Thema:
Erste Eindrücke sind hervorragend flat
Autor: token
Datum:27.08.19 13:11
Antwort auf:Remnant - From the Ashes von Pfroebbel

Wenn auch nicht zwingend die allerersten mit dem Tutorial. Das ist usual Mumpitz.
Die Ankunft im Hub ruft auch eher den Gedanken "zweckmäßig" aus. Eventuell wird das so MH-mäßig noch ausgebaut, keine Ahnung, das ist schon sehr bieder aufgemacht, ist aber auch recht egal für das eigentliche Spiel.

Zum Spiel selbst, ajo, nach vielleicht vier Stunden hab ich da natürlich noch nicht genug gesehen für eine belastbare Einschätzung. Aber alles was sich hier andeutet ist schon mal toppitop.

Wo anfangen? Vielleicht mal bei einem Punkt den ich elementar finde. Mir wurde im Chat gesagt dass sich hinter den Entwicklern diverse Darksiders-Verantwortliche verbergen. Und das fügte sich sofort ins Bild. Warum?
Darksiders wird gerne zusammengepampt auf das Fazit "erwachsener Zeldaklon" und "besser gut geklaut als schlecht erfunden". Das ist aber zu knapp gesprungen. Denn bei Darksiders war Zelda durchaus die Basis, so wie Gemüsebrühe die Basis vieler Suppen ist, aber je nach weiteren Zutaten kann sich diese in komplett unterschiedliche Entwicklungen entwickeln. Und selbst wenn alle Zutaten bekannt sind, kann sich eine ganz eigenwillige Komposition entwickeln. Wo man zwar alles kennt und es dennoch ein eigener geiler Remix entsteht, der sich in seiner Gesamtheit eben nicht mehr wirklich vergleichen lässt sondern einen eigenen Charakter entwickelt.

Und das war Darksiders, die Action Adventure Formel von Zelda bildete wenig subtil das Grundgerüst ab, und doch war das Spiel vollgestopft mit sehr sehr sehr vielen weiteren Zitaten. Alles hatte man schon irgendwie gesehen, Darksiders war eine gigantische Collage aus Versatzstücken, und doch ergab diese Collage ein in sich schlüssiges und funktionierendes Bild und diese Mixtur gab dem Titel, obwohl man sich hier, wohlwollend ausgedrückt, von anderen Games inspirieren ließ, eine eigene Note die es zu deutlich mehr machte als einem reinen Copy&Paste Abklatsch.

Willkommen bei Remnant. So viel kennste kennste kennste, und doch, so eine Mischung kennt man halt doch nicht. Wo soll ich es denn bitte festnageln? Truppenfeeling wie bei Destiny? Aber 3rd Person. Also doch eher Division? Aber halt RNG Level und vom Szenario eher Cowboy Bebop meets FROM-Monsterdesign und ganz anderes Gameplay, nicht Deckung sondern Dodge. Dark Souls? Ja, so viel vom Gameplay ist Souls, Patterns lernen, alles gut beherrschbar, auch für alte Menschen beherrschbares Tempo und Zeitfenster aber Fehler werden so übel bestraft! Lesen, dodgen, in Weakpoints stoßen. Aber hier ist Melee Ergänzung und Schusswaffe primär. Jesses, da ploppen so viele Assoziationen hoch, selbst sowas wie Vanquish mischt sich durch Gunplay mit harten Dodgemechanics rein, und nichts davon passt wirklich sobald man wieder auf das Gesamtbild herauszoomt.
Wie Darksiders ist so unheimlich viel geklaut, aber halt auch nicht, weil sehr viele eigene Ideen drinstecken und die Mischung für sich total erfrischend ist.

Das Ding ist, wenn du sowas machst, dann funktioniert das nur, wenn du bei jedem Rädchen was du dir schlabüsterst verstehst was an diesem Rädchen funktioniert und was nicht und warum, und in der Lage bist das so in den Kuchen zu fügen dass es auch in der eigenen Vision alles ineinander greift und aufgeht.
Und genau im Hinblick auf diesen Aspekt entsteht bislang ein unheimlich vielversprechendes Bild. Es wirkt sofort so wie ein Spiel von Leuten die das was sie gemacht haben auch selber spielen wollen würden, und wo neben diesem Wunsch auch das Können und mechanische Verständnis dafür da ist, wie man diesen Reifen auf die Straße bringt.

Nehmen wir etwa mal den Aspekt RPG-Lootgame-Coop. Immer wieder spielt man diese Games und manchmal denkt man, herzlichen Glückwunsch, da hat sich mal jemand für zwei Sekunden gemacht, wenn man etwa gute QoL-Features bei bspw. Schnellreisen zu Spielpartnern findet, dieses Gefühl, das hat jetzt jemand gemacht der diese Spiele selbst zockt und mal gerafft hat wie hart die gängigen Lösungen nerven.
Und bei Remnant denk ich das bislang durchgehend.

