Thema:
Am Ende der Trial doch eher Ernüchterung flat
Autor: X1 Two (deaktiviert)
Datum:06.11.19 11:05
Antwort auf:Need for Speed: Heat von Fred LaBosch

Trial geht bis Level 10, rund vier Stunden kann man dafür einplanen. Vom nicht vorhandenen Schwierigkeitsgrad abgesehen nervt vor allem das Freischaltsystem. Upgrades und Autos, beides ist an das Fahrerlevel gekoppelt. D.h. mit den 300.000 Geldeinheiten auf dem Konto mal eben einen Ferrari kaufen, um ein bißchen Spaß zu haben, ist nicht. Ich glaube irgendwo um Level 15 herum wird mit dem Testarossa (LOL) der erste freigeschaltet und ist dann kaufbar. Gleiches Spiel mit den Upgrades, du kannst schlicht keine Autos auf hohe Leistungswerte bringen, bis das Spiel es dir erlaubt.

Es ist skurril, denn NfS hängt so zwanghaft an seiner völlig nutzlosen Open World fest (das Schnellreisesystem funktioniert wie folgt: Safe House auf Karte auswählen, hinreisen. Dann aber bloß nicht mit RB in die Garage gehen, denn die gibt es nur an einem einzigen Ort, reist du hin, verlässt dann die Garage, dann bist du wieder in der Mitte der Karte und darfst erneut schnellreisen, zu Rennen selber kann man gar nicht springen) und bietet gleichzeitig die linearste Kampagne aller Rennspiele überhaupt. Man wird dazu gezwungen, von Level 1 bis 50 mit sukzessive schneller werdenden Autos zu fahren. Es gibt keinerlei Abwechslung, so wie du bei Level 5 nicht mit schnellen Autos fahren darfst kannst du auf Level 40 keine Events mehr mit langsamen Autos absolvieren.

An Autos festzuhalten mag erstmal günstiger erscheinen, ist es aber nicht. Denn um ein Einsteigerauto auf Elite (letztes Level) zu bringen muss man pro Autolevel (es gibt glaube ich sieben) rund 100.000 Credits einplanen, weil man jedes der zehn oder so Teile einzeln aufrüstet. D.h. am Ende hat man eine Million in ein Auto gesteckt. Kauft man schnellere Autos, so sind diese automatisch schon mit den Performanceteilen dieser Klasse ausgerüstet.

Driftrennen gibt es auch, aber die sind diesmal für Drifthasser kein Problem. Schwierigkeitsgrad auf Easy (kann jederzeit verändert werden), dann sind die Anforderungen so lächerlich niedrig, dass wirklich jeder sie in 1/3 der aufgerufenen Zeit erfüllen kann.

Wie üblich gibt es Radarfallen - allerdings kranken auch die unter dem Unlocksystem. Denn es ist anfangs schlicht nicht möglich, mehr als einen Stern (von dreien) zu bekommen, weil es keine entsprechend schnellen Autos gibt. Es ist sogar völlig sinnlos, sich mit Radarfallen zu befassen, bevor man entsprechende Autos hat, weil man nur alles dreimal machen würde. Die zahlreichen im Spiel verteilten Sprünge haben wieder ein komplett anderes Problem: Die fehlende Schnellreise (oder die traurige Ausrede einer Schnellreise, die es gibt). Sprung gemacht, nicht ganz richtig getroffen, dann bitte nochmal den Berg hochfahren, Anlauf nehmen, erneut versuchen. Das ist einfach traurig. In Forza Horizon bekommst du nicht nur Schnellreise an jeden Ort der Karte, sondern auch noch die Rückspulfunktion. Heat wirkt dagegen wie ein Spiel von vor zehn Jahren, jeglicher Komfortfunktionen beraubt.

Das merkt man auch dann, wenn man mal an Streckenobjekten hängenbleibt (passiert gerade bei den Time Trials häufiger). Da muss man dann tatsächlich zurücksetzen. Mit Rückwärtsgang. Ab und zu hängt man auch zwischen den Pfeilern einer Brücke fest. In solchen Fällen hilft oftmals nur ein Restart - oder es scheint so. Denn das Gummiband existiert durchaus. Nur eben nur nach vorne. Die Gegner fahren einem selber nie davon, umgekehrt kann man sie aber komplett deklassieren.

