Thema:
Katana Zero flat
Autor: token
Datum:06.08.19 07:00
Antwort auf:Durchgezockt Nr. 37 - 0/10 oder GOTY? von wantan

Da das Spiel hier gefühlt eher unter Ausschluss der Öffentlichkeit läuft, erst mal kurz was das überhaupt ist.
Katana Zero greift das schnelle Die&Retry-Prinzip von Super Meat Boy auf und interpretiert es ähnlich wie Hotline Miami als Mix aus Geschicklichkeit und Puzzle zu treibender Mucke welcher in seinen besten Momenten als rauschartige Schleife aus Gewalt und Style fesselt.
In natura schaut das dann so aus:
[https://media1.giphy.com/media/26AHKUzOZv1cSFWfu/giphy.gif?cid=790b76115d48fa26524f73366b2e48ce&rid=giphy.gif]

Ich bin nach dem Durchspielen ein wenig unschlüssig wie geil oder ungeil ich es fand, das ist eines dieser Spiele die zu Teilen unfassbar erhaben sind, und zu Teilen nervig, dumm und unausgegoren daherkommen.
Wirklich auf den Punkt ist etwa der 16bit-Look, dieser verlässt nie seinen grobschlächtigen Pixellook, wirkt durch die superben Animationen und die butterweiche Framerate aber auch recht modern und nicht altbacken. Das alles wirkt auch unheimlich stilsicher und hat in seinen Details ein exzellentes Händchen für die Inszenierung der Action und Gewalt. Da ist nicht viel Luft nach oben wenn es um so eine Ausrichtung geht.

Hervorragend ist auch die reine Spielmechanik. Man hat ein überschaubares Korsett an Aktionen, laufen, springen, slashen, dodgen, Gegenstände werfen und eine Taste um Bullettime zu triggern. Extrem griffig und auch derbe spaßig.
Diese kompakte Mechanik wird auch toll ausgereizt über verschiedene Gegnertypen die unterschiedliche Strategien erfordern, Gegnern die Einzelschüsse verteilen kann man per Bullettime und Schwerthieb ihren eigenen Schuss zurück in ihr Gesicht schicken, Shotgunnern die streuen dodged man durch den Kugelhagel entgegen, Schildträgern geht man bevorzugt in den Rücken etc.
Mechanisch sind alle Hausaufgaben gemacht, das ist spielerisch ziemlich rund und unterhaltsam.

Gut fand ich auch den Soundtrack, wobei mich dieser zu keiner Zeit so auffressen konnte wie der von Hotline Miami, wo das Spielerlebnis im Gesamtbild die Natur eines Drogentrips erlangen konnte. Da kommt Katana Zero nicht hin, ist aber dennoch recht stimmig.

Tja, und dann ist da die Story. Anfangs noch recht geil und spannend und willkommene Abwechslung zum Gameplay, wird es immer verschwurbelter und verschwurbelter und nimmt für meinen Geschmack auch viel zu viel Raum ein. Zum Ende hin empfand ich das alles nur noch als komplett wirres Gedöns bei dem ich mich gefragt habe ob der Autor Lack gesoffen hat und überhaupt selbst noch rafft was er da eigentlich erzählen möchte. Abgerundet wird dieser stetig abfallende Eindruck noch mit einem Ende das man kurzum als Frechheit titulieren kann.

In den Wahnsinn trieb mich auch das Speichersystem des Spiels bei dem nie wirklich klar ist, wann gespeichert wurde und wann nicht. Ich hab gleich zwei unglaublich ausladende und durchaus knifflige Level KOMPLETT wiederholen müssen, weil ich sicher war den Savepoint erreicht zu haben, was dann aber nicht der Fall war. Da das Spiel zu jedem Zeitpunkt klar ersichtliche Rücksetzpunkte hat wissen wohl nur die Entwickler warum das Speichersystem derart verschroben ist und man nicht einfach jederzeit manuell speichern kann. Ein Schelm wer denkt das sei Absicht um den überschaubaren Content zu kaschieren. Ich bin mir nicht mal sicher ob das vielleicht Bugs waren weil es zuweilen so bescheuert war wohin ich beim "Fortsetzen" zurückgeworfen wurde, bis zum Schluss hab ich die Logik dahinter nicht kapiert.

Hinsichtlich Umfang, hier hätte ich mir mehr gewünscht, auch generell mehr Game, mehr Screens und weniger Storyelemente, bzw. kürzere Storyelemente, und vor allem verständlicher und weniger durchgeknallt. Das Spiel hat so eine gute Mechanik, das ist spielerisch so wertig, dass ich diese Art von Gewichtungen nicht verstehe. Obendrauf kommt, dass der Anspruch an den Spieler zum Ende hin extrem steil nach oben geht. Zum Ende hin werden einem Problemstellungen im Konzentrat um die Ohren gehauen, und die Passagen wo man fehlerfrei bleiben muss werden länger und länger, für meinen Geschmack auch einen Tick zu lang so dass Motivation punktuell auch ins Augenrollen umschlägt wenn kurz vorm Finish noch ein Dickmove gezündet wird und alles wieder auf Anfang geht.
Das ist alles zwar ganz gut machbar wenn man es mal gerafft hat wie man vorgehen muss, wird man besser und besser, ich hätte mir dennoch eine flachere Anspruchskurve gewünscht, und einfach mehr Content statt einem im Schlussspurt plötzlich alles um die Ohren zu knallen was bei drei nicht auf den Bäumen ist.

Joa, das mag jetzt auch negativer klingen als es war.
Ich fand das Spiel geil, es hat mich gefesselt, und gerade das kritisierte letzte Viertel des Spiels hat, wenn ich auch genervt war, meinen Ehrgeiz geweckt. Noch ein Versuch. Noch ein Versuch. NOCH EIN VERSUCH! Mühsam ernährt sich, und dann Bäm!

Ich kann dem Spiel nicht vorwerfen dass es nicht gut war, und für 15 Euro ist es auch sehr fair bepreist und ledert viele seiner Komponenten auch wirklich auf höchstem Niveau ab. Ich würde es schon zu den Topgames aus dem Indiesegment zählen, nicht die absolute Spitze, aber alles andere als Stangenware.
Es ist aber auch nicht frei von Ecken und Kanten die ganz schön auf den Sack gehen können, da hätte man mit ein wenig mehr Schliff beim Flow, weniger Storygeschwurbel, mehr Content, wirklich in den Olymp vorstoßen können. Das hat man imo klar verpasst.


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