Thema:
Re:Was mich nervt flat
Autor: Felix Deutschland (deaktiviert)
Datum:04.11.19 16:00
Antwort auf:Was mich nervt von Vern Schillinger

>Fast alle schreiben, dass man es als Kunstwerk betrachten muss und nicht mit einem "normalen" Spiel vergleichen darf.
>
>Ständig wird rumgejammert, dass Spiele nicht als Kunstform wahrgenommen und akzeptiert werden. Dann kommen Sachen wie Gris oder Death Stranding daher und plötzlich soll man sie nicht als Spiele, sondern als Kunst betrachten. Was denn nun?


Zeiten ändern sich. Du kannst jedes Spiel wie ein Kunstwerk überanalysieren, weil jedes Spiel in irgendeiner Form künstlerischer Ausdruck ist. Es muss nicht die Definition dessen, was ein Videospiel ist, vereengt werden, sondern unsere eigene Vorstellung davon, was Kunst ist, um ALLE Videospiele erweitert, zack hast du kein Problem mehr mit vermeintlich widersprüchlichen Definitionen.

Ein Bild muss nicht hübsch sein, um irgendwas in einem auszulösen.

Videospiele (Und das ausschließlich aus Sicht der Kunden und was diese erwarten) haben hübsch zu sein und Spaß zu machen. Wenn man diese Kriterien an Kunst anwenden würde, würden alle Museen der Welt Spiderman-Heftchen Panel für Panel ausstellen, aber sonst nix.

"Videospiele müssen hübsch sein und Spaß machen" ist ein Kundenversprechen, damit Leute dafür Geld ausgeben. Und die Leute fordern es ihrerseits ein.

Wenn Death Stranding kein Videospiel für 70 Euro wäre, sondern ein Buch oder ein Ausstellungskatalog für 70 Euro, würde Kojima die Reichweite gar nicht kriegen. Und der Hype zeigt imho auch eine gewisse Bereitschaft des Publikums für gewisse Aspekte von Kojimas Schaffen. Das Problem ist, dass das Publikum dumm ist und sich nichtmal mehr an MGS4 erinnern konnte, sondern das alle erstmal das Mecha Design sahen und die super modellierten Promis und allein deswegen gleich dachten "Geile Teschnik, geile Tüüpen, genau mein Humor!", danach erstmal zwei Jahre lang "HYPE HYPE HYPE ICH HAB SO BOCK!" und währenddessen schlicht nicht mehr nachdachten.

Es gibt Kunst, die nicht den Maßstäben entspricht, die ich an sagen wir Entertainment anlege (Vgl. Film: Gucke ich heute abend "Satantango" ungeschnitten oder doch lieber zum tausendsten mal "Mein Onkel Buck" auf Kabel1?), aber trotzdem für erlebenswert halte. Ich hab keine Ahnung, ob das auch für Death Stranding gilt, ich gehe sogar davon aus, das nicht. Trotzdem spricht nichts dagegen, die Erwartungen von Spielern zu unterlaufen. Ich bin mir sogar sicher, das Kojima selber mal gesagt hat, dass er immer das Gegenteil von dem machen will, das die Öffentlichkeit von seinen Spielen erwartet (eine der wenigen Sachen, die ihm zuverlässig gelingen).

Es ist grundsätzlich gut und steht auch zu nichts in Widerspruch, Videogames zuzugestehen, künstlerischer Ausdruck zu sein. Man muss sie deswegen keinen Iota mehr mögen. Es gibt Kunst, die ich scheiße finde, und wo ich, allein wenn ich Leute sehe die diese Kunst abfeiern, sofort weiß, das das Arschkrampen und Knalltüten sind. Und das hat nichts damit zu tun, wie viel (oder wie wenig) "Spaß" mir eine Büste von Arno Breker macht.

Man kann auch über Kunst so diskutieren wie über Videospiele und umgekehrt. Es ändert sich nichts. Höchstens das deutsche Spiele-Review-Standardvokabular, welches auf eine gewisse Stiftung-Warentestigkeit auf die Frage hin "Macht es denn DAUERSPAß?" ausgerichtet ist, täte gut daran, Vokabular und Analysewerkzeuge aus den Kunstwissenschaften zu übernehmen.

Vor allem ist die ganze Diskussion mittlerweile saualt. Leute, die auf der Dreamcast REZ gekauft haben, haben das denke ich nicht getan, weil das spielerisch so ein toller spiritueller Nachfolger von Panzer Dragoon war, sondern quasi Videokunst für zu Hause. Natürlich war das gefällig wie Sau und vergleichbar mit nem Schwarzlicht-Anime-Poster, das auf Knopfdruck mit Dr. Motte beschallt wird, aber über die Jahre gab es so viele Sachen, das Death Stranding bloß aus dem Grund herausragt, weil es von nem 70-Mann-Team produziert wurde anstatt von nem 7-Mann-Team.

Das einzige, was dich nervt, ist, das du vermeintlich schlimme Gespräche mit vermeintlich schlimmen Hipstern führen musst, was ebenfalls lediglich Ausdruck deiner im Alter wachsenden Ängstlichkeit ist. Niemand wird mit dir über Kojimas infantiles künstlerisches Ich und seine vorpubertäre Fixierung auf Geschlechtsteile und Busen reden wollen!


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