Thema:
Re:Lieber verspielt als totgearbeitet... flat
Autor: Optimus Prime
Datum:06.06.19 17:44
Antwort auf:Lieber verspielt als totgearbeitet... von JPS

>Im Zweifel stört mich in der Nachbetrachtung eher die Zeit und vor allem Energie die mich meine Arbeit kostet. Denn die geht im Gegensatz zu Videospielen tatsächlich vom produktiven/kreativen Kontingent meiner Lebenszeit ab und reduziert damit die Möglichkeit mich näher an meinen Wunschvorstellungen zu verwirklichen.

Das hängt natürlich stark vom Job ab. Wenn ich mich so umhöre ist der Großteil von Menschen mit seiner Arbeit nicht zufrieden, was ich überaus schade finde. Mal sind die Ängste den "sicheren" Job aufzugeben zu groß. Mal ist man zu faul sich etwas neues zu suchen. Andere verdienen gerne viel und machen dafür Dinge die nicht so viel Spaß bereiten etc.pp.
Ich hab mich schon öfter gefragt wie die Welt wohl aussehen würde wenn jeder nurnoch das machen würde worauf er Lust hat? Im Grunde sollte es ja eigentlich so sein, aber könnte unsere Gesellschaft so funktionieren?

>Den Großteil meines Lebens war ich in der IT tätig, wo dann doch hinter vielen Supportfällen oder Projekten direkt größere Ausfallzeiten und Kosten stecken und man somit immer hohe und bei Bedarf spontane Einsatzbereitschaft und saubere und genaue Arbeitsweise an den Tag legen muss.
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>Oft nimmt man Probleme auch geistig mit in die Freizeit oder muss im Zweifel auch nach Feierabend oder am Wochenende ran, wenn sich irgendwo ein Notfall ergibt. Klar kommt das nicht jede Woche vor, aber allein die Möglichkeit, dass es passieren kann, löst zumindest bei mir einen gewissen dauerhaften Druck aus, den ich bei anderen, weniger verantwortungsvollen Jobs nicht hatte.
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>Und das ist dann eben wirklich Zeit und Energie, die einem an anderen Stellen fehlt.


Diese dauerhafte Anspannung bei Bereitschaft ist wirklich ekelhaft. Das nimmt einem komplett den drive für Entspannung raus wenn man Pech hat.
Ähnliche Situation: Ich habe ab und an Versuche bei denen ich auf Patientenmaterial angewiesen bin. Dieses kann dann irgendwann zwischen 8 und 17 Uhr kommen. Sobald es da ist geht der Versuch an sich nochmal 7-8 Stunden. Man muss jederzeit vorbereitet und abrufbereit sein. Das hindert mich enorm daran mich auf andere Dinge einzulassen, da die ganze Zeit eine gewisse Anspannung im Raum liegt. Meistens kommt der Anruf dann wenn man sich dazu entschieden hat jetzt doch noch etwas anderes zu machen ^^

>Videospiele und auch das darüber informieren, ist für mich hingegen Entspannung und wie Du selbst bzgl. der schubweisen Kreativität schreibst, kann man Zeitfenster der Entspannung und Zeitfenster der Kreativität/Produktivität nicht einfach beliebig untereinander austauschen.
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>Es ist also nicht so, dass ich in der Entspannungszeit stattdessen die Welt hätte retten oder den genialen Geschäftsplan zum Millioneneinkommen hätte entwickeln können. Ich hätte im Wesentlichen nur die Videospiele gegen eine andere entspannende Tätigkeit tauschen können - und wenn ich mir da die Hobbies von anderen Leuten anschaue (oder noch schlimmer Leute die gar keine Hobbies haben oder sich zum Workaholic entwickeln), würde ich mich immer wieder für die Videospiele entscheiden. IMO befinden wir uns mit diesem Hobby durchaus in der oberen Hälfte der erstrebenswerten Freizeitbeschäftigungen.


Mein Problem war ja, dass ich während meiner Entspannungszeit mein Entspannungsgut (also Videospiele) konsumiert habe aber dabei null komma null Entspannung erfahren durfte weil es sich wie Arbeit angefühlt hat.