Es hat ein vom RPG-Unterbau so überschaubares Prinzip und trifft den sweet spot aus griffigen und verständlichen Prinzipien und Buildfreiheiten nahezu perfekt.
Da ist einerseits das Gear, Klamotten und Waffen lassen sich über Einsatz von Materialen und Kohle die dropt aufwerten. Also klassisch Gearscore, mit schönen Schleifchen und Möhrchen. Aber eben auch die Cards, quasi Fertigkeitenpunkte durch Erfahrungsgewinn, die man Stats wie Health oder Stamina geben kann.
Und dann Individualisierung durch Mods die man in Waffen stecken kann und die ein Special durch den mit der Waffe angerichteten Schaden auflädt.
Einfach, schnell verstanden, und dennoch ausreichend Tiefe und Freiräume für übliche Buildgelüste die sich im Gameplay spürbar niederschlagen und ständig mit Möhrchen winken.  

Dann sowas wie Coop. Schnell erkennt man, hier wären mögliche Synergien, da wären mögliche Teamtaktiken, man kommt gut durch wenn jeder auf sich schaut und keinen groben Quatsch macht, du hast aber schon früh gut sichtbare Räume für Teamplay was deutlich effizienter sein könnte und manchmal auch notwendig ist oder Dinge einfacher macht.
Und dann die Lootmechanics im Coop, ich kann wieder nur sagen, du merkst, die spielen sowas selbst und die haben auch ihr eigenes Spiel gespielt.
Erstmal ein Ansatz der so einfach und naheliegend ist, dass es bemerkenswert ist, wieso man sowas nicht einfach immer sieht. Nämlich Drops. Wir kennen sowas wie instanziertes Loot wie bei Destiny, wo jeder seinen eigenen Kram kriegt. Das übliche Gezeter im Chat mit vermeintlichen Glücksuschis und Jammerhorsts. Was sich aber auch schnell abnutzt. Dann sowas wie Borderlands mit geteiltem Loot, na wer darf von uns jetzt diese tolle Waffe haben. Schlechtes Gewissen vs. Gier.

Beide Varianten machen etwas merkwürdiges, obwohl die Spieler ein Team sind, teilen sie ihre Erfolge nicht. Man scheint zu denken diese Neid-Gier-Mischung dieser Interpretationen sei ein Mehrwert. Aber warum eigentlich? Warum kann eine Gruppe die gemeinsam arbeitet sich nicht die Früchte dieses Teamworks auch teilen? Warum sollen sich nicht alle gleich freuen oder gleich schwer atmen wenn der Würfel rollt? Ja warum eigentlich?! Du spielst Remnant und merkst, es gibt dafür keinen Grund! Loot wird geteilt! Supergeil! Du hebst auf, ich krieg es auch. Ich heb auf, du kriegst es auch. Automatisch! Und es ist super!
Und es ist auch komfortabel. Weil es eben nicht nur für Gear oder so gilt, sondern auch für Mats&Co. Und warum auch nicht. Wenn da ein Stück Eisen liegt das jemand sieht und dann aufhebt, ist es dann quality time wenn der Mitspieler ruft, hey, hier liegt Eisen, und dann rennt man hin und hebt es selbst auf. Wenn sowas ständig passiert? Oder ist es dumme Scheiße und dass jeder kriegt was der andere aufhebt ist brillant? Letzteres, ich muss doch nicht jedem hinterherlaufen, man kann sich das abfarmen eines befreiten Bereichs wo man die Mats mitnimmt so auch aufteilen. DAS ist Team. Das ist Gruppengefühl.
Es ist gut so, dermaßen gut dass es irgendwie fassungslos macht dass das nicht der Standard ist.

Und es geht weiter, fliegt ein Spieler aus der Session nimmt er bei seinem Wiederanflug in die Gruppe auch alles mit, was die Gruppe bis dahin zwischenzeitlich aufgesammelt hat. Diese Kleinigkeiten die man in der Regel anders kennt und die so hart nerven und frustrieren, Remnant ist was diese Dinge angeht so gut durchdacht und ich liebe die Perspektive der Entwickler darauf was wirklich sinnig ist (Munition gilt individuell und Aufheben muss im Team abgestimmt werden) und was nicht. Loot&Mats für alle ohne Doppelmoppel und Menschenketten die wie Müllsammler durch den Park ziehen. Und ohne Fragmentierung dessen wer was kriegt sondern gemeinsam Scheitern und gemeinsam Feiern ohne Erklären zu müssen warum weil jeder das gleiche fühlt.

Und dann das Gameplay. Auch dieser Blick für Details. Was brauchst du in dieser Art Spiel? Erstmal eines, Impact und Feedback. Ich hab nicht schlecht gestaunt als ich meine Pistole abfeuere und das mich anspringende Monster erstmal zurückfliegt als hätte Poldi seinen linken Hammer ausgepackt. Übertrieben? Vielleicht. Geil? Definitiv!
Es klingt so kurios, es ist halt Souls mit iFrames beim Dodge und kucken und hören wer was andeutet und gutem Fieldplay um nix im Rücken zu haben, aber eben vorrangig Shooter und nicht Melee. Und das bei gediegenem Tempo mit gut beherrschbaren Zeitfenstern sobald man die Gegner und ihre Muster versteht. Ich hab gestern auch viele Tode gesehen, aber jedes mal hab ich gedacht, ich Idiot, das bin ich doch selber schuld, das kann ich so nicht bringen, das muss ich anders spielen.
Und dann lernt man und wird besser, oder man geht in die Basis, levelt gear, und erschlägt die Probleme mit Pauer. Halt das was man am Genre liebt.

