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Autor: BOBELE
Datum:29.08.19 08:38
Antwort auf:Yu-Gi-Oh Legacy of the Duelist (Switch) von BOBELE

Ich habe seit Jahren kein Yu-Gi-Oh Spiel mehr gespielt und kenne auch die PS4- und XBox-Version dieses Titels nicht (scheint aber hier damals auch kein Thema gewesen zu sein), aber zur Switch-Version kann ich inzwischen mehr sagen… falls sich hier also doch noch zwei oder drei Interessenten für solche Spiele finden, hier ein paar Worte dazu.

Zur Einordnung zunächst mal: Ich mag solche Kartenspiele, wenn sie gut gemacht sind, und Yu-Gi-Oh ist imho gut gemacht. Ich kniffele gerne mit meinen Decks herum und kombiniere Karten zu was gut Funktionierendem, das ist für mich der spannendste Aspekt. Und natürlich gehört es dazu, das eigene Deck dann gegen gute, also möglichst menschliche Gegener zu testen. Was ich überhaupt nicht mag, ist der P2W Aspekt, also die Pflicht, massenhaft Karten zu kaufen, und dass dann auch noch nach dem Lootbox-Prinzip in den Booster Packs, in denen dann doch immer nur nutzloses Zeug ist. Ein Spiel mit echten Karten käme für mich also nicht in Frage. Eine digitale Version, in der alle Karten verfügbar sind, ist für mich also perfekt… wenn sie verfügbar sind. Hier in der Switch-Version habe ich Zugriff auf 9000 Karten, ohne noch was kaufen zu müssen, und das macht das so perfekt für mich. So mehr oder weniger, denn “gut gemacht” ist das so auch nicht…

… ich kann verstehen, dass es gerade für die Online-Variante blöd wäre, wenn jedem alle Karten im Spiek von Beginn an zur Verfügung stünden. Jeder würde nur perfekt abgestimmte Decks mit dem besten Karten bauen und der “Schwanzvergleich” wäre total öde. Es ist also komplett in Ordnung, dass man sich dafür die Karten irgendwie erarbeiten muss, zum Beispiel wie hier durch das Spielen des Kampagnenmodus und das verdienen einer virtuellen Währung. Zwei Kritikpunkte habe ich da aber doch:

1. Der Grindfaktor ist zu hoch. Hat man zu Beginn noch das Gefühl, man verdiene sich genug Punkte für einen brauchbaren Kartenstock, werden die doch sehr schnell sehr teuer. Durch die bekannte Art der Auspielung kommt man schon nach kurzer Zeit kaum noch voran… das heisst nicht, dass man nicht massenhaft Karten bekommt, man bekommt nur nicht die, die man braucht. Und das äussert sich dadurch, dass man…

2. … in der Kampagne “Rezepte” für Decks erspielen kann. Das sind im Grunde die Decks der Gegner in der Kampagne. Diese “Rezepte” tauchen also in der eigenen Liste auf und bestehen zu 90% aus Markierungen, welche Karten einem fehlen, um sie zu bauen. Es ist unheimlich mühselig, wenn ich fast unmöglich, hier die nötigen Karten zusammen zu bekommen. Und das ist blöde. Ich würde doch gerne solche Decks mal ausprobieren und damit rumspielen. Wie gesagt: Es wäre komplett in Ordnung, wenn ich die Karten für ein Onlinespiel erst sammeln muss, aber fürs Offlinespiel und zum Tüfteln wäre es doch schön gewesen, wenn man mir das Deck zur Verfügung gestellt hätte MIT den Karten, und nicht nur ein sinnloses Rezept. So kann ich das Deck nur an einer Stelle benutzen, und zwar in dem einen Duell, aus dem ich es erhalten habe, im Reverse-Match (bei dem ich auf Seite des Gegeners spiele). Und selbst da stelle ich schnell fest: Mensch, hier diese eine Karte durch eine andere getauscht und das wäre doch viel besser… solche Formen der Tüftelei werden aber kompett unterbunden. Hier hätte ich viel mehr Spaß haben können.

