Thema:
100% - Fa'Zit (spoilerfrei + markierte Spoiler) flat
Autor: Yasai
Datum:28.11.19 12:25
Antwort auf:Star Wars Jedi: Fallen Order - EAs letzter Respawn von magus

Mir hat Fallen Order viel Spaß bereitet. Ich habe sicher weit über 30 Stunden mit dem Spiel verbracht, alles gesehen, was zumindest die Welt hergab und es ist auch sicher eins meiner persönlichen Top-Games für dieses Jahr. Trotzdem fehlen dem Game imo in verschiedenen Bereichen noch ein, teils zwei Schritte zum ganz großen Wurf bzw. wirklich runden, unvergesslichen Spielerlebnis.

Was erstmal beeindruckend ist, ist die musikalische Untermalung. Die ist wirklich 1A und zieht einen nicht selten komplett rein. Schon die Musik im Start-Menü ist grandios und holt einen direkt in die Welt, schon bevor diese überhaupt geladen ist. Wie vielerorts beschrieben sind Nachlader und konstante Framedrops leider keine Seltenheit bei SWJFO (Performance-Mode PS4Pro). Einmal als ich durch einen Level geflitzt bin, war ich zu schnell und fiel hinter einer Tür ins Nichts. Komplette Dunkelheit aber fester Boden ganz unten. Zum Glück hatte ich mein Lichtschwert dabei, dass mir die Umgebung erhellte, so dass mir direkt wieder warm ums Herz wurde (neu laden musste ich trotzdem). Die Umgebungen fand ich im Großen und Ganzen schön gemacht. Manchmal wollte ich nur noch screenshots machen, anderorts hat es mich eher gelangweilt. Grafisch ist es auf der PS4Pro in 1080p (evtl etwas supersampling?) kein Augenöffner.

Was das Level-Design und die Entdecker-Elemente angeht fand ich das Spiel ok bis gut. Hin und wieder musste man mal etwas anders denken, um versteckte Gebiete zu finden aber vieles ist auch ziemlich linear aufgebaut, mit zusätzlichen Bereichen, die durch die Metroidvania-Komponente (neue Force-Fähigkeiten) erst später zugänglich werden. Tatsächlich kann man bestimmte optionale Upgrades verpassen, wenn man sich nicht gründlich umsieht, wobei hier im Zweifel ein prüfender Blick auf die sich ständig anpassende und hinweisgebende Karte Abhilfe schaffen sollte. Ein relativ großer Level im Level ist komplett optional und belohnt den Entdeckerdrang mit -Lore und Upgrade.


Die fehlende Ausdauer-Leiste ist ein Segen für das Spiel. Es gibt eine Blockausdauer aber zumindest Rennen und Hüpfen kann man, soviel man will, was mir sehr willkommen war. Während die meisten Gameplay-Elemente der generellen Bewegung auch teils aufgrund ihrer Abundanz für mich recht schnell ihren Reiz verloren gibt es auch eine Fähigkeit , die man erst später im Spiel bekommt und die diesem Verfall wieder ein Stück weit entgegenwirkt und teils auch die Kämpfe erweitert.

Der Gameplay-Loop - falls man das so nennen kann - ist, wie in einem typischen Soulsborne, sich gegen die Widerstände der sie bevölkernden Kreaturen und Gegner durch die Welt bis zum nächsten Checkpoint ('Meditationsort') voranzuarbeiten. Nebenbei wird erkundet, soweit bereits möglich. Was mich hier bei Fallen Order gefreut hat, ist, dass man wie im ersten Dark Souls direkt an diesen Checkpunkten leveln bzw. hier: upgraden kann, ohne irgendwohin teleportieren zu müssen. Das hilft imo immens, die Immersion zu erhalten, selbst wenn man sich (auch sehr erfreulich hier optional) dazu entschließen sollte, die Gegner für eine Auffüllung der Heilungsitems respawnen zu lassen, weil man halt direkt weitermachen kann, wo man eh weitermachen muss.
Die Checkpoints sind sehr 'fair' gesetzt und auch auf hohem SKG keineswegs so schwer zu erreichen wie in anderen Genrevertretern. Stirbt man, respawnt man beim letzten Checkpunkt, verliert seine XP aber nur soweit sie nicht schon einen Skillpunkt freigeschaltet hat und bekommt diese auch immer wieder, sie geht nie verloren, sondern wandert nur von Todesgrund zu Todesgrund, selbst auf dem höchsten SKG.