Ich hab gestern nach der Teamsession wo wir beim Boss abgeprallt sind, auch noch einen kurzen Grindrun angehängt, und da schon paar coole Details gesehen. Da war etwa ein Gegner wo die Taktik war, dass einer Aggro zieht und die anderen zwei in den Rücken ballern weil er dort verwundbar ist, und bei Frontalangriffen mit Schwertern die Kugeln zerschneidet. Und dann hab ich gedacht, ja, lustig, wie soll ich das alleine machen. Und dann als er attackiert die frontale Dodgerolle in seinen Rücken, aber als ich mich drehe, hat er sich auch schon gedreht und holt schon wieder aus. Aus der Doppelläufigen Shotgun erste Kugel mitten in seinen Angriff rein, und dann die zweite hinterher wie ein Kaninchen vor einem LKW dessen Aufprall es erwartet und dennoch nicht zur Seite zur Seite springen kann. Zweite Kugel trifft, es staggert ihn und Momomomonsterschaden!
Einmal gecheckt lag der nächste Heini in unter zehn Sekunden da wo wir vorher zu dritt auch mal zwei Minuten um ihn herum getänzelt sind. Sowas liebe ich ja, erstmal Respekt und lehrreiches Backenfutter, und hast du den Gegnern verstanden ist er richtig gespielt lächerliches Kanonenfutter, wo du aber auch keine dumme Scheiße machen kannst weil der Hit richtig weh tut.

Und weitere coole Lösungen. Etwa Revive. Jeder Spieler hat 3 sehr mächtige Heilitems auf L1 mit denen er sich selbst wieder hochziehen kann. Und die werden an jedem Checkpoint wieder aufgefüllt. Diese werden aber auch benutzt um andere Wiederzubeleben. So ein gutes System was einerseits die Endlosreviveproblematik organisch löst, dabei aber auch einen schönen Zwist einbaut. Weil Heal auch über consumables geht. Diese werden aber nicht durch Checkpoints aufgefüllt. Und zum Abrunden gab es auch eine Mod die per Waffe aufgeladen wird, und deren Special ein Heilkreis ist den das ganze Team nutzen kann.
Da merkt man schon die einfachen mechanischen Feinheiten und sie greifen bislang echt super ineinander. Das passt alles, alles ergibt Sinn und hat clevere Anreize und schafft coole Konflikte beim Taktieren mit seinem Haushalt, sowohl individuell als auch im Team.

Dazu gibt es auch Statuseffekte die man sich fangen kann, und die auch mit Conusmables weggehen, aber wir erinnern uns, diese sind endlich, droppen überschaubar, und werden dann gekauft. Im Bosskampf wieder nicht aufgepasst und Blutung gefangen. Was mache ich wenn es gerade ganz okay läuft. Meine Bandage aufsparen und den Tod riskieren, mich damit heilen was auch zum Revive gebraucht wird? Diese vielen kleinen Dinge die auch Spaß machen und eine reizvolle Tiefe anbieten die aber auch sofort verstanden ist.

Auch Loot hat erstmal gut gewirkt, Leveling durch Mats und dafür kein permanenter Lootspam wo Loot im Grunde nur verkleidete Mats zum Zerlegen sind und mit Micromanagement nerven. Gefällt mir auch sehr sehr gut dass hier nicht inflationär sondern durchdacht gedroppt wird und man hier nicht alle 60 Minuten Hausfrau spielen muss welche die Inventarküche aufräumt, und es trotzdem Loot-RPG bleibt und nicht Arcade ist.


Ich schließe jetzt erstmal ab mit dem Geschwurbel.
Nur soviel als vorläufiges Fazit:
Ich kenne ja die M!-Bande die sich in Destiny/MonHun/Division/Anthem rumtreibt.  
Und dieser kann ich nur ans Herz legen sich Remnant zu geben, das ist für mich auf einem guten Weg, da wo ich mich schon genremüde gewähnt habe, einer der spannendsten und durchdachtesten Vertreter aus dieser Riege zu werden. Und das zum Niceprice von 40 Euro.
Es ist verrückt wie viele Leute Anthem gespielt haben, und wie wenige das hier zocken, verrückt. Hört auf die Destinyleiche zu schänden, hört auf auf Borderlands zu warten, kauft und zockt dieses Spiel.
Und mal speziell an @Pfombo, was ist denn da passiert, das ist doch GENAU dein Beuteschema das alle offenen Türen einrennen müsste. Urlaub?


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