Aber okay, davon abgesehen funktioniert das Spiel eigentlich recht gut. Einziger weiterer Kritikpunkt ist noch die KI, die sich ein paar deutliche Schwächen erlaubt. Ich erwarte nicht, dass der Computer aus meinen gespielten Karten den Aufbau meines Decks antizipiert, das wäre wohl zu viel erwartet. Wenn ich als menschlicher Spieler sehe, dass der Gegener z.B. anfängt, Harpien zu spielen, dann gehe ich davon aus, dass er etliche zusammengehörende Harpien-Karten im Deck hat und auch die passenden Fallen und Spells. Wenn der dann also ein verdecktes Monster legt und dazu eine verdeckte Falle oder einen Spell, dann kenne ich schon die Wahrscheinlichkeit, was da so liegen könnte und wie ich am besten damit umgehen. Wie gesagt, DAS erwarte ich von einer KI auch gar nicht. Ihre eigenes Deck sollte sie aber schon kennen. Dabei lässt sie sich aber viel zu leicht in die einfachsten dummen Situationen bringen.

Beispiel: Wenn ich ein verdecktes Monster auslege und einen kompletten Fackelzug aun Fallen, und die KI hat nachweislich etliche Karten im Deck, mit dem sie Fallen entfernen oder kontern kann, dann würde ich erwarten, dass sie einen Angriff auf mein verdecktes Monster auch schon mal aufschiebt, bis sie die entsprechenden Karten auf dem Feld oder in der Hand hat. Tut sie aber nicht. Wenn die KI ein Monster auf dem Feld hat und ich lege ein verdecktes Monster hin, dann wird sie das immer und auf jeden Fall angreifen, aber wenn das offensichtlich nicht schlau ist. Wenn man das einmal weiss, baut man sich Decks mit entsprechenden Monstern und dreht die KI auf links. Hier lernt der Computer auch nicht dazu oder überrascht einen mal… Und es gibt ein paar solche Klöpse. Man merkt z.B., dass bestimmte Kartenfunktionen eine höhere Priorität für den Computer haben als andere. Hat es z.B. Kombikarten im Deck, bei denen man sofort gewinnt, wenn man das ganze Set auf der Hand hat, dann wird die KI immer in diese Richtung spielen, auch wenn sie nach der aktuellen Situation in zwei Zügen auf konventionelle Weise schon gewonnen hätte. Da steht man dann also nackt da ohne Monster auf dem Feld und beobachtet die KI, wie sie schlagkräftige Level 4 Karten wegsortiert beim verzeifelten Versuch, das Set aus dem Deck zusammen zu kriegen, anstatt die auszuspielen die Lebenspunkte des Spielers runterzukloppen. Das wirkt dann manchmal etwas seltsam. Aber unterm Strich ist das weniger schlimm, als es sich anhört. Vielfach bietet die KI auch ein starkes Spiel.

So, ich hab jetzt ungefähr 20 Stunden auf der Uhr, noch nicht EIN EINZIGES Deckzezept nachbauen können (ich hätte vermutlich meine ganze virtuelle Kohle in nur eine Kartengruppe ballern müssen), aber Spaß hab ich noch immer. Die Kampagne hab ich noch nicht mal zur Hälfte rum (die ist teilweise wirklich knackig) und an den Möglichkeiten, eigene Decks zu bauen, hab ich nur gekratzt. In der ein oder anderen Kampagnenmission war das Story-Deck so mistig (oder ich hab das Konzept nich kapiert, was wahrscheinlicher ist, wenn da steckt schon immer viel Hirn drin, würde ich sagen), dass ich mir ein eigenes Deck gebaut habe, was besser zum Storydeck des Gegners passt. Schön, dass das jederzeit möglich ist und hier glänzt der Spielspaß dann auch so richtig. Ich freu mich schon drauf, irgendwann mal genug gegrindet zu haben und brauchbare Decks für spannende Onlinespiele bauen zu können. Hoffentlich spielt das dann noch jemand.


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