte? Ich weiß es nicht. Ich hab einfach zufällige Provinzen rausepickt und wenn es ging, hab ich einen Sitz zugewiesen bis die Meldung weg war, dass Sitze zu vergeben sind.

Der Gerechtigkeit halber: das Spiel weist nicht zugewiesene Sitze auch automatisch zu. Ob es dafür einen Malus gib: keine Ahnung.

Dann die Geschichte mit dem Handelsposten. Die Schaltfläche ist _wirklich_ versteckt und es gibt sie auch nur bei später eroberten Provinzen. Glaub ich. In Sevilla hab ich die Schaltfläche zum Beispiel nicht. Dort ist an der Stelle eine andere Schaltfläche. An der Elfenbeinküste dagegen hab ich die Option.

Dann hab ich die Meldung, dass ich noch viele tolle Gebäude dort bauen kann, um den mit dem Handelsposten einhergehenden Malus abzuschwächen. Wie? Wo? Ja, finds's raus du faule Sau. Wobei ich jetzt aus dem Gedächtnis gar nicht mehr weiß, wo sich das versteckt hat. Würde ich davor sitzen, könnte ich es evtl. nochmal rekapitulieren.

Warum die Schaltfläche nicht gleich auf das entsprechende Untermenü führt, wird aber auch ein Geheimnis der Entwickler bleiben. Wie überhaupt die ganze Menüführung.

Alles versteckt sich in verschiedenen Untermenüs. Will ich zu Beginn Geld sparen, muss ich erst ins Ausgabemenü und dort den Armeeunterhalt zusammenkürzen. Danach geh ich ins Militärmenü und deaktiviere die Forts und Festungen. Und danach wähle ich eine Flotte, die ich grad nicht brauche, und deaktiviere gezielt diese Flotte.

Das Menü auf der rechten Seite ist an sich eine gute Idee. Im späteren Spielverlauf aber kaum noch nutzbar. Wenn da 10+ Händler, diverse Armeen und Flotten und weiß der Geier was sonst noch drin sind, ist man ständig am scrollen. Einfache Lösung wäre, dass man die eh schon zu Gruppen zusammengefassten Infos einzeln ausblendet und vielleicht nur noch eine Zusammenfassung anzeigt. Geht halt nicht. Wenn man dann mal wieder einen Händler dazubekommen hat, sieht man das vielleicht eher mal durch Zufall, weil der unter 10+ anderen Händlern erstmal untergeht. Da würde vielleicht auch ein Hinweis ala "x Händler sind noch keinem Handelsplatz zugewiesen!" helfen. Gibt's aber auch nicht.

Wird eine eigene Provinz oder Festung belagert, bekommt man das erst mit, wenn die Provinz verloren ist. Sehr nervig, wenn man proforma einem Popelkrieg beitritt und dann plötzlich die Meldung erhält, dass eine Level 8-Festung eben erobert wurde. Wenn Rebellen die Grenze überschreiten, gibt's sofort einen Event. Bei popeligen Feinden nicht. Schade. Aber das war auch schon bei HoI so.

Wenn wir grad bei Rebellen sind: Ich hab am Samstag das Spiel nach 1821 mal weiterlaufen lassen. Einfach mal um noch ein paar Sachen zu testen. Zum Beispiel, wie ich den Titanen im Spiel (Osmanisches Reich und Polen-Litauen) noch beikommen könnte. Nun hatte ich die Situation, das plötzlich pausenlos Aufstände ausbrachen. Es war für mich komplett unersichtlich warum. Am Ende kamen sie schneller, als ich Armeen ausschicken konnte und ich vermutete fremden Einfluss.

Um's kurz zu machen: es war Unzufriedenheit. Auch hier wieder kein Hinweis vom Spiel ala "die Zufriedenheit sinkt unter ein kritisches Level. Du hast mit vermehrten Aufständen zu rechnen". Stattdessen halt Aufstände. Die Lösung war übrigens der Monarchie abzuschwören. Das hab ich etwas überstrapaziert. Erfährt man aber auch nur, wenn man in Menü auf die richtige Schaltfläche klickt und dort dann ein winziges Fackelsymbol (Fackel aus Symbol für Aufstände!) entdeckt und dann den Mouseover-Text liest. Das ginge sicher auch eleganter.

Wie glaub ich T-Storm hier im Thread schon mal geschrieben hat: man findet fast jede Information im Spiel. Nur wo ist halt immer die Frage. Eine Frage, die sich halt imo viel zu häufig stellt.

Auf der anderen Seite sind das auch immer kleine Teilerfolge. Man freut sich regelrecht, wenn man plötzlich wieder was (raus-) gefunden hat. Ständig hat man kleine oder größere Aha-Momente. Auch nach 150 Stunden im Spiel.

Natürlich ist das auch meine eigene Schuld. Meine Verweigerung mit Tutorials, Wikis und Let's Plays anzuschauen ist dem vielleicht nicht zuträglich. Aber ich sach ma so: wenn das Spiel gut designt ist, sollte das auch nicht nötig sein. Ein gut designetes Spiel schafft es imo, diese Inhalte im Spiel zu vermitteln.

Ein gut designetes Spiel schafft es aber auch, Menüs nicht dermaßen sinnlos ineinander zu verschachteln, dass man auch nach 150 Stunden im Spiel noch immer auf das falsche Menü klickt, wenn man Sachen sucht.

Wenn ich dem jetzt Positivbeispiele gegenüber stellen müsste, dann würde ich wahrscheinlich HoI und Stellaris nennen. Die sind jetzt freilich nur in Grundzügen vergleichbar, schaffen es aber imo beide besser, mir als Spieler ihre Spielinhalte zu vermitteln, bzw. mir Abhängigkeiten und Mechaniken näher zu bringen. Bei einem durchschnittlichen HoI bin ich spätens nach 30 Stunden "drin", bei Stellaris weiß ich jetzt gar nicht mehr. Afair hat das auch eine steile Lernkurve zu Beginn, aber man hat auch schnell Erfolgserlebnisse.

Die wiederum lassen bei EU auf sich warten. Gerade zu Beginn hat man nämlich nicht viel zu tun. Ob man mit seinen Entscheidungen und Taten richtig lag, zeigt sich oft erst Jahrzehnte später. Und zu häufig erkennt man, dass man alles falsch gemacht hat.

Das sorgt beim Spieler für unnötigen Frust.

Umso größer die Freude, wenn man augenscheinlich viel richtig gemacht hat. Aber ich behaupte, dass viele diese Freude nicht mehr erleben werden, weil sie vorher frustriert aufgegeben haben.

Spiele ich jetzt weiter/noch mal? Mh, erstmal nicht. Vielleicht im Urlaub. Oder dann doch gleich wieder HoI. Mal guggen.


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