Thema:
Re:Das Leben verspielt flat
Autor: Optimus Prime
Datum:27.05.19 16:20
Antwort auf:Re:Das Leben verspielt von ID

>Vielen Dank auch von mir für das Teilen deiner Gedanken.
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>Ich war zumindest in einer ähnlichen Situation, wenn auch nicht die gleiche. Evtl. helfen dir meine Gedanken beim finden neuer Perspektiven auf dein persönliches "Problem".
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>Vor ca. 2 Jahren war ich in einer Situation, in der ich ebenfalls alles spielen wollte und vor allem alles zu Ende bringen musste, was ich angefangen hatte. Es musste unbedingt eine Platin-Trophäe sein, auch wenn ich dafür 5 Stunden lang irgendwelchen sinnlosen Scheiß machen musste. Der Höhepunkt war dann, dass ich mir ein Spiel gekauft hatte, nur um diese Trophäe zu bekommen. Das dürfte dann der ausschlaggebende Punkt gewesen sein, an dem ich alles in Frage gestellt hatte.



Zum Glück bin ich nicht anfällig für diese Trophäensammelei. Wenn ich merke ich benötige nurnoch ein klein bisschen Aufwand für Platin, dann kann es evtl passieren, dass ich die doch hole. Allerdings schaue ich vor dem spielen auf keine Trophäenliste und danach maximal um zu sehen was sich die Entwickler so ausgedacht hatten als Aufgabe. Ich besitze glaube ich 4x Platin (Bloodborne, The Witness, NiOh und No Man's Sky; bei God of War fehlt mir ), das sind aber eher Qualitätsmerkmale für die Spiele und nicht einer Trophäensammelwut geschuldet. PSN Profiles sagt von 230 Games besitze ich 27,55% Trophäen.
Trophäen wurden ja erfunden um eine gewisse Spielerbindung zu erreichen und die Sache gegebenenfalls etwas aufzupeppen; ist aber schade wenn es sich dann so negativ auswirkt wie in deinem Fall.


>Grund dafür war vor allem, dass ich kaum Zeit zum Spielen hatte und habe. Durch das Leben als Familienvater bleibt mir eine Stunde am Abend, evtl. mal 1,5. Und ganz selten mal unter der Woche, wenn die Famliy nachmittags mal unterwegs ist.  Wenn man dann noch den Anspruch hat, alles perfektionieren zu müssen, bricht irgendwann alles in sich zusammen. Dazu kam dann noch, dass ich mich neben dem Spielen auch sonst relativ viel mit der Materie befasst habe, viel gelesen, Videos geschaut, und vor allem Gedanken darüber gemacht. Es kamen also locker nochmal 2-3, wenn nicht mehr Stunden täglich zum Spielen hinzu, die sich um das Thema drehten.


Das ist hier glaube ich bei vielen der Fall. Das Hobby ist einfach zeitintensiv und oftmals kommen dann andere Dinge zu kurz. Ich muss immer an folgenden comic denken, wobei bei uns sicher noch einige Slots mehr ausgefüllt wären:

[https://i.kym-cdn.com/photos/images/newsfeed/001/242/949/b91.jpg]


>Mehr oder weniger parallel dazu habe ich durch Zufall bei youtube eine Reportage über Minimalismus gesehen. Die hat dann irgendwie alles verändert und einen nach wie vor andauernden Prozess in mir ausgelöst.
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>Ich habe angefangen, auszumisten. Und zwar überall: Im Haushalt, bei der Kleidung, im Aktenschrank, digital auf dem Rechner und dem Smartphone, usw. Der Höhepunkt ist aktuell das Wechseln meines Jobs hin zu einer spezialisierten Funktion und weg von "Ich kann alles, aber nichts richtig", einer der größten Schritte für mich überhaupt.
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>Ich hatte gemerkt, dass, je weniger ich habe, desto weniger mich das alles belastet, vor allem mental. Ich hatte gehofft, dass dies alles automatisch auch einen positiven Effekt auf meine Beziehung zu den Spielen hat, aber so war es erstmal nicht. Die Probleme waren die gleichen, also musste nun auch mein eigentlich einziges Hobby - neben meiner Familie natürlich - meinem Minimalismus zum Opfer fallen.


An ausmisten und minimalistischer Leben habe ich in den letzten Jahren auch öfter gedacht. Bei Games bin ich teilweise Digital gegangen wo ich es früher nicht getan hätte. Allerdings gibt es leider noch zu oft gute Retail Angebote wo der Preis dann doch ausschlaggebend ist in meinem Fall. Die Boxen und Discs sind für mich nicht mehr wichtig. Manchmal sind diese Eher wie ein altes Familienfoto welches man im Schrank findet und kurzzeitig Erinnerungen weckt. Einzig bei Blu-Rays habe ich noch einen ausgeprägteren Sammlertrieb welchen ich zu unterbinden Versuche aber immer wieder scheitere :/

Mein größten Probleme an der Sache sind:

a) anzufangen mit dem Ausmisten, weil ich weiß es wird viel Zeit kosten. Zeit in der man anderen Dingen nachgehen könnte.

b) Bevor ich für meine Games 5€ pro Stück bekomme behalte ich sie lieber, da der sentimentale Wert größer ist.