Das Kampf-Gameplay kupfert auch grundlegend von Soulsborne bzw. Sekiro ab und erweitert diese Grundlage 'halblinear' (frei wählbare Skills werden in Blöcken an bestimmten Story-Punkten freigeschaltet) mit Macht-/Lichtschwertfähigkeiten. Erstmal ein dickes Lob für die ziemlich komplett frei belegbare Tastenwahl. Mir hat es durchgehend Spaß gemacht: am Anfang dadurch, dass man mit zunächst sehr begrenzten Fähigkeiten regelmäßig neue Gegnertypen vorgesetzt bekam und - später im Spiel, als neue Gegnertypen nur noch sehr sporadisch eingeführt wurden, durch das Anwenden der verschiedenen Skills während des Kampfes gegen altbekannte Gegner und die vereinzelten neuen.
Sehr nett fand ich z.B. den Kniff, dass man bei den meisten (nicht allen) Niederwürfen/Niederschlägen angehalten war, durch Drücken der Ausweich-Taste eine schnellere Recovery zu erreichen, um vor allem bei mehreren Gegnern auf engem Raum nicht überwältigt zu werden bzw. generell schneller wieder handlungsbereit zu sein. Hierdurch bleibt der Spieler (ähnlich mancher Fighting-Games) selbst in diesen kurzen, traditionell Player-Input-freien Momenten aktiver Teilnehmer, während man in Soulsbornes und anderen Spielen mit Melee-Combat warten muss, bis sein Charakter mühsam zurück ins Spiel findet. Auch gefallen hat mir des friendly-fire auf der Gegnerseite, auch wenn es sehr begrenzt war.

Verschenktes Potential sehe ich in der Umsetzung des Jedi-Großmeister Schwierigkeitsgrads, auf dem ich das Spiel gespielt habe. Die oben erwähnten Design-Abschwächungen ggü. dem erbarmungslosen lose-it-all Soulsborne-Prinzip, also one-touch-Exp-Recovery+Full-Restore und automatisch abgesicherte Skillpoints haben mich nicht gestört, auch wenn man hier sicher etwas hätte anpassen können bzw. optional zuwählbar, wenn es sich schon um den höchsten SKG handelt.
Hat mich wie gesagt aber nicht gewurmt. Allerdings schaffte es das Spiel auf dem SKG nicht, mich zu einer ausreichenden Auseinandersetzung mit meinen Machtskills zu nötigen. Man kann fast jegliche Agression der verschiedenen Gegnertypen mit Blocken bzw. gut getimeten Parries und Ausweichmanövern neutralisieren und während man sich in Position gebracht hat und "an der Reihe ist", den Gegner mit eigenen Attacken bearbeiten bis er nachgibt (zwei halbe Ausnahmen: ).
Selbst die Bosskämpfe gegen Force-User benötigen dahingehend kein erweitertes Engagement durch das Anwenden der eigenen Machtfähigkeiten. Auch wenn sie einen Force-Push gegen den eigenen Charakter einsetzen, ist die Bestrafung dafür, davon erwischt zu werden quasi nicht existent. Man kann natürlich selbst die Macht einsetzen, um den Push zu kontern, aber es geht halt auch sehr gut ohne und ich empfand es eher als eine Verschwendung meiner Machtressourcen.

Ohnehin kann man bis etwa zur vorletzten Mission (bevor man BDs Stims zu zusätzlicher Machtwiederherstellung upgradet) pro Kampfsituation nicht wirklich oft seine Macht einsetzen, vielleicht drei bis vier Mal. Öfter nur, wenn man sehr viel pariert oder den -Skill nutzt, der sich aber auch nicht viel früher freischalten lässt. Beide Methoden ziehen Kämpfe aber nur in die Länge, was gerade gegen viele Gegner die Sache nicht einfacher macht und die unmittelbare Vorteilhaftigkeit einer solchen Force-Power-Managementtaktik untergräbt.

Alles in allem empfand ich die Gegneraggression, den Schaden durch Gegner und das Parry-Fenster auf dem Großmeister-SKG aber als ziemlich befriedigend und gut umgesetzt.

Die Charakterisierung der Akteure und die Story hatte für mich high points wie low points. [leichte Namensspoiler, 'Safe-Space'-Spoiler]

[Charakter/Story-SPOILER]
Cals Charakter [Charakter/Story-SPOILER]

[Charakter/Story-SPOILER]

[Charakter/Story-SPOILER]

[Charakter/Story-SPOILER]

Insgesamt empfand ich die Story eigentlich als ziemlich rund und sie hatte definitiv ein paar starke Momente, auch wenn sie mir in Teilen durch die sinnhafte Anbindung an den Gameplay-Upgrade-Fortschritt und die etwas formelhaft vorkam. Und ein paar typische Uncharted-Momente hatte sie leider auch (die Momente, wo man quasi als erster in einer Ewigkeit einen Ort erkundet und drinnen warten dann plötzlich die Bösen schon).

Ich hoffe wir bekommen nochmal ein Spiel dieser Sorte mit so viel Dialogen und am besten packen sie dann noch ein bisschen Mass Effect (1) mit rein :-)


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