Die Streckenroute auf der Karte in gelber Farbe auf weißem Hintergrund anzuzeigen ist auch ein kompletter Irrsinn. Was anfangs noch nur irritierend ist wird später schlicht nervig, weil bei den Time Trials teilweise 90 Grad-Kurven alle zehn Meter kommen. Die Karte ist dabei so schlimm, dass ich nur noch auf Sicht gefahren bin.

Kommen wir zum größten Fehlschlag des Spiels: Dem Onlinemodus. Denn da kommen dann alle Probleme des Spiels zusammen und werden zu einem frustrierenden Kuddelmuddel.

Es gibt keine Schnellreise zu Events. D.h. man muss tatsächlich zu einem Event (von vielen) auf der Karte hinfahren, um dann ein Rennen zu starten. Im Multiplayermodus bedeutet das, dass man hinfährt und eine Lobby startet. Diese ist für 60 Sekunden geöffnet (und wird nur dann schneller geschlossen, wenn sie komplett gefüllt ist). Findet man in diesen 60 Sekunden keine Mitspieler, dann wird sie geschlossen. Und man kann eine neue aufmachen. Es gibt auch keine sichtbaren Restriktionen oder Leistungsausgleich. Ich war mit einem Auto mit Leistungsindex 191 in einem Rennen mit einem Spieler mit 140 - und war natürlich entsprechend schneller. Denn selbst wenn sie die Performance anpassen würden, die wesentlichen Unterschiede bei verschiedenen Leistungsindizes macht das Fahrverhalten aus. Während bei 140 jede Kurvenfahrt in einem Drift endet kann man bei 191 tatsächlich Kurven fahren (d.h. anbremsen, Scheitel nehmen, beschleunigen), was erheblich schneller ist.

Vor allem aber führt das Lobbysystem dazu, dass generell nur Strecken in der Nähe von Safe Houses überhaupt Spieler haben werden, denn wer fährt schon drei Kilometer in die Pampa, um ein Rennen zu fahren, wo womöglich nie jemand mitfahren will? Das Spiel braucht ein klassisches Menü, wo man eine Strecke auswählt.

Verfolgungsjagden haben sie übrigens auch ruiniert. Nicht nur, dass die Cops jetzt extrem schwer abzuschütteln sind - sie sind auch extrem schwer zu rammen, weil sie meistens schneller sind und vor einem fahren, ohne sie auch nur rammen zu können. Größter Fehler ist aber, dass man nachts (tagsüber gibt es auch glaube ich keine Verfolgungsjagden, zumindest habe ich keine erlebt) nur noch dreimal sein Auto reparieren kann. Und beim Totalschaden endet natürlich die Verfolgungsjagd. Resultat: Eine dicke Geldstrafe. Einmal ging es bei mir von 70.000 Credits auf 30.000. Also Cops lieber vermeiden. Ich vermute das Achievement, wo man 100 Cops rammen und zerstören muss, dürfte das schwierigste im ganzen Spiel sein. :D Nach vier Stunden habe ich das zweimal geschafft. Wird wahrscheinlich mit schnelleren Autos einfacher. Aber man sollte hier kein Burnout erwarten. Es kann schon mal vier oder mehr Rammstöße dauern, bis der Energiebalken der Cops entsprechend reduziert ist. Oder man hat Glück: Ein Treffer im vorderen Achtel der Motorhaube killt ein Auto sofort.

Es ist ein komplett durchschnittliches Spiel. Es ist auch grafisch nicht besonders abwechslungsreich, am Interessantesten fand ich noch das Space Center. Davon abgesehen fehlen echte Sightseeingpunkte, es wirkt alles irgendwie gleichermaßen belanglos. Wird dann mal weitergespielt, wenn es auf EA Access verfügbar ist, mehr ist es leider nicht wert.

Ich zitiere mal einen Grid (2019)-Test:

"[...] is an enjoyable racing game that fails to do anything great. There’s a decent amount of content, but nothing to truly ride write home about. The career mode is relatively phoned in without any unique elements and can become a grind due to the game’s progression system. Returning fans will remember why they enjoyed the series, but they will also realize why it hasn’t been missed all that much [...]"

Das kann man so 1:1 für Heat übernehmen.


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