Thema:
Re:Ich blicke dann wohl nicht zwischen die Zeilen... flat
Autor: BOBELE
Datum:03.07.19 14:26
Antwort auf:Re:Ich blicke dann wohl nicht zwischen die Zeilen... von G'Kyl

Als erstes mal Danke für Deinen unaufgeregten Input :)

>Man muss es in dem Fall gar nicht so kompliziert machen. Entwickler, die in Ländern mit relativ hohen Arbeitsplatz- und Lebenshaltungskosten Spiele machen, müssen sie auf einigen Märkten quasi unter Wert verkaufen - was so lange funktioniert, wie die Spiele auch ausreichend zu dem aufgrund der Entwicklungskosten kalkulierten Preis verkauft werden.

Ich bin durchaus ein Freund davon, Sachverhalte zu vereinfachen, um Zusammenhänge zu veranschaulichen. In diesem Fall aber glaube ich, vereinfachst Du zu stark und blendest damit dann die eigentlichen Knackpunkte aus. Deine Darstellung beschränkt sich ja nur auf den vermutlich sehr seltenen Fall eines kleinen Herstellers, der mit vielleicht fünf Angestellten eine komplette Produktion alleine und in einem Land mit hohen Löhnen wie Deutschland stemmt. Aber gibt es das? Nehmen wir mal an, eben dieser Hersteller will, wie von Dir beschrieben, nun sein Produkt weltweit verkaufen, um den Gewinn zu maximieren. Dazu muss er aber, als Beispiel, die Dialogtexte seines Spiels in diverse Sprachen übersetzen lassen. Das wird er dann aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in einem teuren deutschen Übersetzungsbüro tun, sondern in einem solchen in, sagen wir, Indien. Er wird also das Lohngefälle im Rahmen der globalisierten Welt nutzen, so gut er kann. Die "Industrie" tut das eben. Ob das dem heimischen Markt gut tut oder nicht, die Frage stellt doch da niemand. Und wenn man da auch mal sehr vereinfachen möchte, auch nicht die Frage, ob die deutschen Übersetzer nun mangels Aufträgen und Einkünften die Preise für teure Computerspiele bezahlen können.

Anyways: Der selbe Hersteller, der nun einerseits die Vorzüge von Billiglohnländern (niedrige Löhne eben) ohne zu Zögern zur Gewinnmaximierung nutzt, will auf der anderen Seite den Konsumenten das Nutzen der Vorzüge verbieten (niedrige Preise für Produkte in eben diesen Billiglohnländern). Dazu rücken sie Konsumenten auch schon mal gerne in die Nähe der Illegalität (mit Begriffen wir "Grauimporten" etc.)


>So verstehe ich das jedenfalls. Das System wäre damit nun mal per Definition schief bzw. fragil. Aber wie willst du es anders machen? Sollen sie ihre Familien verlassen, um unter anderen Bedingungen in anderen Ländern entwickeln oder einfach weniger aufwändige Spiele machen? Und muss man, nur weil es das fragile System erlaubt, dessen Schwachstellen unbedingt ausnutzen, um auch ja nur den größtmöglichen eigenen Vorteil zu erzielen?

Ja, das ganze System ist Mist. Außer der utopischen Idee, in allen Ländern für eine gleiche wirtschaftliche Kraft zu sorgen und für sehr ähnlich bewertete Währungen, fällt mir da keine Lösung zu ein. Es kann aber doch nicht sein, dass die Schwachstellen nur von der Industrie ausgenutzt werden dürfen und dann erneut zum deren Bereicherung für den normalen Menschen zu nutzen verboten wird. Genau das will die Spieleindustrie ja herstellen. Die Mechanismen des Marktes nur zum eigenen Vorteil nutzen, ansonsten restriktiv bis hin zum Monopolismus beschränken.

>Ich finde es jedenfalls ganz richtig, dass die Betroffenen darauf aufmerksam machen. Mehr ist es ja nicht.

Vielleicht ist das im Einzelfall ja wirklich gerechtfertigt. In dem verlinkten Artikel ist das aber eine Generalabrechnung mit alternativen und für die Softwarehersteller unattraktiven Vertriebswegen, die meiner Meinung nach deutlich übers Ziel hinaus schiesst. Bei einer derart kranken und kundenfeindlichen Meschpoke, wie die Spieleindustrie es inzwischen geworden ist, find ich so ein Gejammer dann eben schnell deplatziert.


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