Thema:
Re:Das Leben verspielt flat
Autor: Pezking
Datum:24.05.19 10:38
Antwort auf:Das Leben verspielt von Optimus Prime

Danke für Deinen ausführlichen Bericht, sehr interessant.

Auch wenn ich an mein Hobby anders herangehe als Du, will ich Deinen tollen Text nicht unbeantwortet lassen.

Ich war auch viele Jahre lang quasi Alleszocker und Alleskäufer. Dabei wurde ich aber in Bezug auf Zeit nie zum "Sklaven meiner eigenen Passion", sprich: Ich habe nur gespielt, wenn ich Lust darauf hatte. Und ich habe nie einen besonderen Ehrgeiz entwickelt. Keinerlei Drang zum Überwinden besonders schwieriger Hürden, und ich war nie ein "Completionist".

Die Spiele, die vorübergehend wirklich meinen Alltag bestimmt haben und bei denen ich im voraus ausgerechnet habe, wie viele Zockstunden ich wohl in den nächsten Tagen zusammenkriegen werde, kann ich an einer Hand abzählen: Final Fantasy VII, Final Fantasy Tactics, Final Fantasy IX, Metal Gear Solid V und Persona 5.

Bei den letzten beiden hatte ich jeweils gerade Urlaub und sturmfreie Bude. :-)

Trotzdem habe ich natürlich in den letzten 30 Jahren sehr viel Zeit mit Videospielen verbracht.

Als Zeitverschwendung sehe ich dies aber nicht an. Selbst wenn am Ende nie etwas Vorzeigbares dabei herauskam.

Rund um die Krebserkrankung meiner Frau vor 12 Jahren habe ich eine Phase durchlebt, in der ich nicht gezockt habe. Weil es mir keine Freude bereitet hat. Weil mir nichts Freude bereitet hat. Nichts konnte mich ablenken, nirgends fand ich Entspannung oder Zerstreuung.

Als wir die härteste Phase dieser Krise durchschritten hatten, war das eine Erleichterung. Und als ich mich endlich wieder auf die Couch setzen konnte und aufrichtig und ungetrübt mein Hobby genießen konnte - das fühlte sich an wie ein Triumph. Das entscheidende Zeichen, dass ich mich zurück in ein Leben gekämpft hatte, das mir wieder Freude bereiten konnte. Auch wenn sie noch so banal und unproduktiv ist.

Seitdem lebe ich viel stärker im Hier und Jetzt. Und wenn ich mich im Hier und Jetzt amüsiere, und sei es auch nur über komplett oberflächlichen und albernen Unfug, dann fühlt sich das sehr befriedigend an. Dann habe ich wieder einen Tag meines Lebens gewonnen. Und dann war das keine Zeitverschwendung.

Dass dabei nichts von Bestand und Dauer entsteht interessiert mich nicht. Durch das Platzen von Nachwuchsträumen hat sich dieser Blickwinkel nur noch weiter verstärkt. Im Hier und Jetzt spielt die Musik, und wenn ich da glücklich bin und Spaß am Leben habe, ist alles gut.


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