Thema:
Re:Eine Schande! flat
Autor: X1 Two (deaktiviert)
Datum:15.09.19 09:42
Antwort auf:Eine Schande! von Pschyo

>Endlich mal wieder eine Game voller Überraschungen - das einem nicht unnötig Lebenszeit raubt. Die letzten 90 Minuten der Hauptstory waren für mich der wildeste Videospielritt seit Jahren! So viele geile Ideen beim Level-Design - so abgedreht! Auch der Rest ist trotz ein paar Fehlerchen - wie der bescheidenen, unübersichtlichen Map - ein absoluter Genuss! Endlich mal keine 08/15-Story. Selbst der Großteil der Nebenquests ist genial - inklusive cooler Bosse. Und die Passagen mit fiesen Grafik-Hängern/-Rucklern haben sie mit Patch 1.03 auch weitestgehend verbessert (ich habs auf der PS4 Pro gespielt).
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>Aber Hauptsache, das 30te AssCreed oder vergleichbare seelenlose Games verkaufen sich wie geschnitten Brot ... Es ist wirklich eine Schande!


Ich bin ja auch einer, der Control vor dem Launch echt beschissen fand. Und nicht nur "das wird sicher nichts", sondern "das ist das Schlimmste, was ich von Remedy bisher gesehen habe, und Alan Wake war schon furchtbar" (bei Alan Wake geht es mir ausschließlich um das Gameplay im Hinblick auf die Taschenlampe/Waffe-Mechanik, wie man sowas mit Spielspaß macht zeigt Blair Witch Project). Ich hab ja auch drüber geredet, wie schlecht Trailer und Gameplay bei Youtube angekommen sind, mit teils 1/3 Dislikes. Sowas ist heute eben doch relevant.

Hat man einmal so eine Reaktion, dann ist der Kunde i.d.R. verloren, denn er wird sich weitere Videos zum Titel nicht mehr anschauen, kann also auch von Verbesserungen (oder Marketing) nicht mehr abgeholt werden.

Dann ist da der Sony-Exklusivdeal. Ist generell immer eine dämliche Sache, sowas zu tun, aber insbesondere wenn man 20 Jahre lang nur für PC und Xbox entwickelt hat. Das bedeutet im Kern "wir scheißen auf euch" und auch das zieht natürlich Reaktionen nach sich. Völlig unnötig, sich so potenzieller Käufer zu berauben.

Gleiches Spiel mit Steam. Alan Wake wurde nur durch den Steam-Release überhaupt profitabel. Was macht man mit dem ersten in Eigenregie entwickelten Titel? Packt ihn exklusiv auf Epic Store. Das mag zwar wirtschaftlich verständlich sein (und war wohl rückblickend auch Schadensbegrenzung), aber rein emotional ist das eine ziemlich dumme Entscheidung. Zumal jetzt auch im Epic Store nicht viel Werbung für das Spiel gemacht wurde, das ist eben immer Aufgabe des Publishers.

Insgesamt haben sie ja wohl sogar drei Marketingdeals, mit Sony, mit Epic - und mit Nvidia. D.h. sie sagen "spielt unser Spiel auf PS4, um den ganzen Content zu bekommen oder im Epic Store mit RTX-Karte, damit es voll gut aussieht". "AMD, Xbox, Steam, was wollt ihr eigentlich?"

Wenn dann das Gameplay noch schwach aussieht, dann ist ziemlich klar, wo die Reise hingeht. Ich hätte Control auch nicht gekauft, wenn ich es nicht für unter 30 Euro bekommen hätte. Ich fand die Gegner schlimm, die Level waren uninspirierte Betongänge, die Mechaniken direkt aus Quantum Break verwertet. Es wirkte wie hingerotzt. Mit Marketingdeals. Dass es dann letztlich auf der Playstation auch noch am Bescheidensten lief bzw. auf PS4 sogar am Rande der Unspielbarkeit war, ist natürlich extrem ironisch. Exklusiv-DLC, aber keine Framerate. Super Verkaufsargument.

Das Tragische ist, dass sich hinter dem ganzen Bullshit um Control herum ein verdammt gutes Spiel versteckt. Ohne Zweifel eins meiner Top 3-Spiele dieses Jahr, mit tollem Pacing, interessanter Story und sehr gutem Gameplay. Werden aber nur wenige Leute erfahren, wegen den Fehlern die Remedy und 505 im Vorfeld gemacht haben. Es hat ja nicht mal schlechte Bewertungen kassiert. Es war nur bei den meisten Leuten gar nicht mehr auf dem Schirm bzw. waren sie abgeschreckt durch das erste Gameplay.

Die von dir angesprochene Map ist aber auch so eine Entscheidung, bei der man sich nur wundern kann. Ja, früher wurde man weniger an die Hand genommen. Ich komme auch in Control gut klar, weil ich ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen habe und einen guten Orientierungssinn. Weil ich in einer Welt ohne Navigationssysteme groß geworden bin. Meine Generation ist aber nicht die Zielgruppe für Spiele. Die 20 bis 30jährigen wollen an die Hand genommen werden, sie wollen nicht nur Marker alle paar Meter, sie brauchen sie. Sie haben Spiele nie anders erlebt, sie kommen ohne Google Maps wahrscheinlich nicht mal 500 Meter weit. Man muss nicht krampfhaft versuchen, anders zu sein. Zumal ich glaube, dass man den Gedanken nicht zu Ende gedacht hat - bzw. dass die Karte mal Sinn ergeben hat, aber das dahinterstehende Feature irgendwann gestrichen wurde.

Schließlich wird ständig drüber geredet, dass das Haus sich verändert, Räume woanders zu finden sind oder ganz verschwinden. Die Textdokumente im Spiel sind voll damit. Nur: Die Spiellevel sind bis auf ein oder zwei Stellen komplett statisch. Wenn komplette Bereiche ihre Position wechseln würden, dann wäre die Karte in ihrer jetzigen Form essenziell - schließlich will man einerseits zeigen, wo Bereich X gerade zu finden ist, andererseits aber keinen Automarker nutzen, weil damit das ganze Gameplayelement des Verlorenseins in einem herummorphenden Gebäude kaltgestellt würde.


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