Thema:
Bloodstained uffer Schwitz flat
Autor: token
Datum:10.09.19 10:57
Antwort auf:Durchgezockt Nr. 37 - 0/10 oder GOTY? von wantan

Fangen wir mal mit den Downsides an, und das ist auf der Switch offenkundig die Technik. Hier mit Unreal Polygonlevel zu bauen durch welche Celshade-Chars schlingern fügt sich im Gesamteindruck besser ineinander als man es auf dem Papier erwarten würde.
Wirklich sinnvoll ist diese Kombi aber nicht. Irgendwie bleibt man so aber der antizyklischen Ausrichtung von SotN treu, dieses setzte noch auf Bitmaps als alle an Polygonen rumschraubten. Jetzt, wo im Genre die Zeitlosigkeit und Eleganz von Comicgrafik vorherrscht macht Bloodstained einen auf Pandemonium. Herrje.

Das schaut nicht wirklich super aus, aber gut genug. Problematisch ist einfach die Performance. Die Detailverluste zu den großen Konsolenversionen halte ich im Handheldmodus für komplett vernachlässigbar. Die 30fps sind nicht optimal, aber verschmerzbar. Diese werden weitestgehend gehalten. Immer wieder hat man mal Einbrüche die man nicht wirklich versteht, da sollte man nicht ganz zu penibel sein, wer das ist dem ist klar von dieser Version abzuraten. Fängt das Spiel hier und da an Pandemoniumstyle mit der 3D-Umgebung zu spielen und Level zu drehen wird es aber berechenbar mies von der Framerate. Absoluter Tiefpunkt ist ein Bosskampf in so einer 3D-Umgebung, da ist man durchgehend weit von der 30 entfernt bis hin zu einstelligen Einbrüchen. Diesen Kampf auf Skill und nicht auf Brute Force spielen zu wollen stelle ich mir ziemlich schrecklich vor. Es bleibt aber der einzige wirklich krasse Aussetzer.

Unterm Strich fand ich es okay und würde mich wieder für die Switch entscheiden, da ich diese Art Spiel am liebsten mobil spiele. Zumal es bei Bloodstained bei mir auch immer wieder mal Phasen gab wo ich stumpf etwas gefarmt habe, gerade für sowas ist Handheld optimal, da man das so schön nebenbei machen kann, eine Art Stricken für Herren.

Wirklich ärgerlich waren harte Abstürze. Die Vanillaversion ist in einer Verfassung wo es einem peinlich sein sollte sowas auf Cartridge zu pressen. Patches mildern das Problem massiv ab, aber sie beheben es nicht vollumfänglich. Im Grunde sollte man sobald man etwas Fallhöhe hat keine Bücher lesen und nicht mehr mit Chars sprechen bis man einen Savepoint aufgesucht hat, es sind eigentlich immer diese Momente die zu harten Abstürzen führen. Das macht das Problem beherrschbar, es ist dennoch ein mieses Ärgernis.

Wie man erwarten würde verkauft sich die Switchversion hier wieder mal öfter als PS4 und Xbox zusammen, da hat man ob dessen wo das maßgebliche Publikum für dieses Spiel sitzt, die komplett falschen Prioritäten gesetzt, wobei das zum Start der Entwicklung so noch nicht ersichtlich gewesen sein dürfte.


Weg von der Technik, hin zum Spiel. Bloodstained spielt sich fluffig im Combat, hat einen recht gut gemachten Mapprogress welcher den Spieler und seine Aufmerksamkeit ernst nimmt. So fühlt man sich immer wieder mal gefordert ohne sich wie in Hollow Knight verloren zu fühlen. Das Spiel hat wie auch SotN einen recht ausgeprägten RPG-Einschlag. Der Char levelt durch Erfahrungspunkte und wird sukzessive stärker. Von Gegnern kann man sogenannte Scherben ernten die Random nach Kill droppen können, und einem so diverse Fähigkeiten geben. Das Portfolio reicht hierbei von passiven Skills die einfach aktiv sind, über magische Angriffe auf X, Richtungsangriffe/fähigkeiten über Schulterbutton mit auf einer Schultertaste, sekundäre Fähigkeiten auf der oberen Schultertaste (deren Portfolio recht verschenkt wirkt), sowie einer Scherbe die einen unterstützenden Begleiter aktiviert.
All diese Scherben lassen sich auch mit Mats leveln.