Sowohl von a als auch b möchte ich mich in nächster Zeit verabschieden, ich hoffe es klappt.

Ich glaube auch, dass weniger Besitz zu einem unbeschwerteren Gefühl beitragen kann. Die Streamingzukunft kommt dem zugute.


>Und genau das war dann schlussendlich auch der Schlüssel zu einem jetzt viel besseren Stand den Games gegenüber.
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>Ich hatte angefangen, erstmal die Spiele von "sichtbar" zu "unsichtbar" zu machen, also in einen Schrank zu verstauen. Das hatte zur Folge, dass ich mich nicht mehr so leicht habe ablenken lassen "Ach das müsste ich ja auch nochmal spielen", oder "Was habe ich da für tolle Erinnerungen daran", usw. Danach ging es den Konsolen an den Kragen: Mit meiner absolut begrenzten Zeit geht es einfach nicht, dass ich 3 Konsolen zuhause stehen habe. Da kommt ständig irgendetwas raus, was man spielen möchte. Wenn man es aber nicht kann, weil man die Konsole nicht hat, ist das Verlangen auch erstmal weg oder zumindest nicht so groß. Nicht immer, weil es kommt in Schüben zurück. Aber es wird besser, von Zeit zu Zeit.
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>Jetzt steht also nur noch eine Konsole unter meinem viel zu großen Fernseher. Und für die kaufe ich die Spiele nur noch digital. Nichts ist belastender für mich als ein Spiel zu kaufen, es im Schrank stehen zu haben und es dann womöglich mal 3 Tage nicht zu spielen. Sofort verkaufe ich es, nur um es 2 Wochen später wieder zu kaufen. Also beschränke ich dies und kaufe es digital. Das kostet u.U. mehr, aber es belastet mich nicht.
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>Was auch noch wichtig ist, ist die Begrenzung der Informationsquellen. Und das fällt mir am schwersten. Ich ertappe mich, wie ich trotzdem quer lese. Mal hier, mal da. Und das führt dann wieder dazu, dass ich ja doch wieder über den Tellerrand blicke und sehe, was es auf den anderen Konsolen gibt und das automatisch wieder ein Verlangen triggert. Aber auch das wird besser.


Ich lese hauptsächlich das Maniac Forum. Ab und an noch gamefront oder resetera. Wenn man sich nur auf das Forum hier beschränkt bekommt man ja schon ganricht mehr alles mit ;) Dieses nachlesen von Infos fühlt sich an wie "unser täglich Brot gib uns heute"...

>Das ganze ist also kein einfacher Prozess. Aber es hat mir ungemein geholfen, mich auf die wirklich wichtigen Dinge einzulassen. Videospielen gehört explizit nicht mehr zu den wichtigsten Dingen in meinem Leben, das ist ganz allein das Real Life mit meinem Familie und unseren gemeinsamen Erlebnissen. Nichts anderes kann für mich wichtiger sein. Und genau das lebe ich in den letzten Monaten viel bewusster als früher. Ich habe auch das Gefühl, dass die Zeit nicht mehr so schnell an mir vorbei rennt, aber das ist ja sowieso irgendwie relativ.
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>Um einen Abschluss zu bekommen: Ich habe das Spielen zwischenzeitlich als Zeitverschwendung gesehen, und das war es auch. Mittlerweile sehe ich es wieder als das, was es sein soll: Eine Bereicherung meines Lebens, auf das ich aber auch verzichten könnte, wenn es sein muss. Grund dafür ist das Abwerfen von allem möglichen Ballast, wodurch ich mich auf die für mich wirklich wichtigen Dinge konzentrieren kann, weil ich vor allem mental viel mehr Zeit habe.


Ich finde es schön, dass du wieder Spaß bei der Sache empfindest. Weiter oben im Text dachte ich noch du schreibst gleich, dass du dem Gaming ganz abgeschworen hast, aber das wäre schon eine sehr harte Maßnahme imo. Ich höre auch eine gewisse Ablehnung aus dem Text heraus, was wiederum so etwas wie Selbstschutz sein könnte? Der Gedanke nicht mehr zu zocken löst in mir auch unbehagen aus muss ich gestehen. Ich werde in Zukunft sicher auch zu der zockenden Geriatriefraktion gehören, womit man hier ja schonmal gut aufgehoben ist ^^


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