>Das klappt natürlich nur, wenn man die Videospiele als Entspannung wahrnimmt. Jede Form von Zwang (Komplettierung von Spielen und Achievements, Anwesenheit in Communities, Tages-Boni und zeitlich begrenzt verfügbare Missionen, etc.) läuft dem entgegen. Wenn ich sowas bemerke breche ich daher sehr schnell ab und vermeide ähnlich Spielerfahrungen. Das führt dann auch dazu, dass ich im Jahr maximal 5 Spiele tatsächlich bis zum Abspann durchspiele - den Rest breche ich ab, sobald ich das Gefühl habe, dass mir ein anderes Spiel mehr Entspannung und/oder Unterhaltung bieten würde.

Schwer zu beschreiben, aber es lag nicht per se am Spiel selbst. Es waren durchaus Kandidaten die ich normalerweise zur Entspannung heranziehe. Es lag dabei definitiv an meiner inneren Unruhe. Vertreter die mich garnicht entspannen kauf ich erst garnicht ;)

>Das einzige was ich noch nicht abstellen konnte ist der Zwang/Wunsch mehr Spiele zu besitzen als ich tatsächlich spielen kann - daran sollte ich arbeiten, da es mir indirekt vermutlich ein paar Jahre frühere Rente ermöglichen würde. Das Einbeziehen solcher langfristigen Auswirkungen ist für mich tatsächlich schwierig - obwohl ich es irgendwo schon im Hinterkopf habe.

Super schwierig, aber einfach lagsam herantasten. Gerade geht es damit bei mir ganz gut. Anthem für 20€, hätte ich sofort zugeschlagen, aber nee lass mal. Ebenso im For Sale, Start Trek Bridge crew super günstig, war schon kurz davor ne PM zu schreiben, aber nee hab noch zig ungespielte VR games. Ich versuche das gerade so beizubehalten :)

Sind deine Spiele denn Retail Games oder Digital? Vielleicht bessern sie ja in Zukunft trotzdem mal deine Rente auf ;) --> Wobei ich ja glaube, dass dieses nostalgische Sammeln und die Preissteigerung von irgendwelchem Retrokrempel nicht mehr so verläuft wie bisher. Die streamende Jugend wird das höchstwahrscheinlich eher ignorieren.

>Die Idee etwas hinterlassen zu wollen spornt mich gar nicht an. IMO ist das für 99,9% der Menschen abgesehen von etwas Vermögen für Kinder und Enkel gar nicht möglich.

Das ist eine Frage an den Maßstab. Etwas zu hinterlassen kann viel bedeuten. Es muss ja nicht direkt die Heilung von Krebs sein oder sonstiges. Man könnte auch sagen "die Gesellschaft bereichern". Da geht es mir einfach auch darum nicht alleine in seinem Kämmerchen zu versauern und still und leise vor sich dahin zu vegetieren. Aber wenn jemand damit super glücklich ist dann kann er das natürlich auch machen. Zufriedenheit steht ganz weit oben.

>Welche Menschen die vor 500 Jahren gelebt haben, haben denn etwas hinterlassen, das jetzt noch Einfluss auf die Welt und jetzt lebende Menschen hat? Selbst wenn man nur 100 Jahre zurückgeht, dürften wir schon im niedrigen, einstelligen Prozentbereich liegen.
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>Und auch bei den 0,1% die etwas hinterlassen haben, dass mehrere hundert Jahre später noch von Bedeutung ist, musst man nur nochmal 1000 Jahre drauf packen um auch das in die Bedeutungslosigkeit verschwinden zu lassen. Und was sind 1000 Jahre umgerechnet auf das Alter unseres Universums?
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>Von daher macht es IMO viel mehr Sinn im Jetzt zu leben und zu versuchen das Leben von Mitmenschen zu bereichern, anstatt zu versuchen gezielt etwas für die Nachwelt zu schaffen. Aber dafür braucht man halt auch Zeit und Energie - und zwar die aus dem kreativen/produktiven Kontingent, nicht aus dem Entspannungs-Kontingent.


Damit hast du absolut recht. Eventuell kam das von mir im Ursprungspost falsch rüber. Wie weiter oben schon erwähnt geht es nicht darum in den Geschichtsbüchern zu stehen.
Außerdem ist es in Anbetracht deiner Überlegung wirklich schade wie oft man die Zeit mit sinnlosem vergeudet. Es gibt so viele dämliche Jobs...


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