Hinzu kommt ein Portfolio Waffen, Schuhe für Martial Arts, Schwerter, Katanas, Dolche, Degen, und Zweihänder wie Keulen, Äxte oder, ähm, Zweihänder. Ach ja, Schusswaffen gibt es auch, die hab ich komplett ignoriert.
Es gibt unglaublich viele Waffen, aber recht wenige die irgendetwas besonderes an sich haben. Alle Zweihänder spielen sich im Grunde gleich und folgen der gleichen Animationsphase, Schwerter, Degen und Katanas sind sich recht ähnlich. Es gibt ein paar interessante Waffen die einen eigenen Charakter mitbringen, davon gibt es aber imo zu wenige. Zudem gibt es Movesets, also Kombos die man mit bestimmten Waffen aktivieren kann und die MPs kosten. Dieses ganze System ist aber hoffnungslos überfragmentiert (lernen durch Bücher, nur auf wenigen Waffen triggerbar) und so komplett verschenkt, auch wenn es interessante Skills im Angebot hat, geht es imo nullkommanull auf. Gerade das war bei SotN in meiner Erinnerung noch deutlich anders, solche Kombos waren Gamechanger, hier sind sie nur Makulatur.

Damit wären wir bei Skill vs. RPG. Bloodstained gibt einem in den ersten Spielstunden paar kleine Hodensnipper und triggert paar Lernprozesse beim Gameplay. Die Anforderungen an den Spieler lassen sich aber schon recht früh aushebeln. Gibt es im Anfangsprozess des builds bauen und leveln noch ein paar Konflikte mit mehreren interessanten Sets und Playstyles, kippte es bei mir doch relativ schnell hin zu einer Statik wo genau ein build seine Gaps die andere Sets interessant machen derart wegbügelt, dass man sich zu anderen Ausrichtungen zwingen muss, weil eine davon halt komplett overpowered ist.

Nichtsdestotrotz macht diese Imbaisierung gehörigen Spaß, zudem wird auch ein Imbabuild immer wieder geschickt gegated so dass neue Bereiche einen spielerisch kurzzeitig wieder aufwecken und man wieder mal etwas knabbern und "spielen" muss. Ich persönlich mochte diese Balance, muss aber auch sagen, die Möglichkeiten sich zu übermächtigen sind derart ausgeprägt dass Skillansprüche teils komplett versanden. Nehme ich etwa Hollow Knight hatte das auch ausgeprägte Buildmöglichkeiten, dort stand aber Skill immer im Vordergrund, Builds waren Stellschrauben und es gab auch nicht DEN Build, immer wieder zwangen neuartige Probleme zur Kreativität wie man sich das Leben leichter machen kann. Bloodstained gibt dir die Option Brute Force, und so ziemlich alle Bossfights der zweiten Spielhälfte waren bei mir entsprechend von den spielerischen Abläufen ziemlich jämmerliche Veranstaltungen.

Nichtsdestotrotz hat es eine gute Mechanik und OP ist eine Karte die man nicht ziehen muss, und die auch wenn man sie zieht, sehr reizvoll, motivierend und äußerst befriedigend ist. Jedenfalls, wenn man sich nur marginal mit den Techniken beschäftigt kann man sich das Spiel extrem einfach machen, was für viele Spielernaturen ja durchaus reizvoll ist. Ich persönlich hätte mir da ein klein wenig mehr Schranken gewünscht die mein Oppen bändigen und mich auch mal vor die Wand knallen, aber da dieser Prozess auch so höchst unterhaltsam war, will ich dem Spiel da auch keinen Vorwurf machen. SotN tickte nicht unähnlich, war hier imo aber deutlich besser balanciert im Hinblick auf seinen Anspruch an den Spieler.

tl;dr:
Unterm Strich hatte ich enorm viel Freude mit Bloodstained. Es trifft den SotN-Vibe, spielt sich gut, bringt enorm viele Skills und RPG-Mechaniken und kleine Sidequestmöhrchen mit, und bindet einem das Vorankommen in der Map mit seinen kleinen Rätseln nicht allzu sehr auf die Nase, so dass sich Progress auch als eigener Erfolg anfühlt. Es hebt seine Potenziale nicht vollends, ist aber deutlich besser geworden als ich es mir erhofft habe, und schafft es somit auch in meine persönliche Top-5 des Genres.
Kurzum: Wenn man das Genre im Allgemeinen und SotN im Besonderen liebt, ist Bloodstained imo ein ganz klares Musthave das man gespielt haben muss.


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